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Musiker lassen 2 000 Kolibris flattern

Von SUSANNE THON 22.01.2010, 16:41

ASCHERSLEBEN/MZ. - Ein Fest, das die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie - als Solistinnen traten Doreen Richter und Christine Biewald auf - am Freitag mit den Mädchen und Jungen aus den Grundschulen in Aschersleben und Frose im Bestehornhaus gefeiert hat. Und während "ein Murmeltier sich die Ohren zugehalten hat", haben die Schüler ihre Lauscher ganz weit aufgesperrt und genau zugehört, wie Seine Majestät, der Löwe, in die Arena trat, sechs wilde Esel die Manege stürmten, sieben lachsfarbene japanische Schleierschwänze ihre Kreise im Aquarium schwammen, der Kuckuck aus dem höchsten Wipfel des Affenbrotbaumes rief und 2 000 Kolibris durch die Luft flatterten... Camille Saint-Saëns' "Karneval der Tiere" kennen die Kinder aus dem Unterricht. Doch das 1886 komponierte Werk jetzt einmal live auf der Bühne zu erleben, dargeboten vom Orchester aus Schönebeck, war für sie eine ganz neue Erfahrung.

Wenngleich nicht so neu, denn die Zusammenarbeit zwischen dem Ensemble und den Schulen hat schon Tradition. "Wir haben ganz klein angefangen", erinnert sich Simone Brandt, Leiterin der Grundschule Pfeilergraben, an die ersten Schülerkonzerte mit "gerade mal" etwas über 100 Besuchern. Jetzt, nach drei Jahren sind es drei Mal so viel und das Interesse ist ungebremst. Für das nächste Konzert im März gebe es schon 400 Anmeldungen, kann sie dem Chefdirigenten Christian Simonis berichten, der die stets erfolgreiche Durchführung der Veranstaltungen - zwei sind es pro Jahr - ihrem Engagement zuschreibt. "Kinder sind unvoreingenommen", sagt der Generalmusikdirektor, der dem Bereich Jugend- und Schülerkonzerte schon 30 Jahre lang eine große Bedeutung zumisst und mit seiner sympathischen Art seither vielen Schülern Zugang zur klassischen Musik verschafft hat. "Man weiß nie, was in den Kinderherzen hängen bleibt", kennt er sowohl einige, die in unmittelbarer Folge beschließen, ein Instrument zu erlenen, als auch andere, die das Konzerterlebnis aus Kindertagen erst nach 20 Jahren hoch achten. "Man muss die Schüler heranführen", spricht Simone Brandt aus Erfahrung. "Sie sollen die Komponisten nicht lieben, aber wertschätzen lernen. Und da gibt es immer welche, die sich mehr begeistern als andere", so die Lehrerin.

Generell sei das Schülerkonzert eine willkommene Abwechslung zum Unterricht. Die Kinder hören Simonis, der ihnen ganz nebenbei erklärt, wie sich das Orchester zusammensetzt und welche Rolle jedes Instrument spielt, gern zu, weiß die Grundschulleiterin, "das ist mal was anderes als die Lehrerstimme". Und nicht die einzige, die sich am Freitag Gehör verschafft hat. So spickte Ingo Hetsch die Aufführung des Werkes mit Loriots Erzählungen zum "Karneval der Tiere". Eine fantastische Idee, fand Lehrerin Christiane Richter aus Frose die Aufführung dadurch noch ansprechender. So empfanden das auch ihre Schüler. Das Wissen zum Stück noch verinnerlicht, fiel es ihnen nicht schwer, die die einzelnen Tiere charakterisierenden Melodien zuzuordnen und Säugetieren, Fischen, Vögeln und Insekten ihre jeweiligen Eigenschaften zuzuschreiben, hat sie ihre Schützlinge während des Konzerts beobachtet. "Man merkt genau, welche Kinder gut vorbereitet sind", sagt Brandt. Und noch etwas ist ihr aufgefallen: "Klassen, die oft Konzerte besuchen, sieht man das an", sie setzen sich anders hin, nehmen das Ganze anders auf, lasse sich im Laufe der Jahre durchaus eine Weiterentwicklung beobachten. Besonders erfreut habe es sie und Simonis, dass neben den Grundschülern aus Frose und Kindern aus der Christlichen Grundschule, der Freien Montessori Schule, der Luisenschule und natürlich denen aus der Grundschule Pfeilergraben auch die Schüler der Kastanienschule, einer Förderschule für geistig Behinderte, gekommen waren. "Sie haben ein ganz anders Gefühl für Musik", so der Dirigent. Und da Musik verbinde, "ist das eine ganz natürliche Form der Integration".