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Neue Bestattungsform Gibt es grünes Licht für Reerdigungen auf dem Ascherslebener Friedhof?

Ascherslebens Oberbürgermeister Steffen Amme und Bauhofchef André Könnecke werben bei Politikern in Magdeburg für alternative Bestattungsform.

Von Kerstin Beier 21.09.2023, 08:15
Auf der Nordseite des Friedhofs sollen in Zukunft Reerdigungen möglich sein. Noch fehlt jedoch die Bestätigung vom Gesetzgeber.
Auf der Nordseite des Friedhofs sollen in Zukunft Reerdigungen möglich sein. Noch fehlt jedoch die Bestätigung vom Gesetzgeber. (Foto: Frank Gehrmann)

Aschersleben/MZ - Wird die Reerdigung als alternative Bestattungsform in Sachsen-Anhalt und speziell in Aschersleben zugelassen oder nicht? Entschieden ist noch nichts, aber: „Wir sind und bleiben zuversichtlich“, sagte Oberbürgermeister Steffen Amme nach einer Anhörung im Magdeburger Landtag.

Seit geraumer Zeit bemüht sich die Stadt um die Möglichkeit, die Reerdigung auf dem Ascherslebener Friedhof anzubieten. Dabei wird der tote Körper in einer Art Kokon innerhalb von 40 Tagen mit Hilfe von Mikroorganismen zersetzt. Die so entstehende Erde wird anschließend auf dem Friedhof beigesetzt.

Viel Zustimmung in der Öffentlichkeit

Bei Informationsveranstaltungen und Podiumsdiskussionen sowie beim Tag der offenen Tür zum Jahresanfang ist die Bestattungsform in Aschersleben vorgestellt worden und hat viel Zustimmung erfahren.

Das allein reicht aber nicht. Voraussetzung ist eine Aufnahme im Bestattungsgesetz, das in Sachsen-Anhalt gerade überarbeitet wird. Der OB ist gemeinsam mit André Könnecke nach Magdeburg gereist, um den Politikern die Argumente pro Reerdigung vorzutragen. Als Betriebsleiter des Bauhofes ist Könnecke zuständig für die Friedhöfe in Aschersleben, in Magdeburg war er aber auch als Geschäftsführer des Verbandes der Friedhofsverwalter. „So eine Anhörung war für mich Neuland, aber es ist gut, dass wir unser Anliegen vortragen konnten“, sagte Amme.

Wir sind und bleiben zuversichtlich.

Steffen Amme, Oberbürgermeister Aschersleben

Auch für André Könnecke war die Anhörung eine Premiere. „Es war eine sachliche Debatte und ich hatte den Eindruck, sie machen es sich nicht leicht“, sagt er über die Politiker verschiedener Couleur. Aus Sicht des Verbandes sei eine dritte Bestattungsform als Alternative gut für die Friedhöfe, die es als kulturelles Spiegelbild der Gesellschaft zu erhalten gelte. Denn die Urne eröffne viele Möglichkeiten, „am Friedhof vorbei zu bestatten“, zum Beispiel als Seebestattung oder in einem Friedwald. „Gebühren können aber nur dann bezahlbar bleiben, wenn der Friedhof auch genutzt wird“, so Könnecke.

Elf Menschen bereits reerdigt

Elfmal ist ein Mensch bisher deutschlandweit reerdigt worden, und zwar auf evangelischen Friedhöfen in Schleswig-Holstein. Auch in dem nördlichen Bundesland wird das Bestattungsgesetz gerade überarbeitet, und Könnecke geht davon aus, dass die Reerdigung dort Eingang findet. Vielleicht, so Könnecke, sei das ein Argument dafür auch in Sachsen-Anhalt.

Naturgemäß gibt es nicht nur Zustimmung, sondern auch kritische Stimmen. Einige Politiker regen eine Pilotphase unter behördlicher Begleitung oder eine Ausnahmeklausel an. André Könnecke könnte sich das als Kompromiss durchaus vorstellen. Friedhöfe, so argumentiert er, unterliegen einem gesellschaftlichen Wandel. Und da wäre es gut, wenn ein Gesetz flexibel darauf reagieren könnte, ohne jedes Mal den gesamten Gesetzgebungsprozess zu durchlaufen.

Manchem fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse zur Reerdigung. Wie Könnecke sagt, ist eine wissenschaftliche Untersuchung dazu an der Universität Leipzig abgeschlossen worden. Nachdem die Ergebnisse in Fachkreisen veröffentlicht wurden, stehen sie allgemein zur Verfügung und werden die Entscheidung erleichtern. „Alle Argumente liegen jetzt auf dem Tisch. Ich hoffe, dass weise entschieden wird“, sagt Könnecke und denkt: „Die Vernunft wird sich durchsetzen. Und wir sollten darauf hören, was die Menschen möchten.“