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Interview Andreas Michelmann über Abriss des alten Stadtbades und doppelte Freude am 60. Geburtstag: Interview mit OB von Aschersleben

08.01.2020, 09:56
Ascherslebens Oberbürgermeister Andreas Michelmann im Gespräch
Ascherslebens Oberbürgermeister Andreas Michelmann im Gespräch Detlef Anders

Aschersleben - Kommunalwahlen, Haushaltsdebatten, Brücken-Ärger... Das Jahr 2019 steckte voller Herausforderungen, aber auch voll schöner Momente. Ein Gespräch zum Jahresanfang führte Chefreporterin Kerstin Beier mit Ascherslebens Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab).

Herr Michelmann, welches war Ihr persönlicher Glücksmoment im vergangenen Jahr?

Andreas Michelmann: Der hat tatsächlich mal nichts mit Aschersleben und auch nichts mit Handball zu tun, sondern war privater Natur. Am 13. Oktober, genau an dem Tag, an dem ich 60 Jahre alt geworden bin, kam Charlie, mein achtes Enkelkind, zur Welt. Das war schon ein Volltreffer.

Und sonst?
Michelmann: Ich freue mich, dass wir bei der Sanierung der Innenstadt deutlich vorangekommen sind. Der Bonifatiuskirchhof ist ja im alten Jahr noch fertig geworden, und auch der Liebenwahnsche Plan steht kurz vor dem Abschluss. Außerdem sind wir zum Jahresende noch einmal großzügig mit Fördermitteln von insgesamt 2,3 Millionen Euro aus dem Stadtumbauprogramm und dem Denkmalschutzprogramm bedacht worden.

Ein schöner warmer Regen. Gut ist auch, dass wir unsere wichtigsten Schulbauprojekte in Förderprogramme einreichen konnten. Das betrifft das Stephaneum Haus II, die Grundschule Staßfurter Höhe, die eine Mensa bekommen soll, und die neue Turnhalle für die Grundschule Mehringen.

Seit 2019 haben Sie einen neuen Stadtrat und damit einen neuen Arbeitgeber.
Michelmann: Ich denke, dass wir stabile politische Verhältnisse in Aschersleben haben. Und bis auf wenige Ausnahmen ist der Umgang im Stadtrat von Respekt geprägt. Das finde ich ausgesprochen angenehm.

Der Stadtrat war nicht amüsiert, dass nach Beschluss der Haushaltssatzung noch weitere 800.000 Euro für die Kreisumlage zusammengekratzt werden mussten.
Michelmann: Amüsant fand ich das auch nicht, und ich teile die Kritik von Stadtrat Detlef Gürth am Landkreis. Die internen Haushaltsberatungen im Rathaus sind harte Arbeit und eine Woche Kampf um Heller und Pfennig. Ich vermisse die gleiche Konsequenz beim Landkreis.

Wenn bei uns in der Stadt von 210 Personalstellen 120 übrig sind, dann bleibt das nicht ohne Spuren. Und deshalb erwarte ich, dass diejenigen, die die Aufsicht führen, es genauso machen.

Klar bringt es Verdruss, wenn wir sparen, wo es geht, um dann noch einmal 800.000 Euro zusammenzukratzen. Für eine Umlage, die der Kreistag niedriger ansetzen wollte. Die das Land aber nicht akzeptiert, weil es den Konsolidierungswillen nicht sieht.

Sie liegen also über Kreuz mit dem Landkreis?
Michelmann: Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Wir pflegen eine faire Zusammenarbeit. Aber im Interesse der Gemeinden muss der Landkreis seine Sparanstrengungen erhöhen.

Nach der Landesgartenschau ist ein Großteil der Kultur in Aschersleben in die Kulturanstalt ausgelagert worden. Denken Sie, dass das die richtige Entscheidung war?
Michelmann: Absolut. Ich freue mich, dass der neue Aka-Vorstand Matthias Poeschel nicht nur fortführt, was seine Vorgängerin an Gutem begonnen hat, sondern auch eigene Akzente setzt. Er achtet, was schon da ist, und bringt eine gesunde Bodenständigkeit ein.

Mit dem Pferdefestival und dem Megawoodstock haben wir zwei große, identitätsstiftende Veranstaltungen. Und ich kann nur den Hut ziehen vor den Menschen, die das alles vorbereiten und zum Teil sogar finanziell dafür geradestehen. Hinzu kommen Hochkaräter wie die Nacht der Sinne, das Neujahrskonzert, das Kabarettfestival und viele kleine Veranstaltungen, die wirklich für jeden etwas bieten.

Und die Alte Hobelei?
Michelmann: Auch die gehört mit in diese Reihe. Seit 2017 ist sie fertig und ist dabei, sich fest in Aschersleben zu verankern. Ein kulturelles Schwergewicht haben wir außerdem mit der Grafikstiftung, durch die die internationale Kunstszene regelmäßig in Aschersleben einfliegt. Und nicht zu vergessen der Graue Hof und die Familie Uhde. Ihr ist es zu verdanken, dass Aschersleben noch ein Kino in dieser Qualität hat.

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Stärke Ascherslebens?
Michelmann: Die Bildungsstruktur. Wir haben nachweislich mehr Schüler an den Schulen als Kinder im Schulalter. Die Schüler kommen aus 46 Städten und Gemeinden. Das spricht für Vielfalt und Qualität unserer Bildungslandschaft und wir ernten nun die Früchte dessen, was wir 2002 begonnen haben zu säen.

Wenn auch manche Entscheidung unpopulär war. Ich erinnere nur an den Abriss von drei Grundschulen und an den Stadtratsbeschluss, die Schulbezirke aufzuheben. Letztlich war das ein Schritt in Richtung Chancengleichheit.

Mit der Sicherung des Scharrens beseitigt die Stadt gerade einen Schandfleck. Am Standort des ehemaligen Stadtbades ist dafür ein neuer entstanden. Gibt es Möglichkeiten, da noch etwas zu retten? Ein Rückkauf zum Beispiel?
Michelmann: Die Stadt macht ja manchmal auch Fehler. Im Nachhinein betrachtet, waren sowohl der Abriss des alten Bades als auch die Vermarktung der Fläche ein Fehler.

Ist ein Rückkauf denkbar?
Michelmann: Ich werde da mal gründlich drüber nachdenken.

Worauf freuen Sie sich 2020?
Michelmann: Ich freue mich auf das neue Zollamt im Gewerbegebiet, das nicht nur die Fläche nutzt, sondern auch Aschersleben als Mittelzentrum stärkt. Außerdem sehe ich gute Chancen auf Fördermittel für unsere Schulprojekte, der Abriss der alten Halle in Mehringen wird demnächst beginnen. Da laufen gerade die Ausschreibungen.

Es ist gut, dass wir in Mehringen eine Grundschule für den dörflichen Raum nördlich von Aschersleben nicht nur erhalten, sondern gestalten konnten. Mir imponiert dort vor allem das gute Zusammenspiel von Kita, Hort und Schule. Schön wäre es nur, wenn in Mehringen auch mal wieder Kinder geboren würden. Für den Bau der Mensa an der Staßfurter Höhe steht der Sieger des Wettbewerbs fest, den wir im vergangenen Jahr noch ausgelobt hatten. Fünf Büros haben sich beteiligt.

Wer hat gewonnen?
Michelmann: Das möchte ich an dieser Stelle noch nicht sagen, weil ich zuerst den Stadtrat über das Ergebnis informieren möchte.

Wenn Sie sich etwas wünschen dürften für die Stadt, was wäre das?
Michelmann: Endlich mal ein Brückenbauprogramm. Denn marode Brückenbauwerke sind ja nicht nur unser, sondern ein bundesweites Problem. Es kann nicht sein, dass eine Sperrung - wie aktuell in Mehringen oder Drohndorf - der einzig mögliche Weg ist, wenn wir nicht wollen, dass eine Brücke einstürzt. (mz)