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Kauf im Internet Kauf im Internet: Check: Wie Sie Plagiate erkennen können

Von Evelyn Steinbach 08.10.2015, 09:00
Dreistes Nachmachen: Küchenutensilien in lustiger Optik sind ebenfalls beliebt bei Markenpiraten. Sie werden einfach kopiert und verkauft. Links ist jeweils das Original zu sehen, rechts das Plagiat.
Dreistes Nachmachen: Küchenutensilien in lustiger Optik sind ebenfalls beliebt bei Markenpiraten. Sie werden einfach kopiert und verkauft. Links ist jeweils das Original zu sehen, rechts das Plagiat. Aktion Plagiarius e.V Lizenz

Wer sich für ein qualitativ hochwertiges Markenprodukt entscheidet, freut sich über einen Promotionspreis beim Händler. Dass so einem Schnäppchen eine Produktfälschung zugrunde liegen kann, merken viele erst, wenn zu Hause die Qualität nicht stimmt. Für Regressansprüche ist es dann häufig zu spät.

Vor allem dann, wenn die Ware online und aus dem Ausland bestellt wurde. „Gefälscht wird inzwischen fast alles, womit sich Geld verdienen lässt“, sagt Lennart Röer vom Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie in Berlin. Das können ganze Möbel sein oder nur Teile davon wie Scharniere. Wasserkocher werden ebenso gefälscht wie Motorsägen, aber auch Schrauben und Dübel.

Die meisten Aufgriffe des Zolls und der Aufsichtsbehörden betreffen Markenverletzungen. „Das Problem geht aber weit darüber hinaus“, sagt Röer. Denn auch Patente und Designschutzrechte werden massenhaft verletzt, seien aber viel schwieriger zu erkennen. Fast 100.000 Fälle von Produkt- und Markenpiraterie werden laut Tüv Süd jährlich an den EU-Außengrenzen festgestellt. Die Produktfälscher kümmern sich nicht um sicherheitsrelevante Prüfungen und täuschen bewusst mit nachgemachten Gütesiegeln.

Das Problem: Wenn zum Beispiel Haushaltsgeräte nicht ausreichend isoliert sind, giftige Stoffe enthalten und die Geräte beim Gebrauch auseinanderfliegen, bedeutet das Gefahr für Leib und Leben. „Wir hatten mal einen Fall, da wurden in einer Waschtischarmatur billige Bleirohre verwendet“, berichtet Christine Lacroix von der Aktion Plagiarius. „Beim Benutzen hätten die Verbraucher durch das unzulässig stark bleihaltige Wasser erkranken können.“ Die Aktion Plagiarius verleiht jährlich Preise für besonders dreiste Plagiate.

Doch was können betroffene Käufer bei Produktfälschungen tun?

„Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche gegenüber dem Originalhersteller bestehen natürlich nicht“, erklärt Röer. Gegen den Verkäufer der Fälschungen bestehen aber zumindest Ansprüche auf Gewährleistung. „Sie lassen sich aber schwer durchsetzen, wenn der Anbieter im Ausland sitzt oder mit falschen Adressen arbeitet.“ Denkbar wäre aber, dass der Verbraucher vom Verkäufer ein Originalprodukt statt der Fälschung fordert.

Zudem empfiehlt Röer das Stellen einer Strafanzeige bei der Polizei, etwa wegen Betrugs. Denn: „Nachahmer stammen nicht nur aus China, wie gemeinhin angenommen, sondern auch aus Deutschland und anderen europäischen Ländern“, betont Lacroix. Das zeigen ihre bislang prämierten Plagiarius-Preisträger.

Plagiate gibt es oft auf Märkten. „An den Ständen vor Ort sollten Produkt und Verpackung ganz genau angeschaut werden“, rät Lacroix. Ein schlechter Eindruck von Material und Verarbeitung, ein nicht korrektes Logo oder eine fehlende deutsche Gebrauchsanweisung sind Hinweise. „Aber Fälschungen sind äußerlich in den letzten Jahren besser geworden“, warnt Alexander Dröge vom Markenverband in Berlin. Fälscher wissen, dass Verbraucher hauptsächlich nach dem Aussehen kaufen.

„Das Internet ist der größte Vertriebskanal für Piraterie“, sagt Dröge. „Piraten bilden hier die Originalprodukte ab, verschickt werden aber die Gefälschten.“ Er empfiehlt, das Impressum der Seite anzuschauen. „Sitzt die Firma nicht in EU-Staaten, hat man womöglich noch nicht einmal die Möglichkeit, das Produkt umzutauschen – geschweige denn einen Hersteller für die Produkthaftung verantwortlich zu machen.“

Auch Lacroix rät, die Anbieter der Seite zu prüfen. Allgemeine Geschäftsbedingungen können auch Aufschluss über das Rückgaberecht geben. Ebenso empfiehlt sie, Online-Bewertungen über den Shop zu lesen. Und wie wirkt die Seite? Sind die Produktbeschreibungen fehlerhaft? Und der Preis? Ist er unrealistisch niedrig, sollte man letztendlich Abstand vom Kauf nehmen. Denn Preisdifferenzen von 50 Prozent und mehr zum Original-Herstellerpreis haben einen besonderen Grund, wie Dröge betont. Wenn es sich nicht um den Räumungsverkauf handelt, könne Piraterie dahinter stecken.

Zoll kassiert gefälschte Ware aus dem Ausland ein

„Wenn das Produkt zusätzlich noch aus dem Ausland geliefert wird, sollte man sich spätestens dann sicher sein, dass dies für keinen deutschen Markenhersteller ein wirtschaftliches Geschäft bedeutet“, betont der Markenexperte. Und Lacroix ergänzt: „Werden gefälschte Produkte außerhalb der EU bestellt und entdeckt der Zoll diese im Postverkehr, so wird die Ware einbehalten. Dann sind Geld und Produkt weg – ein schlechtes Geschäft für den Käufer.“

Wer auf Nummer sicher gehen will kauft im stationären Fachhandel. „Hier kann man davon ausgehen, dass Originalprodukte der Hersteller verkauft werden“, sagt Dröge. „Wer trotzdem online kauft, sollte sich auf die Seiten der großen Handelsfirmen begeben.“ Dort verkaufen seriöse Händler, gegen die man im Zweifelsfall auch Regressansprüche geltend machen kann. (dpa)

Ganze Möbel sind von Produktfälschungen betroffen, aber auch nur kleine Bestandteile, wie diese Möbelrollen. Links ist das Original zu sehen, rechts das Plagiat.
Ganze Möbel sind von Produktfälschungen betroffen, aber auch nur kleine Bestandteile, wie diese Möbelrollen. Links ist das Original zu sehen, rechts das Plagiat.
Aktion Plagiarius e.V. Lizenz
Gefälscht wird inzwischen fast alles. Auch Heißluftgebläse sind betroffen. Links sind die Originale, rechts die scheinbar identischen Fälschungen.
Gefälscht wird inzwischen fast alles. Auch Heißluftgebläse sind betroffen. Links sind die Originale, rechts die scheinbar identischen Fälschungen.
Aktion Plagiarius e.V Lizenz
Das gleiche Sofa? Nein, links ist das Original eines Markenherstellers zu sehen und rechts das Plagiat.
Das gleiche Sofa? Nein, links ist das Original eines Markenherstellers zu sehen und rechts das Plagiat.
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