Rathaus in Aschersleben Rathaus in Aschersleben: Historischer Tresor im Keller
Aschersleben - „Ich habe einen Plan!“ „Mächtig gewaltig!“ Die Sätze kommen sofort aus den Erinnerungsschubladen im eigenen Kopf beim Anblick der mächtigen Tresortür im Keller des Ascherslebener Rathauses. Egon Olsen hat diese Sätze x-mal in den bekannten Filmen gesagt und gehört. Und hätte er gewusst, dass es in der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts solch ein monströses Ding mit einem gewölbeartigen Raum dahinter gibt, vielleicht hätte er auch hier einen Einbruch geplant.
Aber was klauen? Und hätte es sich für den alten Gauner überhaupt gelohnt? Die Lokalredaktion der Mitteldeutschen Zeitung versucht diese Fragen in ihrer Adventstürchenserie zu beantworten. Drei Zahlenkombinations-Drehknöpfe sollen die Tür öffnen und verschließen. Ein großes Drehrad muss zur Bewegung der Tür gezogen werden. Standesbeamtin Petra Witzel hat damit alle Hände voll zu tun und muss sich mächtig gegen die Tür stemmen, will sie diese überhaupt bewegen. Denn immerhin hat diese eine Tiefe von 47 Zentimetern! Fünf große Schließzylinder würden im Gegenstück einrasten, könnte der Tresor noch genutzt werden. Doch leider fehlen alle Zahlenkombinationen vom Tresor. Seit vielen Jahren schon. Im Jahr 1996 ist die Stadtverwaltung in das Rathaus eingezogen, da gab es sie schon nicht mehr. Ob die Kreisverwaltung, die davor ihren Sitz dort hatte, sie noch kannte, ist nirgends bekannt.
Was verbirgt sich dahinter?
So um das Jahr 1813 ist der Tresor produziert worden. Der Erbauer ist die Firma Garny aus Frankfurt. Johann Georg Garny gründete das Unternehmen in Frankfurt als erste deutsche Kassenschrankfabrik. In der Folgezeit entwickelt sich die Gesellschaft zu einem der größten Geldschrank- und Tresorhersteller in Deutschland. Und so lässt es sich nur spekulieren, dass es sich um den ehemaligen Tresorraum der Sparkasse handelt. Denn auch diese nutzte damals schon - wie auch heute noch - das Gebäude. Luftdicht und hermetisch müssen dort das Geld oder vielleicht auch die Goldbarren - die Autorin erinnert hier an den Plan von Egon Olsen - und natürlich wichtige Papiere gelagert worden sein.
Der Raum ist umschlossen von fast 1,50 Meter dicken Wänden. Kein Fenster verbirgt sich darin. Nur eine kleine Holztür. „Auch dafür haben wir leider keine Schlüssel. Was dahinter ist, wissen wir nicht“, zuckt die Standesbeamtin mit den Schultern. Neugierig wäre man aber schon... Doch des Rätsels Lösung hat nie wirklich jemand finden wollen. Auch die Tresortür sei nie von einem Fachmann untersucht worden, so dass vielleicht doch noch die Zahlenkombinationen ans Tageslicht gekommen wären. „Wir brauchen dort nichts fest einzuschließen. Es gibt im Rathaus ein ganz anderes Sicherheitssystem“, sagt Petra Witzel.
Trotzdem wird der Tresorraum genutzt. Alte standesamtliche Unterlagen, die bis in das Jahr 1874 zurück gehen, werden hier gelagert. Manche Akten, die in den schweren Panzerschränken liegen, haben sogar ein königliches Siegel oder eins der Kirche. So findet sich hier jeder wieder, der je in Aschersleben geheiratet oder seine Ehe auch wieder gelöst hat. Ob es darunter auch Prominente gibt? „Ganz bestimmt. Trotzdem fällt mir auf Anhieb gerade keiner ein“, gibt sie schmunzelnd zu. Dass diese Räume sehr alt sind, ist an den Decken zu erkennen. Diese erinnern an Kreuzgänge einer Kirche und sind zwischen vier und fünf Metern hoch.
Kein Tresor für Olsen
Historiker Frank Reisberg weiß, dass dieser Teil des Rathauses im Jahr 1517 erbaut wurde. Am 28. März 1835 beschlossen die Stadtverordneten das Statut für die Städtische Sparkasse. Die Anregung zur Gründung der Sparkasse kam vom Bürgermeister Gustav Adolf Douglas. Am 29. Juli 1935 nahm dann die Sparkasse im Obergeschoss des alten Rathauses ihren Geschäftsbetrieb auf. Die Einlagen betrugen am Ende diesen Geschäftsjahres 296 Taler. Ob diese dann im Tresorraum im Keller gesichert gelagert wurden, ist nirgendwo nachzulesen.
Auch der Rat des Kreises, der später in diesen Teil des Hauses einzog, muss den Tresor für die Sicherung von Unterlagen genutzt haben. Übrigens, Egon Olsen wäre an diesem Fabrikat wahrscheinlich gescheitert. Stand der doch eher auf Tresore der Firma Franz Jäger - Berlin. (mz)