1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Graffiti-Projekt: Graffiti-Projekt: Berufsschüler greifen zur Sprühflasche

Graffiti-Projekt Graffiti-Projekt: Berufsschüler greifen zur Sprühflasche

Von Harald Vopel 11.10.2013, 16:42
16 Sprüher an einer Wand - allein das fordert von jedem ein Maß an Toleranz und Akzeptanz des anderen.
16 Sprüher an einer Wand - allein das fordert von jedem ein Maß an Toleranz und Akzeptanz des anderen. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben/MZ - Grober Unfug oder Kunst? Die Frage ist nicht neu, wenn es um Graffiti geht. Schüler der Berufsbildenden Schulen Aschersleben-Staßfurt „Wema“ haben sie für sich zugunsten der Kunst beantwortet. Am Freitag stellten sie ihr Projekt „Tolerant in der Berufsausbildung“ der Öffentlichkeit vor. Entstanden ist ein gesprühtes Bild, das auf einer rund 20 Meter langen und drei Meter hohen Mauer auf dem Schulgelände an der Magdeburger Straße in Aschersleben zu sehen ist.

Eine Woche lang haben sich 16 Schüler der Ausbildungsbereiche Soziales und Metall unter der Leitung des Kunststudenten Viktor Sobek von der Burg Giebichenstein in Halle Gedanken gemacht und diese in die Tat umgesetzt. Die wenigsten von ihnen hatten sich schon einmal mit Graffiti beschäftigt. Bevor sie zur Sprühflasche greifen konnten, war aber erst einmal Theorie angesagt. So gingen die Projektteilnehmer der Frage nach dem geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund des Hip-Hops und des Graffitis auf den Grund.

„Dabei wurden Grundlagen dieser mittlerweile gut 30 Jahre alten Subkultur vermittelt, die sich in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den USA formierte, um junge Menschen dazu anzuhalten, Konflikte im künstlerischen Wettstreit zu lösen und nicht durch Gewalt“, erklärt Mario Lange, der an den Berufsbildenden Schulen für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Schon das Thema hatte Luisa Walter aus Klostermannsfeld, Annika Gauger aus Reinstedt und Franziska Maaß aus Aschersleben zum Mitmachen inspiriert. Aber auch die Tatsache, zu lernen, wie man Graffiti unter künstlerischem Aspekt im späteren Beruf um- und einsetzen kann, findet die Reinstedterin spannend. Sie holt sich gerade in einer zweijährigen Ausbildung zum Sozialassistenten das Rüstzeug für ihren späteren Wunschberuf als Erzieher.

Für die Umsetzung des Themas mussten schließlich Entwürfe angefertigt und Schablonen geschnitten werden. Als alle zum ersten Mal vor der zu gestaltenden Wand standen, durften sie sogar mal so richtig ausrasten. „Das war cool“, sagt Annika, „als alle wild drauflos gesprüht haben.“ Da war bei dem einen oder anderen Lehrer, der das Treiben eher kopfschüttelnd beobachtete, tatsächlich Toleranz statt Unverständnis gefragt. Doch sie konnten sich wohl nicht vorstellen, was aus dem anfänglichen Chaos werden würde.

Drausgeworden ist ein großes „kleines Kunstwerk“, das symbolhaft Toleranz zwischen den Menschen und ihrer Unterschiedlichkeit einfordert, das sich als Teil der Gestaltung des Schulumfeldes etabliert und das Identifikation der Berufsschüler mit der Bildungseinrichtung herstellt.

Projektleiter Viktor Sobeck sieht nicht unbedingt den unübersehbaren Schriftzug „Practice Tolerance“ - sei tolerant - in den Focus der Arbeit. Für ihn ist bereits der tolerante Umgang der Teilnehmer während der Arbeit an diesem Projekt von großer Bedeutung. „Der tolerante Umgang beim Malen ist das wirklich Wichtige“, sagt der Kunststudent.

Und weiter: „Es gab viele Situationen, in denen die Schüler miteinander Entscheidungen treffen mussten. Graffiti bietet sich hier an, weil es eine Art Meinungsäußerung im öffentlichen Raum ist.“ Gut gemacht, wie im konkreten Fall - ist es eben einfach mehr Kunst als grober Unfug.

Entwürfe wurden zunächst auf Papier - auch auf Notenblättern - getestet.
Entwürfe wurden zunächst auf Papier - auch auf Notenblättern - getestet.
Frank Gehrmann Lizenz