30 Jahre Tierpark Hexentanzplatz Thale 30 Jahre Tierpark Hexentanzplatz Thale: Mit Dynamit und Schubkarre
Thale/MZ. - Hans Hoppe musste sich mit weitaus weniger zufrieden geben - mit Schippe und Schubkarre.
Damit zogen er und seine Kollegen jeden Morgen vom Parkplatz auf der Hexe hoch zum Plateau, auf dem sich pünktlich zum Geburtstag der Republik am 7. Oktober 1973 die ersten Tiere tummeln sollten - zum Wohle der Werktätigen. Doch vor die Naherholung hatte Vater Staat den Schweiß gesetzt - abends, vor allem aber an den Wochenenden, mussten Hüttenarbeiter und LPG-Bauern samt Technik mit anpacken: "Sonst hätten wir das nie geschafft", erinnert sich der heute 72-jährige Hoppe.
Die Idee für den Tierpark soll einem offenbar wenig kulturbegeisterten SED-Bonzen bei der Einweihung der Schwebebahn drei Jahre zuvor gekommen sein: Dem sei - vom Bergtheater abgesehen - zu wenig los gewesen auf dem Berg. Hans Hoppe selber wurde für den Job als Tierpark-Chef quasi auf politischen Druck frei gekauft - der Geflügelzüchter arbeitete bei der LPG: "Und da kam man eigentlich nur tot wieder raus." Doch weil Hoppe sich nicht nur mit Geflügel, sondern als Jäger auch mit Wildtieren auskannte und selber welche hielt, konnte er nach Fürsprache des Bürgermeisters das Gewerbe wechseln. Das Rotwild kam als erstes sowie einige Vogelvolieren.
Von Hoppe gefangene Marder und ein paar Fasane ergänzten den noch spärlichen Bestand: "Wir hatten erst mal nur das, was wir so aufgabeln konnten", erinnert sich der Bad-Suderöder. Ein Kassenhäuschen gab es auch noch nicht, bloß eine Bretterbude, aus der Eintrittskarten verkauft wurden, während sich hinter dem Rücken der Kassierin die Kollegen umzogen und Futter kochten. Einen Tag vor dem Republikgeburtstag 1973 öffnete der Park - zwar schon auf seine noch heute bestehende Größe von neun Hektar geplant, doch damals noch deutlich kleiner.
Die 80 Pfennig Eintritt - für DDR-Verhältnisse ganz schön happig - begründete man mit den noch anstehenden Erweiterungen. "Es gab aber Leute, die uns die Karten wieder reingeschmissen haben - von wegen soviel Geld für drei Vögel", erinnert sich Hoppe lachend. Die erste wirkliche Attraktion war eine Wildkatze - natürlich auch gefangen. Das gab Ärger, weil die Art streng geschützt ist. Selbst der Bürgermeister konnte da nichts regeln - das Tier musste nach ein paar Tagen wieder entlassen werden.
Mit den zwei jungen Füchsen, die anschließend kamen, war das anders. Die wurden mit Milch aus einer Liebesperlen-Flasche groß gezogen und hatten im nächsten Jahr bereits Nachwuchs. Zwar überlebte davon nur eines, doch das wurde zum Star des Parks: Hans Hoppe benutzte das handzahme Tier, um die Besucher zu veräppeln - er ließ die Füchsin namens Minka absichtlich aus dem Käfig, die sich prompt trollte. Der Schrecken bei den Gästen legte sich erst wieder, als Hoppe Minka zurück rief - und die auch kam. Minka hatte auch zwei Freunde - die Frischlinge Martha und Trudchen, ebenfalls Flaschenkinder. Die lagen, zusammen mit dem Fuchs, nicht etwa im Käfig, sonder vor dem Kassenhäuschen in der Sonne. Falls sie nicht gerade in der Köhlersiedlung um Futter bettelten oder sich im Abwaschwasser der Küche suhlten.
Zu den damaligen Sensationen gehörte auch Kolkrabe Bruno, der auf Kommando den Hut des Chefs lüpfen konnte. Eine weitere zahme Krähe nutzten die Freigänge allerdings für derbe Späße: Sie ließ Dachpappen-Nägel auf Tortenstücke ahnungsloser Kaffeegäste fallen und versuchte schließlich, dem Chef des Berghotels ein paar Hundertmark-Scheine zu stibitzen. "Der kam gerade noch rechtzeitig, um das Geld aus dem Schnabel zu reißen." Das Ende in Freiheit. Hoppe erinnert sich noch gern an die Zeit, "alles war sehr familiär, man konnte sich quasi mit jedem Besucher persönlich befassen".
Nach dem großen Wohn- und Wirtschaftsgebäude, dass noch heute genutzt wird, war das Bärengehege 1975 das nächste große Bauvorhaben. Finanziert wurde dies, wie auch schon die anderen Projekte, vor allem von Betrieben - "die Hütte hat ganz schön was rein gebuttert" - und von der Lottogesellschaft. Fast eine drei Viertel Million Ostmark wurde so im Park verbaut.
Zum Teil auch von Strafgefangenen, die Hoppe nach einer "Zwei-Stunden-Schulung" beaufsichtigen musste. Probleme gab es nie, obwohl man mit den "Knastologen" recht familiär umging. Da der ABV (Abschnittsbevollmächtigte - heute Kontaktbeamte, d. Red.) mit einem immens laut knatternden Moped auf die Hexe fuhr, "haben wir den schon an der Windecke gehört", so Hoppe. Genug Zeit, um die Strafgefangenen wieder vorschriftsmäßig zu bewachen.
Während es bei den Bauarbeiten reichlich Unterstützung gab, war die Besorgung von Futter nicht immer einfach oder komplikationslos. Für den Transport mussten die Tierpark-Mitarbeiter auf einen uralten, geschenkten Laster zurück greifen. "Doch der sprang nicht an, so dass wir den immer bis zum Abhang schieben mussten, bis er von allein ins Rollen kam und der Motor zündete", erzählt Hans Hoppe.
Dass die nicht gerade saubere Ladefläche des Vehikels für den Transport von unverpackten Rinderhälften diente, störte die Tiere im Park nicht. Wohl aber einen besorgten Thalenser, der einen Ladevorgang vor einer Kaufhalle in Verkennung des Empfängers mit den Worten kommentierte: "Das muss mal in die Zeitung." Was hiermit, knapp 30 Jahre nach dem Missverständnis, geschehen ist.