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Keine Perücke auf Kasse Keine Perücke auf Kasse: Gericht hat über Mann mit Glatze entschieden

22.04.2015, 09:25
Eine berühmte Glatze: Telly Savalas als kahlköpfiger Polizist „Kojak“.
Eine berühmte Glatze: Telly Savalas als kahlköpfiger Polizist „Kojak“. dpa Lizenz

Berlin - Muss eine Krankenkasse einem 76-Jährigen Mann ohne Haare eine Perücke bezahlen? Diese Frage hat das Bundessozialgericht in Kassel verneint. Zwar können auch Männer in bestimmten Fällen eine Perücke von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Allerdings muss eine Krankheit vorliegen. Der unbehaarte Kopf - auch ohne Brauen, Wimpern und Bart - muss eine entstellende Wirkung haben, wie das Bundessozialgericht in Kassel am Mittwoch entschieden hat, was hier nicht gegeben sei. Dass der Betroffene das anders empfinde, sei nicht maßgeblich.

Als entstellt gilt nach gängiger Rechtsprechung nicht jede körperliche Anomalität wie etwa ein sechster Finger, erläutert Sprecherin Claudia Widmaier. Vielmehr geht es darum, dass der Betroffene bei anderen quasi im Vorbeigehen Neugier auslöst, angestarrt wird und sich deshalb aus dem Leben zurückzieht und zu vereinsamen droht. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird im Einzelfall geprüft. Im Falle einer Frau, die wegen einer Erkrankung dichte schwarze Haare im Gesicht hatte, galten diese Voraussetzungen als erfüllt, führt Widmaier als Beispiel an. In einem anderen Fall wurde hingegen die Dauerpigmentierung als Ersatz für krankheitsbedingt fehlende Augenbrauen nicht als notwendige Behandlung gewertet.

Der 1938 geborene Mann aus dem rheinland-pfälzischen Contwig leidet seit 1983 an vollständiger Haarlosigkeit. Bis 2006 bezahlte die Krankenkasse die Perücke. Danach wurde der Antrag abgelehnt, weil eine Glatze bei Männern keine störende Auffälligkeit sei. Dagegen wendete sich der Mann mit seiner Klage. Der Haarverlust verursache bei ihm einen hohen psychischen Leidensdruck, argumentierte er. Weil zudem Frauen in gleicher Lage ohne weiteres mit Perücken ausgestattet würden, fühlte er sich wegen seines Geschlechts benachteiligt. Die Vorinstanzen hatten die Klage des Mannes abgewiesen: Eine Glatze sei bei Männern allgemein akzeptiert, während dies bei Frauen nur selten vorkomme, lautete die Argumentation.

Nicht nur die Glatze kann den Betroffenen zu schaffen machen. Auch das Fehlen von Augenbrauen oder dichtes schwarzes Haar im Gesicht gelten als körperliche Auffälligkeiten. Die Krankenkassen übernehmen für Behandlungen oder Hilfsmittel in solchen Fällen aber nur unter bestimmten Umständen die Kosten. Der Betroffene muss laut GKV-Spitzenverband entweder in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt oder äußerlich entstellt sein. (dpa)