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Mitteldeutschen Baumschule Mitteldeutschen Baumschule: Ausbildung fern der Heimat

Von marion pocklitz 21.08.2015, 17:01
Markus Lohmann (l.) bringt künftig Oscar López Alparo (v.) aus Spanien alles über Bäume bei. Claudia Eckert Meisters hat dazu vermittelt.
Markus Lohmann (l.) bringt künftig Oscar López Alparo (v.) aus Spanien alles über Bäume bei. Claudia Eckert Meisters hat dazu vermittelt. Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Oscar López Alparo ist seit gestern wieder in seiner Heimatstadt Barcelona in Spanien. Aber nur für kurze Zeit. Denn der 26-Jährige muss Abschied nehmen - von seiner Familie und seinen Freunden. Und dann wird er die Heimat verlassen. Vielleicht für immer. Denn am 1. September fängt er eine Ausbildung als Gärtner mit Fachrichtung Baumschule in der Mitteldeutschen Baumschule in Reinstedt an.

Den Vertrag für die dreijährige Ausbildung hat er in der vergangenen Woche noch im VHS-Bildungswerk in Aschersleben unterschrieben. Die Bildungseinrichtung hat sich dem Projekt „MobiPro-EU - The Job of my Life“ gewidmet. Das wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der beruflichen Mobilität von jungen EU-Bürgern auf dem europäischen Arbeitsmarkt gefördert. Ziel ist es, die Jugendarbeitslosigkeit in Europa abzubauen.

Das VHS-Bildungswerk hat sich für junge Leute aus Spanien entschieden. Dort gibt es eine Jugendarbeitslosigkeit von 50 Prozent. Und so sind 18 Männer und Frauen zu der Bildungseinrichtung in Aschersleben gekommen. Zuvor wurde ein Deutsch-Intensiv-Kurs von vier Monaten in ihrer Heimat absolviert - eine Bedingung, um in dieses Projekt überhaupt hineinzu- kommen. 14 von diesen jungen Leuten werden wie Oscar am 1. September in Ausbildung gehen. „Vier kehren wieder heim. Das Heimweh und auch die Sprachbarrieren waren zu groß“, sagt Claudia Eckert-Meisters, Geschäftsführerin des Bildungsträgers.

"Wir werden sie die komplette Zeit ihrer Ausbildung begleiten"

Mit der Vermittlung der 14 Spanier ist die Arbeit des Bildungsträgers nicht abgeschlossen. „Wir werden sie die komplette Zeit ihrer Ausbildung begleiten. Dafür gibt es in unserer Firma einen sogenannten Kümmerer. Er kümmert sich um alle Belange. Sogar um Liebeskummer und Heimweh“, sagt sie und zählt auf: Wohnung, Krankenversicherung, Banken- oder Behördengänge sowie Arztbesuche. „Eben alles Dinge, um die es sich zu kümmern gibt. Das wird gerade am Anfang eine Menge Arbeit sein“, weiß sie. Auch einen Deutschkurs wird man wieder anbieten, um die Sprachbarrieren weiter abzubauen.

Oscar hat den ersten Deutschkurs in der Heimat und auch während seines sechswöchigen Praktikums in der Baumschule genutzt, so dass er sich schon gut auf Deutsch unterhalten kann. „Es ist schwer, aber es geht“, meint er.

Seine Entscheidung nach Deutschland zu kommen, sei nicht einfach gewesen. Aber er habe jahrelang gejobbt, auch in der Landwirtschaft, aber eine richtige Ausbildung war nicht möglich. „Diese kosten bei uns auch viel Geld“, erzählt er. Und das sei nicht da gewesen. Deshalb habe er die Chance ergriffen und ist nach Deutschland gekommen. Den Beruf des Gärtners könne er sich für sich sehr gut vorstellen. „Ich mag die Natur, ihre Bäume und Blumen. Ich möchte alles über deren Vermehrung und Krankheiten kennenlernen“, gibt der Spanier gern zu. Die sechs Wochen Praktikum hätten bereits viel Spaß gemacht.

Auch Markus Lohmann, Leiter der Mitteldeutschen Baumschulen, kann seine Freude über den unterschriebenen Vertrag nicht verbergen. „Es ist sehr schwer, in unserem Bereich geeignete Auszubildende zu finden. Es kommen so gut wie keine Bewerbungen an, und das schon seit Jahren“, bedauert er. So habe er sich gern als Netzwerkspartner des Bildungswerkes für dieses Projekt zur Verfügung gestellt. „Es bringt auch für unsere Firma Vorteile. Zum Beispiel, wenn man Geschäftsbeziehungen mit Spanien aufbauen möchte. Dann kommt uns ein Mitarbeiter mit Spanischkenntnissen natürlich entgegen“, blickt er weit in die Zukunft. Denn dass Oscar auch nach der Ausbildungszeit dort einen Arbeitsplatz bekommen könnte, hält der Leiter der Baumschule nicht für ausgeschlossen. „Das werden die Leistungen und Interessen zeigen. Aber ich denke, das wird klappen“, sagt er. Denn immerhin sind diese Jugendlichen nicht nur älter und erfahrener, sondern sie verlassen nur um einen Job zu bekommen sogar ihre Heimat. „Da steckt ein starker Willen dahinter. Diesen habe ich bereits in den sechs Wochen Praktikum gesehen“, verrät er.

Bisher hat Oscar in einer Firmenwohnung der Baumschule gewohnt. Wenn er wieder zurück- kommt, dann wird er wahrscheinlich in eine Wohngemeinschaft mit einem anderen Spanier ziehen. „Der Wunsch, mit einem Landsmann zusammenzuziehen, besteht bei allen. Dieser Zusammenhalt ist gerade im ersten Jahr sehr wichtig für die Jugendlichen. Sie stützen sich gegenseitig. Das ist noch ein bisschen Heimat“, sagt Claudia Eckert-Meisters. (mz)