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Giersleben strebt mehrere Disziplinarverfahren an

Von DETLEF VALTINK 14.05.2009, 16:20

GIERSLEBEN/MZ. - Das wurde in der Gierslebener Gemeinderatssitzung am Mittwochabend mehr als deutlich. Über Stunden lieferten sich die Gemeinderatsmitglieder, die Spitze der VWG-Verwaltung und die Leiterin der Kommunalaufsicht des Salzlandkreises, Sabine von dem Bussche, einen verbalen Schlagabtausch. Dieser endete darin, dass der Gemeinderat einstimmig beschlossen hat, über einen Rechtsanwalt Disziplinarverfahren gegen den VWG-Leiter, Hans-Rüdiger Kosche, und seine Stellvertreterin Heike Ursel-Weishaupt einzuleiten und prüfen zu lassen, ob weitere rechtliche Schritte in Frage kommen. Um auch finanziell den Beschluss abzusichern, stimmte der Rat einer Erhöhung der Ausgaben für Sachverständigen-, Gerichts- und ähnlichen Kosten auf jetzt insgesamt 12 000 Euro zu.

Streitpunkt ist und bleibt die Auffassung des Gemeinderates, dass die VWG ihre Aufgaben nicht erfülle, der Rat in Detailfragen wissentlich in die Irre geführt werde und dadurch der Gemeinde nicht unerhebliche finanzielle Schäden entstünden. Inwieweit das Vertrauen gegenüber den Verwaltungen zerstört ist, wurde daran deutlich, dass die Gierslebener sich nicht davon abbringen ließen, den Beschluss über rechtliche Konsequenzen, trotz mahnender Hinweise der Kommunalaufsicht, im öffentlichen Teil der Ratssitzung abzuhandeln. Bezugnehmend auf die Gemeindeordnung hatte Sabine von dem Bussche den Rat aufgefordert, zur Wahrung individueller Interessen eines Einzelnen den Tagesordnungspunkt nicht öffentlich zu behandeln und gewarnt, dass auch der Gemeinderat an Gesetze gebunden sei. "Wir sind nicht gewillt, den Tagesordnungspunkt abzusetzen", wies Bürgermeister Benno Rietsch nach einem Beschluss und einer internen Beratung mit den Ratsmitgliedern die Aufforderung zurück.

Dreh- und Angelpunkt der monatelangen Auseinandersetzungen ist die auf mittlerweile rund 100 Punkte angewachsene "Mängelliste" - einem, aus Sicht der Gierslebener, Sammelsurium unerledigter Aufgaben, Zuarbeiten und Vorschlägen sowie fehlender Unterlagen oder Stellungnahmen durch die VWG (die MZ berichtete). Nach Beschwerden und Eingaben muss mittlerweile der VWG-Leiter Hans-Rüdiger Kosche alle 14 Tage gegenüber der Kommunalaufsicht erklären, welche dieser Punkte abgearbeitet sind. Aber auch die Kommunalaufsicht wird von der Kritik der Gierslebener nicht ausgespart. "Auch von Ihnen kriegen wir monatelang keine Antworten", warf Ratsmitglieder Peter Rietsch (Freie Bürger Giersleben - Wählergemeinschaft) der Amtsleiterin vor. "Wir beantworten selbstverständlich sachlich und fundiert alle Fragen. Aber wir sind nicht nur für Giersleben zuständig", konterte Sabine von dem Bussche.

"Wir als Ehrenamtliche wollen etwas erreichen und sind entsetzt und entrüstet, wie die Themen einfach nicht abgearbeitet werden", unterstrich Peter Rietsch die Position des Gemeinderates. Und es sei ja wohl die Aufgabe der Kommunalaufsicht, die Gemeinde vor Schaden zu bewahren, meint der Bürgermeister. Um Bewegung in der Sache zu bekommen, signalisierte Sabine von dem Bussche Bereitschaft, dass sie, gemeinsam mit dem Bürgermeister, seinem Stellvertreter und einem weiteren Gemeinderatsmitglied sowie der VWG-Verwaltungsspitze sich zwei Tage Zeit nehmen will, um die "Mängelliste" Punkt für Punkt durchzuarbeiten. "Das sollte dazu beitragen, Lösungen zu finden. Und das sollten wir uns zumuten", meint die Amtsleiterin. Doch für den Bürgermeister gibt es im Moment keine Handhabe, dass sich an der Situation etwas ändern werde. Er fragte: "Welche Möglichkeiten hat der Gemeinderat, gegen diese Arbeitsweise vorzugehen?" Aus Sicht der Kommunalaufsicht kann die Gemeinde, wenn sie der Meinung ist, dass ein materieller Schaden entstanden ist, Klage erheben. "Es gibt aber kein Schmerzensgeld", erklärte Sabine von dem Bussche. Und weiter: "Wir wollen dazu beitragen, auf ein vernünftiges Level zu kommen. Dazu brauche ich aber beide Seiten."

Grundsätzlich wäre Peter Rietsch dazu bereit, aber nur, wenn der Landrat an diesen Gesprächen, zumindest stundenweise, teilnimmt. "Er soll sehen, was an der Basis läuft und wie das Ehrenamt mit Füßen getreten wird." Und der Bürgermeister will den Landrat zu einer Ratssitzung einladen: "Dann kann er sehen, dass es kein Zwist Einzelner ist, sondern der Frust des Rates."