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Bürgerverein "Zukunft für den Halken" in Aschersleben Bürgerverein "Zukunft für den Halken" in Aschersleben: Ein Stück Altstadt bewahren

Von Kerstin Beier 28.05.2015, 13:09
Bernd Malcherek im Kleinen Halken 4. Das Häuschen wirkt äußerlich wie eine Insel der Glückseligkeit.
Bernd Malcherek im Kleinen Halken 4. Das Häuschen wirkt äußerlich wie eine Insel der Glückseligkeit. Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Sie sind die Unentwegten, die Durchhalter. Sie sind diejenigen, die nicht müde werden, um die letzten authentischen Reste der Altstadt von Aschersleben zu kämpfen. Auch wenn ihnen dafür eigentlich die Mittel fehlen und sie deshalb manchmal wie Schiffbrüchige zwischen Wrackteilen wirken. Der Bürgerverein „Zukunft für den Halken“ hat die Häuser Großer Halken 6 und 7 unter seinen Fittichen und will diese beiden Gebäude unter allen Umständen erhalten: als Erinnerung an das uralte Handwerkerquartier.

Die erste Veranstaltung einer monatlichen Vortragsreihe im Kleinen Halken 4 beschäftigt sich mit heimischen Heilkräutern und deren Verwendung im Haushalt. Die Veranstaltung findet am 2. Juni um 15 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, es wird aber um eine Spende für die Erhaltung und den Ausbau des Hauses gegeben. Bernd Malcherek, der das Haus nutzt und erhalten möchte, wird sicher gern alle Fragen der Gäste beantworten.

Ein Stück Altstadt bewahren, das will auch Bernd Malcherek. Der nutzt „für kleines Geld“, wie er sagt, den Kleinen Halken 4. Das windschiefe Häuschen, das auf einem Stadtplan von 1798 als Jungfernschule eingezeichnet ist und in dem Mitte des 19. Jahrhunderts ein Postillon wohnte, ist sein neues Projekt. Ohne Geld, aber mit viel Enthusiasmus und Vertrauen in die eigene Kreativität und die Hilfe von Wohlgesonnenen will er das Haus nach und nach zu einer Art Begegnungszentrum machen. Bis der Eigentümer die nördliche Fassade in Ordnung bringt und das Dach nach historischem Vorbild erneuert, will Malcherek den Innenausbau vorantreiben. Den Fußboden hat er schon befestigt und will am 2. Juni zur ersten Veranstaltung einladen. Für die Zukunft schwebt ihm im Dachgeschoss eine kleine Radlerpension vor. Im Moment gehört viel Fantasie dazu, sich das vorzustellen. Malcherek hat diese Fantasie. Die Frage, wie er das alles finanzieren will mit seinen bescheidenen Geldmitteln, nervt ihn offensichtlich. „Man muss nicht immer fragen. Man muss einfach machen“, sagt er. Mit viel Geld bauen könne schließlich jeder. Jahrelang war Malcherek selbst im Verein „Zukunft für den Halken“ sehr rührig. Seit die Stadt als Sicherungsmaßnahme Stahlgestänge in das Haus Nr. 7 einbaute, hat er sich zurückgezogen. „Das ist nicht mehr meins“, sagt er trotzig und macht jetzt sein eigenes Ding.

Große Teile des Alt-Aschersleben-Quartiers hat die Aschersleber Gebäude- und Wohnungsgesellschaft (AGW) gekauft. Malcherek freut sich, dass sich nun nach 25 Jahren des Stillstands etwas tun wird im Halken. Er befürchtet aber auch, dass die Altstadt keine Altstadt bleiben wird, wenn die AGW hier anfängt zu bauen.

Herwig Hofmann vom Verein „Zukunft für den Halken“ weiß, dass es so kommen wird. Und er hat Verständnis dafür. „Wir können damit besser leben, als wenn hier alles zusammenfällt“, sagt er. Wenn der Verein die Nummern 6 und 7 erhalten kann als Zeugnis mittelalterlichen Lebens und Wohnens, dann sei schon viel erreicht. In diesen beiden Häusern will und muss ja niemand wohnen. Deshalb könne es sich der Verein leisten, nicht die hohen Standards anzulegen, die modernes Wohnen verlangt. Immer donnerstags und freitags ist die Halkenstube am Abend geöffnet, jeder kann kommen und mit den Vereinsmitgliedern plaudern. „Die Halkenstube ist mit Lehm geputzt. Wenn man sich da anlehnt, hat man auch mal Staub auf der Schulter. Wir brauchen keine Schrittschalldämmung und keine großen Fenster. Aber wir wollen das so“, sagt Hofmann. Ihm und den anderen Vereinsmitgliedern ist es wichtig, das Mittelalter nicht zu verniedlichen, sondern als das zu zeigen, was es war: ein Leben voller Mühsal und Plage unter einfachsten Verhältnissen. Ihm ist völlig klar, dass die AGW so bauen muss, dass die Wohnungen anschließend auch vermietbar sind.

Nicht mehr den ganzen Halken retten

Der Verein spricht heute nicht mehr davon, den ganzen Halken zu retten - zumindest nicht so, wie er sich heute zeigt. Die beiden Häuser zu erhalten, die sich jetzt im Eigentum des Vereins befinden, wird schon schwer genug. Innerhalb der nächsten drei Jahre sollen die Fassade einschließlich der Fenster und Türen saniert werden. Vom Einsturz bedroht sind die Gebäude nicht mehr. „Was jetzt gemacht ist, das hält“, sagt Hofmann. Immer wieder wird es darum gehen, das notwendige Geld für Sanierungsmaßnahmen aufzutreiben. Im Gegensatz zu Bernd Malcherek, der keine Fördermittel beantragen will, möchte der Verein die gegebenen Möglichkeiten nutzen. Parallel dazu versuchen die Mitglieder, mit Veranstaltungen, Aktionen und dem Vermieten einzelner Räume etwas Geld einzuspielen.

Im Haus Nummer 6 soll ein kleiner Laden entstehen - ausgestattet mit Merchandising-Artikeln wie Halken-Sticker oder Halkentasse, die in Zusammenarbeit mit der Tassenmanufaktur in Erfurt entsteht. Der Verein möchte auch Handwerkern das Angebot machen, ihre Produkte in Kommission zu geben, wenn sie sich keinen eigenen Laden leisten können oder wollen.

Trotz aller Schwierigkeiten ist der Verein zuversichtlich und setzt große Hoffnungen in die künftigen Veränderungen. Denn: „Wir haben das jetzt zehn Jahre gemacht und gemerkt: Wir kommen nicht durch.“ Sie wissen, es sind Kompromisse zu machen. Aber auch sie möchten, dass etwas bleibt vom alten, ursprünglichen Aschersleben. (mz)

In der künftigen Küche ist der Fußboden schon befestigt.
In der künftigen Küche ist der Fußboden schon befestigt.
Gehrmann Lizenz