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Kirche Kirche: Des Engels Lächeln im Buchformat

Von REGINE LOTZMANN 05.04.2010, 15:13

NACHTERSTEDT/MZ. - Sein Lächeln ist fast schon sagenhaft, und die Herzen seiner Gemeinde eroberte er wie im Flug: der hölzerne Engel, der nun seit genau einem Jahr über dem Taufbecken der Nachterstedter St.-Nicolai-Kirche schwebt. Mit einem Festgottesdienst und einer Taufe wurde das auf einem Dachboden entdeckte und ausgiebig sanierte Kunstwerk dort zum vergangenen Osterfest begrüßt.

"Und nun ist er auch noch in einem Buch verewigt", freut sich Renate Hampe, die Vorsitzende des Nachterstedter Gemeindekirchenrates, darüber, dass der Taufengel Eingang in das wunderschön gestaltete Werk "Taufengel in Mitteldeutschland - Geflügelte Taufengel zwischen Salzwedel und Suhl" gefunden hat. Herausgegeben von Bettina Seyderhelm im Auftrag der Kirchlichen Stiftung Kunst- und Kulturgut in der Kirchenprovinz Sachsen.

"Die Engel von Nachterstedt und Schadeleben sind in dem Buch aufgeführt", ist auch der zuständige Pfarrer Holger Holtz über die reichliche Vertretung seiner Pfarrgemeinden glücklich. Schiebt aber gleich relativierend hinterher: "Und alle Taufengel aus der ehemaligen Kirchenprovinz Sachsen - nach Kirchenkreisen aufgeschlüsselt. In unserem Kirchenkreis Egeln sind es zwölf."

Nichtsdestotrotz spricht auch die Autorin von "mitunter überraschenden regionalen Besonderheiten". Ob auch der Schadelebener Engel eine dieser Besonderheiten ist? Für die Mitglieder der evangelischen Gemeinde "St. Annen", die von ihrem farbenfrohen und goldschimmernden Engel zu Recht ganz hingerissen sind, ganz bestimmt. Aber auch Bettina Seyderhelm bezeichnet die Arbeit, die nach ihrer Ansicht aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammt, als das Werk eines guten Bildhauers. Detailreich und begeistert beschreibt sie das farbige Gewand und die goldenen Locken des 2003 durch Spenden und Eigenmittel der kirchlichen Gemeinde restaurierten Taufengels, der nun wieder in St. Annen schwebt.

Ausführlich beschrieben wird auch der schlichtere, aber ebenfalls fein gearbeitete Holzengel aus dem benachbarten Nachterstedt (Stadt Seeland), der nach Meinung von Bettina Seyderhelm aus dem 17. Jahrhundert stammt. Hier macht die akribisch arbeitende Autorin Ähnlichkeiten in der Kleidung und beim Haar mit dem Meisdorfer Taufengel fest und fügt die im vergangenen Jahr restaurierte Bildhauerarbeit ein in einen ganzen Reigen an Kirchen-Kunst.

Für Renate Hampe Grund zur Freude. "Das hätte sich der Engel wohl nie träumen lassen, dass er einmal so verewigt wird", schmunzelt die Nachterstedterin mit Blick auf dessen einstmaligen Zustand. Denn entdeckt wurde das noch aus der alten Kirche stammende Kunstwerk auf einem Dachboden, eingewickelt in alten Decken. Arm und Fuß fehlten, zudem gab es Risse im nachgedunkelten Holz. Doch über die Aktion "Paten für Engel" der Kirchlichen Stiftung Kunst- und Kulturgut der Kirchenprovinz Sachsen und durch die Nachterstedter Gemeinde, die über den Verkauf von Puzzleteilen die fehlenden Finanzen aufbrachte, konnte der Taufengel gerettet werden.

"Da haben ganz viele einen Anteil dran, allein hätten wir das nie geschafft", weiß Renate Hampe und erzählt von einer Schulklasse, die erst kürzlich in der Kirche war und wo die Kinder voller Stolz meinten, da hätten sie auch Geld für gegeben. Und so gibt der Engel, der zu Pfingsten in St. Nicolai die nächste Taufe beschirmen soll, nun wieder sein fast schon sagenhaftes Lächeln preis - für jetzt und kommende Generationen.

Das Buch ist im Verlag Schnell und Steiner, Regensburg, erschienen unter ISBN: 978-3-7954-2292-9.