1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Finanzen
  6. >
  7. Mit diesen Verkaufstricks lassen die Discounter uns mehr einkaufen als nötig

ZDF-Doku über Lidl Mit diesen Verkaufstricks lassen die Discounter uns mehr einkaufen als nötig

Die ZDF-Doku "Die Insider" klärt Verbraucher über Kundentäuschung und "angebliche Schnäppchen" der Discounterkette Lidl auf. Wie das Unternehmen dafür sorgt, dass wir mehr kaufen als geplant.

20.07.2022, 13:31
In einer 45-minütigen ZDF-Doku enthüllen "Die Insider" Tricks und Maschen der Dicounterkette Lidl.
In einer 45-minütigen ZDF-Doku enthüllen "Die Insider" Tricks und Maschen der Dicounterkette Lidl. Foto: imago images/Michael Gstettenbauer

Halle (Saale)/DUR/jsp - Eine aktuelle ZDF-Doku zeigt am Beispiel Lidl, wie Discounter das Einkaufsverhalten ihrer Kunden beeinflussen. Vier ehemalige Mitarbeiter berichten darin, wie der Discounter dafür sorgt, dass die Kunden oft mehr kaufen als geplant.

Lidl gilt als der erfolgreichste Discounter Europas und wirbt mit niedrigen Preisen. Das Unternehmen hat ein ausgereiftes Konzept, das Käufer manipuliert und täuscht, so die ZDF-Doku. Durch diese Mittel hat der Discounter seinen Gewinn maximiert.

Darauf sollten Kunden beim Einkaufen beim Discounter achten

In der 45-minütigen Sendung lernen Zuschauer, wie sie in Zukunft bei ihren Einkäufen bares Geld sparen können. 

Aufgedeckt wurden nicht nur die Käuferlenkung und -täuschung, sondern auch "miese Maschen" und "unsaubere Deals" beim Einkauf der Ware und in der Produktion, wie es in der Pressemitteilung des ZDF heißt.

Einkaufen beim Discounter: Einkaufswägen sind "optische Täuschung"

Die Einkaufswägen des Discounters sind optimiert und verleiten Kunden dazu, mehr zu kaufen. Obwohl sich bereits einige Artikel im Wagen befinden, sieht er für den Käufer immer noch leer aus. Das liegt an der Größe und der Beschaffenheit des Einkaufswagens.

Dahinter steckt jahrelange Arbeit, heißt es in der Doku. Der Wagen wurde so konzipiert, dass er leicht schräg abfällt und die Ware somit ganz in den unteren Bereich rutscht. Dahin, wo der Kunde sie nicht mehr sieht. Kleinere handliche Einkaufskörbe wurden von Lidl abgeschafft, denn Kunden neigten dazu viel weniger zu kaufen.

Einkaufen beim Discounter: Biosiegel führen zu Verwirrung der Kunden

Lidl arbeitet seit 2019 mit dem Kooperationspartner Bioland zusammen und hat seitdem auch Bioprodukte im Sortiment. Diese Produkte sind im Ein- und Verkauf teurer, weshalb Lidl auch seine eigenen Bioprodukte verkauft. Darauf befindet sich das Siegel "Bio Organic", ein eigenes Siegel von Lidl und es garantiert lediglich die Mindestanforderungen für den Bio-Standard. Somit werden die Produkte im Ein- und Verkauf wieder günstiger.

Das "Bio Organic"-Siegel befindet sich auch auf den Produkten von Bioland, meist sogar noch größer. Somit wird bei den Kunden der Eindruck geweckt, dass die Produkte aus der gleichen Produktion stammen und alle denselben Standard haben. Die Gewinnmarge ist für den Discounter bei seinen eigenen Produkten aber deutlich höher.

Eine Marketingmanagerin sieht das kritisch und spricht in der Doku sogar von "Biowashing", da Verbraucher hier getäuscht würden.

Auch die Anordnung der Preisschilder führt bei den Kunden zu Verwirrung. Diese sind nicht wie in anderen Supermärkten unterhalb des Produktes angebracht, sondern oberhalb. Lidl ist laut Doku der einige Discounter, der seine Preisschilder so anbringt.

So steht zum Beispiel die teure Schokolade oben im Regal und die günstigere Schokolade darunter. Das Preisschild für die günstige Schokolade befindet sich direkt unterhalb des teureren Produkts. Bei vielen Kunden landet so ein teureres Produkt im Einkaufswagen.

Einkaufen beim Discounter: Lidl verkauft unreifes Obst und Gemüse

In der Obst- und Gemüseabteilung können Kunden überwiegend unreife Produkte finden. Diese wirken ansprechender, da sie für den Verbraucher frischer, bunter und knackiger aussehen. Unreifes Obst und Gemüse hat ebenfalls den Vorteil, dass es sich in den Regalen länger hält und der Discounter am Ende des Tages weniger Ware wegschmeißen muss.

In einer Straßenumfrage wollte das ZDF-Team herausfinden, ob unreife, grün-gelbe Bananen für Verbraucher tatsächlich ansprechender sind. Von 20 Befragten würden 17 zur grün-gelben Banane greifen und sie lieber zuhause reifen lassen.

Einkaufen beim Discounter: Was bedeutet der Haltungskompass auf Fleischprodukten von Lidl?

Lidl bedruckt seine Fleischprodukte mit einem Haltungskompass. Dieses Logo wurde vom Unternehmen selbst erfunden und im Jahr 2018 eingeführt. Abgebildet sind die Zahlen eins bis vier, die die Haltungsformen der Tiere beschreiben. Haltungsform Eins beschreibt "Stallhaltung" und bedeutet, dass nur die gesetzlichen Mindeststandards eingehalten wurden. Haltungsform Vier ist mit "Premium" ausgezeichnet und kennzeichnet Bioqualität.

Bei der Haltungsform Zwei wählte Lidl die Bezeichnung "Stallhaltung Plus". Für Verbraucher erweckt dies den Eindruck, dass es den Tieren bei dieser Form besser gehen würde. Tatsächlich gibt es zwischen beiden Haltungsformen nur einen minimalen Unterschied. In Kategorie Eins werden 26 Hühner auf einer Fläche von einem Quadratmeter gehalten. In der Kategorie Zwei sind es 23 Hühner und ihnen wird ein organisches Unterhaltungsmaterial geboten, wie zum Beispiel ein Pickstein.

Die Macher der Dokumentation machten daraufhin eine Stichprobe in einer Lidl-Filiale. Insgesamt fanden sie nur sechs Produkte, die der Haltungsform Vier entsprachen und kein einziges der Kategorie Drei. Aus den Kategorien Eins und Zwei befanden sich 64 Produkte in der Kühltheke.

Einkaufen beim Discounter: Kunden sollten nie hungrig einkaufen

Kunden sollten nie hungrig zum Einkaufen gehen, denn sie neigen dann dazu, mehr einzukaufen. Lidl unterstützt dieses Phänomen mit dem Geruch von frischen Backwaren.

In den Filialen gibt es feste Backzeiten: um 7 Uhr, 10.30 Uhr und um 15 Uhr. So wird garantiert, dass es immer nach frisch gebackenen Brötchen oder Süßwaren riecht. Das Spiel mit den Sinnen der Kunden ist eine erfolgreiche Masche und der Discounter kann so seinen Umsatz um ein Drittel steigern, heißt es.

Kunden sollten in der Backwarenabteilung ebenfalls auf die Größe der Brötchentüten achten. Die großen Tüten werden taktisch links und rechts neben den kleinen Tüten platziert, damit mehr zu den großen Tüten gegriffen wird. Die große Tüte verleitet dazu mehr einzupacken, als eigentlich benötigt wird.

Einkaufen beim Discounter: Markenprodukte und Eigenmarke stammen vom selben Hersteller

In den Regalen der Discounterkette lassen sich neben vielen Markenprodukten auch die nachgemachten Produkte der Eigenmarke finden. Diese werden meist für einen viel günstigeren Preis angeboten.

Laut Angaben der Marketing-Expertin ahmt Lidl die Produkte so weit nach, wie es gesetzlich noch erlaubt ist. Was viele Kunden nicht wissen: Produkte wie Kekse, Chips oder Toastbrot stammen oft vom gleichen Hersteller. Diese können sich gegen die Herstellung der billigeren Versionen aber kaum wehren, da sie sonst aus dem Sortiment des Discounters genommen werden.

Lidl spart auf diesem Wege enorme Kosten, nicht nur in der Herstellung, sondern auch im Marketing. Die Markenprodukte werden mit aufwendigen und teuren Kampagnen beworben und Firmen bauen sich über Jahre hinweg einen guten Ruf auf. Die nachgemachten Produkte und Eigenmarken profitieren davon.

Lidl-Plus-App: Daten im Austausch für Rabatte

Die Lidl-Plus-App wurde im Jahr 2020 eingeführt. Mit der App können Kunden Punkte sammeln, erhalten Angebote und sogar kostenlose Produkte, wenn sie eine bestimmte Summe ausgeben.

Die App liefert für den Konzern wichtige Daten über ihre Kundschaft. Es wird aufgezeichnet wann und wie häufig Kunden einkaufen und was eingekauft wird. Die Angebote in der App werden dann auch speziell auf die Kunden zugeschnitten.

Die kostenlosen Produkte gibt es erst, wenn eine bestimmte Summe ausgegeben wird. In der Dokumentation wird als Beispiel eine Buttermilch ab einem Einkaufswert von 50 Euro versprochen. Mit den kostenlosen Produkten wird für die Kunden ein Anreiz geschaffen, mehr Geld auszugeben und Produkte zu kaufen, die sie vielleicht gar nicht benötigen.

Einkaufen beim Discounter: Wie nachhaltig ist Lidl wirklich?

Auch die Nachhaltigkeit des Unternehmens wird in der Dokumentation genauer unter die Lupe genommen. Lidl wirbt damit, dass alle Plastikflaschen zu einhundert Prozent aus recycelten Einwegflaschen bestehen. Damit hat Lidl, nach eigenen Angaben, einen geschlossenen Kreislauf. 

Experten sagen jedoch, dass die Anzahl an Pfandflaschen, die an Lidl zurückkehrt, nicht ausreichen würde um den Bedarf an neuen Flaschen abzudecken. Demnach muss Plastikgranulat dazugekauft werden oder es werden Flaschen anderer Hersteller mitverwendet.

Für die Dokumentation wurden Experten zu dieser Thematik befragt. Sie sprechen in diesem Fall von "Greenwashing", da die Kunden getäuscht werden und das Versprechen von einem nachhaltigen Kreislauf nicht eingehalten wird.

Dokumentation "Die Insider" in der ZDF-Mediathek verfügbar

Die Dokumentation kann derzeit in der ZDF-Mediathek kostenlos angeschaut werden.

Wie viele Lidl-Filialen gibt es?

Insgesamt gibt es 11.550 Lidl-Filialen in insgesamt 32 Ländern. Davon befinden sich mehr als 3.200 Filialen in Deutschland. Die Märkte sind fast überall auf der Welt gleich angeordnet. Auch Kaufland gehört zum selben Unternehmen, der Schwarz-Gruppe.

Wer steckt hinter der Schwarz-Gruppe?

Der Gründer von Lidl ist Dieter Schwarz. Er eröffnete 1973 die erste Lidl-Filiale in Ludwigshafen am Rhein. Sein Vermögen wird auf insgesamt rund 64 Milliarden Euro geschätzt, er gilt damit als reichster Mann Deutschlands. Von Dieter Schwarz existieren keine Fotos oder Interviews und auch Lidl-Mitarbeiter wissen nicht, wer er ist. Der Gründer des Unternehmens wird deshalb auch als "Phantom" bezeichnet.

Wofür steht die Abkürzung Lidl?

Das Wort Lidl ist keine Abkürzung und lässt sich auf den Namen des Geschäfts von Josef Schwarz zurückzuführen. Josef Schwarz ist der Vater von Dieter Schwarz und führte bis 1930 ein Lebensmittelgeschäft mit dem Namen "Lidl & Co. Südfrüchtenhandlung".