1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Wohnrecht: Wohnrecht: Wann darf die Miete gekürzt werden?

Wohnrecht Wohnrecht: Wann darf die Miete gekürzt werden?

Von Rainer Nolte 24.06.2012, 20:23

Halle (Saale)/MZ. - Von der Disco nebenan schallt die Musik rüber, Schimmel breitet sich an der feuchten Wand aus, der Putz bröckelt von der Fassade, die Klingel ist stumm - in Millionen Mietwohnungen gibt es solche oder andere Mängel. Wer diese korrekt anzeigen und Mietminderungen vornehmen möchte, muss die wichtigsten Grundregeln des Mietrechts kennen:

Mängelanzeige und Mängelbeseitigung

Nach dem Gesetz muss der Vermieter dem Mieter die Wohnung in einem fehlerfreien Zustand überlassen und während der Mietzeit so erhalten. Treten Mängel auf, muss der Vermieter sie beseitigen. Der Mieter muss den Vermieter informieren, aus Beweisgründen am besten schriftlich, dass Mängel vorliegen. Mit der Aufforderung, Abhilfe zu schaffen, kann der Mieter gleichzeitig Gewährleistungsrechte geltend machen, zum Beispiel die Miete kürzen, so lange der Mangel vorliegt.

Mangel kann innen und außen vorliegen

Ein Mangel liegt vor, wenn die "Mietsache" so beschaffen ist, dass der Mieter die Wohnung nicht so nutzen kann, wie er es normalerweise erwarten darf. Nicht nur Mängel, die die Mietwohnung selbst betreffen (defekte Heizung, verstopfte Abflüsse, Feuchtigkeitsschäden), rechtfertigen eine Mietminderung. Auch Störungen von "außen" können Wohnungsmängel sein, zum Beispiel Lärm aus einer benachbarten Diskothek, beschreibt der neue Ratgeber der Verbraucherzentrale "Mietminderung bei Wohnungsmängeln".

Mieter darf Schaden nicht selbst verschulden

Ob der Vermieter für den Mangel verantwortlich ist, spielt keine Rolle, wenn es um die Zulässigkeit der Mietminderung geht. Entscheidend ist allein, dass ein Mangel vorliegt und der Mieter diesen nicht selbst verschuldet hat.

Modernisierung oder Reparatur im Haus

Baumaßnahmen im oder am Haus bringen oft Lärm-, Schmutz- oder sonstige Beeinträchtigungen mit sich. Auch hier kommt eine Mietminderung grundsätzlich in Betracht. Eine aktuelle Mietrechtsnovelle spricht Vermietern im Falle einer energetischen Gebäudesanierung allerdings besondere Rechte zu. In den allermeisten Fälle haben Mieter solche Baumaßnahmen zu dulden, ohne dass in den ersten drei Monaten nach Beginn der Umbauphase aufgrund von Beeinträchtigungen eine Mietminderung möglich wäre.

Minderung bis zur Mangelbeseitigung

Bei berechtigter Mietminderung kann die Miete ab dem Zeitpunkt gekürzt werden, zu dem der Vermieter über den Wohnungsmangel informiert wurde, in der Regel aufgrund der Mängelanzeige des Mieters. Der Mieter kann so lange weniger Miete zahlen, bis der Mangel beseitigt ist.

Unerhebliche Beeinträchtigung

Eine Mietminderung kommt nur in Frage, wenn die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung spürbar beeinträchtigt ist. Führt ein Mangel nur zu einer unerheblichen Beeinträchtigung, kann der Mieter zwar Abhilfe, das heißt Reparatur, verlangen, nicht aber die Miete kürzen.

Keine Kürzung bei Kenntnis des Mangels

Eine Mietminderung ist auch ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel schon beim Abschluss des Mietvertrags kannte oder wenn er diesen Mangel problemlos hätte erkennen müssen.

Rückwirkende Minde- rung ist ausgeschlossen

Tritt der Mangel während der Mietzeit auf und zahlt der Mieter trotzdem anstandslos weiter die volle Miete, verliert er dadurch in der Regel zwar das Recht auf eine rückwirkende, aber nicht auf eine künftige Mietminderung. Ratsam ist es allerdings, einen Mangel sofort nach Entdeckung beim Vermieter anzuzeigen, die Reparatur zu verlangen und zu erklären, man zahle bis auf weiteres die volle Miete nur unter Vorbehalt. Passiert dann immer noch nichts, muss der Mieter aber von seinem Mietminderungsrecht auch Gebrauch machen.

Vermieter muss Versprechen einhalten

Das Mietminderungsrecht besteht auch dann, wenn der Vermieter Eigenschaften zugesichert hat, diese aber fehlen oder später wegfallen. Hat der Vermieter beim Abschluss des Mietvertrags beispielsweise schriftlich versprochen, dass alte Kacheln im Bad ausgetauscht werden und geschieht dann nichts, kann der Mieter die Miete kürzen.

Gleiche Rechte trotz Mieterhöhung

Ein eigentlich "verlorenes" Recht zur Mietminderung, beispielsweise wegen der Kenntnis des Mangels, kann wieder aufleben, und zwar nach einer Mieterhöhung des Vermieters. Hier ist davon auszugehen, dass durch eine höhere Miete die Grundlage des Mietvertrags, das heißt das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung, geändert wird und deshalb nach einer Mieterhöhung dem Mieter das Mietminderungsrecht wieder zusteht.

Kürzung ist abhängig von Größe des Schadens

Die Höhe der Mietminderung richtet sich grundsätzlich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Im Klartext: Je stärker sich die Mängel auswirken, desto mehr darf die Miete gekürzt werden, erläutert der neue Ratgeber, der von den Verbraucherzentralen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Mieterbund herausgegeben wurde.

Gemindert wird die Bruttomiete

Die jahrelang umstrittene Frage, welche Miete Grundlage für die Mietminderung ist, ist durch den Bundesgerichtshof entschieden worden. Gemindert wird immer von der sogenannten Bruttomiete, das ist die Miete inklusive Betriebskosten beziehungsweise zuzüglich aller Betriebskostenvorauszahlungen.

Kürzungssatz ist nicht festgelegt

Vorsicht vor Mietminderungslisten. Es gibt keinen festen oder verbindlichen Minderungssatz für bestimmte Wohnungsmängel. Die im Internet, in Zeitschriften, Broschüren oder diversen Ratgebern aufgeführten Gerichtsurteile mit Minderungsgründen und -quoten sind Beispiele. Sie können für einen ähnlich gelagerten Fall höchstens als Orientierung dienen.

Vertrag darf Minderung nicht ausschließen

Das Mietminderungsrecht des Mieters kann nicht durch den Mietvertrag ausgeschlossen werden. Anderslautende Vertragsklauseln und Vereinbarungen sind null und nichtig. Steht beispielsweise im Mietvertrag, "die Mietminderung ist vorher anzukündigen", ist das unwirksam.

Furcht vor Kündigung unbegründet

Auch wenn der Mieter über mehrere Monate hinweg die Miete wegen Mängeln kürzt, braucht er keine Kündigung zu fürchten. Einen Irrtum über den Minderungsumfang hat der Mieter normalerweise nicht zu vertreten, es sei denn, die Mietminderung entbehrt jeglicher Grundlage, der Minderungssatz ist völlig abwegig oder der Mieter mindert, ohne irgendeinen Rechtsrat eingeholt zu haben.

Mieter kann Mängel- beseitigung einklagen

Mängel oder Fehler der Mietwohnung muss der Vermieter abstellen. Nachdem der Mieter ihn über den Mangel informiert und eine Frist zur Durchführung der Reparaturen gesetzt hat, kann er auf Mängelbeseitigung klagen, wenn der Vermieter nicht tätig wird.

Reparaturkosten können zurückgefordert werden

Hat der Mieter den Vermieter ergebnislos aufgefordert, den Mangel zu beseitigen, kann der Mieter auch die Miete zurückbehalten. Das Zurückbehaltungsrecht ist ein reines Druckmittel gegen den Vermieter, den Mangel endlich abzustellen. Hat der Vermieter den Mangel beseitigt, muss die zurückbehaltene Miete nachgezahlt werden.

Recht zur Selbstbeseitigung

Der Mieter hat das Recht, den Mangel selbst zu beseitigen, wenn sich der Vermieter mit der Mängelbeseitigung in Verzug befindet. Der Mieter kann dann die Handwerker auf eigene Kosten bestellen, die notwendigen Reparaturen durchführen lassen und sich das Geld vom Vermieter ersetzen lassen.

Fristlose Kündigung bei Gefahren zulässig

In Extremfällen berechtigen schwere Wohnungsmängel, zum Beispiel wenn Gesundheitsgefahren drohen, den Mieter auch zur fristlosen Kündigung. Außerdem kommen Schadenersatzansprüche in Betracht, wenn die Wohnungsmängel Schäden verursacht haben.

Vermieter so schnell wie möglich informieren

Treten Mängel in der Wohnung auf, muss der Vermieter so schnell wie möglich informiert werden. Geht es dann um die Frage, welche Ansprüche Mieter stellen können, ist eine Beratung, ob neben dem Reparatur- oder Beseitigungsanspruch die Miete gemindert und / oder zurückbehalten werden soll und, wenn ja, in welchem Umfang, bei einem Rechtsanwalt oder dem Mieterverein immer sinnvoll.