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Bundesgrenzschutz Bundesgrenzschutz: Wenn man auf'm Balkan nach Randalierern fahndet

Von Hendrik Kranert 06.12.2002, 15:38

Quedlinburg/MZ. - Favoriten aber sind seit jüngster Zeit die inzwischen allgegenwärtigen Fahrkartenautomaten. Denen den Garaus zu machen, "das ist inzwischen zu einem regelrechten Sport geworden", erzählt Olaf Eitz. Der 36-jährige Polizeiobermeister und sein 43-jähriger Kollege Frank Krätzer kennen Bahnhöfe und Bahnstrecken im Nordharz aus dem Effeff. Die beiden gehören zum Einsatzabschnitt Halberstadt des Bundesgrenzschutzamtes Halle. Besonders gefährlich wird es, wenn sich die Vandalen nicht nur an Fahrkartenautomaten austoben, sondern technische Anlagen zerstören, von der die Sicherheit des Zugbetriebs und das Leben von Menschen abhängt. So wurden auf dem Bahnhof Ballenstedt / Ost in diesem Jahr von bislang Unbekannten die Schaltkontakte eines Weichenantriebs demoliert, anderswo im Kreis die Kabel und Lampen einer Schranke abgerissen, in Hedersleben Lampen eines Signals gestohlen.

Der Vandalismus auf den vor allem nachts herrenlosen Bahnhöfen macht nicht nur der Deutschen Bundesbahn und ruhesuchenden Nachbarn zu schaffen, er beschert den Grenzschützern auch jede Menge Arbeit. Regelmäßig patrouillieren Krätzer und Eitz mit ihren etwa 20 Kollegen nicht nur entlang des "Balkan", wie die Route zwischen Quedlinburg und Ballenstedt im Bahnerjargon heißt, sondern auch auf den Bahnstrecken zwischen Halberstadt und Thale sowie Wernigerode, Blankenburg und Rübeland. Nicht nur mit dem Auto, sondern oft im Zug, wie BGS-Sprecher Gero Gerewitz betont. "Präsenz zeigen ist wichtig", sagt Gerewitz. Gerade zu "Schwerpunktzeiten", wenn Fußballfans oder Demonstranten mit der Bahn zu Veranstaltungen unterwegs sind.

Aber auch ganz gewöhnliche Reisende "benehmen sich manchmal wie die wilde Sau", hat Eitz feststellen müssen. Dann ruft der Schaffner die BGS-Beamten, oder wenn Leute beim "Erschleichen von Leistungen" ertappt werden, wie Schwarzfahren bürokratisch bezeichnet wird. Mindestens zwei Fälle pro Woche registriert allein das Team Krätzer / Eitz.

Präsenz zeigen die beiden aber auch neben den Gleisen, wie in den vergangenen Wochen am Bahnübergang Stresemannstraße. Dort sollen sie Leichtsinnige mit Ordnungsgeldern vom Abkürzen über die Gleise abhalten (die MZ berichtete). Oft jedoch, weiß Frank Krätzer aus eigener Erfahrung, bleibe den Grenzschützer trotz eines flexiblen Schichtdienstes nur noch, die Taten der zurückliegenden Nacht aufzuzeichnen. Das liegt in der Natur der Sache: "Wenn wir in Elbingerode sind und nach Gernrode müssen, dauert das trotz Sondersignal natürlich", erklärt Olaf Eitz. Daher arbeiten die Bundespolizisten eng mit ihren Länderkollegen zusammen - sprich mit den Beamten auf den Revieren.

Nach dem Vandalismus "haben wir auch viel mit Graffiti zu tun", weiß Krätzer, "wenngleich das in letzter Zeit etwas nachgelassen hat". Sieben Straftaten wurden in diesem Jahr bislang gezählt. Vor allem die Bahnhöfe in Thale und Quedlinburg zählen zu den bevorzugen Angriffspunkten der Sprayer. Immer wieder gelinge es hier jedoch, den Tätern auf die Schliche zu kommen, so BGS-Sprecher Gerewitz: "Wir haben eine eigene Sonderkommission in Magdeburg gebildet, die auch nachts observiert." Meist bedeute dann die Überführung eines Sprayers die Aufklärung mehrerer Straftaten. Doch der Dienst der beiden Beamten aus Halberstadt besteht nicht nur aus der Jagd auf Vandalen und dem - oftmals erfolglosen - Belehren von Gleiskletterern.

Auch so manche Anekdote ereignet sich auf den Regionalbahnstrecken im Kreis, erinnern sich Krätzer und Eitz lachend: Wie vergangenen Sommer, als die Grenzschützer zu Cowboys mutieren und bei Gernrode eine Kuhherde von den Gleisen treiben mussten. Wilder Westen auf dem Balkan.