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Mörderische Schwester mit Enkelkatze

Von Regine Lotzmann 30.05.2008, 16:55

Aschersleben/MZ. - Die Stimmeklingt verrucht und in den abgrundtiefen Augen scheint sich einGeheimnis zu verstecken. Eine der mörderischen Schwestern eben,die ihr Leben einst hier im Vorharz begann und sich nun mit ihren - einst zwölf - Mitschwestern an jedem 13. des Monats trifft. „Wir reden über unsere Vorhaben, wo wir welche Lesungen halten, wer Hörbücher macht", zählt Regine Röder-Ensikat den Inhalt dieser Treffen auf. Denn die gebürtige Ascherslebenerin, die ihren Lebensmittelpunkt in Berlin gefunden hat, schreibt gruselige Krimis. Und dabei führt sie ein Leben, das selbst genügend Stoff für spannende Geschichten gibt:

Geboren wurde die Schriftstellerin und Malerin, Kabarettleiterin und Illustratorin 1942 in Aschersleben, wo sie in der Badergasse aufwuchs. Erst als die jüngste von vier Schwestern von der Luisenschule auf die Erweiterte Oberschule - das heutige Stephaneum - wechselte, zog sie auf den Markt.

Als dann der Vater, der Studienrat Karl Röder, starb und die Mutter die alte Wohnung aufgab, ging die frischgebackene Abiturientin nach Berlin. "An die Fachschule für angewandte Kunst, wo ich das Studium der Werbeökonomie aufnahm, an die Schule, wo schon Klaus Ehrlich, der Freund aus Kindertagen, studierte", erzählt Regine Röder-Ensikat, die mit dem ebenfalls aus Aschersleben stammenden Regisseur und Moderator seit ihrer Jugend eng befreundet ist.

Nach ihrem Abschluss als Werbedesignerin heiratete die junge Frau den Grafiker und Kinderbuchillustrator Klaus Ensikat, den Bruder des bekannten Kabarettisten Peter Ensikat. Von nun an war die Wahlberlinerin - inzwischen zweifache Mutter - freiberuflich als Werbetexterin und Ausstellungsgestalterin tätig, begann zu malen und zu illustrieren. Genau wie ihr Mann arbeitete Regine Röder-Ensikat nun als Illustratorin - im Kinderbuchverlag der DDR, beim Verlag Neues Leben, bei Frösi und Bummi, den Kinderzeitschriften der DDR. Sie gab vor allem Kleinkinder- und Kinderbüchern ein Gesicht, illustrierte "Die dicke Tilla", "Das Fräulein Weißmann saß im Garten" oder "Die Geschichte vom Maler", brachte Bilder für Grimm- und Andersen-Märchen aufs Papier. Gemeinsam mit ihrem wortgewandten Schwager gestaltete sie das Buch "Meine Katze heißt Herr Schmidt" - die Worte stammen natürlich von Peter Ensikat, die Bilder dagegen von ihr.

Denn Katzen sind immer wieder das bevorzugte Motiv ihrer zahlreichen Ölbilder, die sie selbst als naive Malerei hinstellt. "Meine Ausstellungen nannte ich immer ,Katzen und Anderes'", meint die katzenvernarrte Malerin schmunzelnd. Denn von Samtpfoten war sie stets umgeben.

"Bis jetzt", bedauert die 66-Jährige, die jetzt nämlich in einem Hochhaus lebt. Im 14. Stock. Zu gefährlich für die Stubentiger. "Dafür hat meine Tochter eine Katze, um die ich mich auch kümmere - das ist jetzt meine ,Enkelkatze'", lacht die Malerin, die es irgendwie versteht, die geheimnisvolle Seele dieser Tiere einzufangen, das Menschliche in ihr zu sehen.

Die Malerei - ihre Ausstellungen reichen von Aschersleben bis Tokio - fing sie auch auf, als sich nach der Wende als Illustrator keine Arbeit mehr fand. "Die Verlage lösten sich auf, der Markt brach weg und ich wollte auch zu neuen Ufern aufbrechen: schreiben, malen, kreativ mit Kindern arbeiten", fasst sie diese turbulente Zeit kurz und knapp zusammen. In Hamburg gestaltet sie eine komplette Seniorenresidenz mit ihren Bildern aus, ein Berliner Kreativzirkel für Kinder entwickelt sich zum Kinder- und Jugendkabarett. Das "Distelchen", dessen Leitung sie 15 Jahre innehat. "Erst im vergangenen Jahr habe ich damit aufgehört", meint die vielseitige Künstlerin, die sich auch dem Schreiben widmet.

"Vor Witwen wird gewarnt" heißt der Titel ihrer Kriminalgeschichten, die 1999 im Verlag "Neues Leben" erschienen sind. Seit 2000 ist die Autorin deshalb Mitglied der "Sisters in Crime" - einer Gemeinschaft von Kriminalautorinnen, die in Berlin zu den "Mörderischen Schwestern" wurde. Kein Wunder, dass die ehemalige Ascherslebenerin da vom hiesigen Kriminalpanoptikum förmlich angezogen wird. "Da würde ich gern mal lesen", gesteht die Autorin, die auch die sieben Leben ihrer Katzenbilder in ihrer Heimatstadt zeigen will.

"Bisher habe ich ja schon einmal im Grauen Hof ausgestellt, in einer Gemeinschaftsaktion", erzählt die Malerin und hofft auf eine neue Chance. Denn nach Aschersleben, wo sie einst das Schreiben und Schwimmen, das Skifahren und das Tanzen lernte, kommt sie immer gern zurück. Zum Grab ihres Vaters. Und nach einem großen Klassentreffen vor einigen Jahren auch zu ihren Klassenkameraden, mit denen sie sich immer noch eng verbunden fühlt.