1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Inflation verteuert «Bettelgroschen»

Inflation verteuert «Bettelgroschen»

Von Kerstin Beier 10.12.2006, 18:14

Pansfelde/MZ. - Angetan mit Zylinder, Gehrock und weißem Stehkragen hätten die beiden schmalen jungen Herren geradewegs einer Geschichte von Charles Dickens entsprungen sein können. Auf einer Bank im Außenhof der Burg standen sie, mit frechen Sprüchen stimmten sie die Marktbesucher auf das bevorstehende Märchen ein und ermunterten zum Bleiben. Und so machte "Max Gaudio" aus Berlin - so der Name des Mimenduos - dem Titel alle Ehre und trieb seine Späßchen mit dem Publikum, das später als Geräuschemacher, Mitspieler und Requisiten eine gewichtige Aufgabe zu erfüllen hatte. Einer der beiden Herren entledigte sich schließlich seines Zylinders und entpuppte sich als König von Falkenstein, der sein Volk zwar liebte, es aus Einsamkeitsgründen jedoch verließ und die Prinzessin Trulla im Nachbarland freien wollte. Trulla, die in Wahrheit Doreen Jackstell heißt und aus dem Publikum kam, ließ sich nicht lange bitten und spielte die ihr angetragene Rolle hervorragend. Doch vor der Hochzeit steht das Bemühen, und so musste ihr der König zunächst den goldenen Kelch holen, und der Weg dorthin erinnerte stark an den Weg der Goldmarie zur Frau Holle. Männer und Frauen aus dem Publikum spielten den Apfelbaum, den Ofen und die Zauberfee - mit Witz und Spielfreude trieb das Duo die Handlung voran und erntete manchen Lacher.

Derweil tummelten sich auf dem Burggelände allerlei Händler und Handwerker, der Innenhof präsentierte sich festlich geschmückt mit Kerzen und Tannengrün, ein prasselndes Feuer lud zum Verweilen und Aufwärmen ein. Der Einladung der Märchenerzählerin Paula Herold, der Geschichte von Hänsel und Gretel zu lauschen, folgten nicht nur die Kinder, und Spielleute ließen von Zeit zu Zeit festliche Töne erklingen. In der Schwarzen Küche köchelte mit Hexensuppe und Krustenbraten eine deftige Mahlzeit, und im Königszimmer hatte sich Gewandmeisterin Anja Becker-Geipel von der Burg Querfurt mit ihrer Näharbeit niedergelassen. Die Besucher durften ihr beim Herstellen einer aufwändigen Biedermeierkorsage auf die Finger schauen. Besucherin Ilka Ceglarek aus Hettstedt zeigte sich großzügig und schenkte einem als Ritter verkleideten Jungen am Burgtor einen "Bettelgroschen", der ein Euro war. "Na ja, die Inflation", lachte sie und erklärte, dass sie oft zum Weihnachtsmarkt auf die Burg komme, "weil es hier immer sehr schön und nicht so überlaufen ist".