Sprit vom Acker Sprit vom Acker: Kraftstoffe erhalten künftig Bio-Beimischungen

Bochum/Hamburg/dpa. - Bisher war die Sache einfach: Benzin und Diesel wurden aus Erdöl hergestellt. Einzige Ausnahme bildete der so genannte Bio-Diesel aus Raps, der aber über ein Randgruppen-Dasein kaum hinaus kam. In diesem Jahr ist nun Umdenken angesagt. Künftig sollen mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie alle Kraftstoffe mit Bio-Beimischungen angereichert werden. Derzeit allerdings herrscht bei den Mineralölkonzernen noch Unklarheit, wie dies schlussendlich zu bewerkstelligen ist. Und: Dass der Sprit durch die Bio-Zusätze billiger wird, ist entgegen ersten Vermutungen nicht zu erwarten.
Laut Peter Hemschik vom ADAC in München besagt die EU-Richtlinie zur «Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor», dass die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2005 einen Mindestanteil der Biokraftstoffe von zwei Prozent erreichen sollen. Als Höchstgrenze im Kraftstoff gilt der Wert von fünf Prozent. «Wenn diese Grenze überschritten wird, ist es nach der Kraftstoffqualitätsverordnung kein Benzin oder Diesel mehr», so Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Hamburg.
Dass die Spritpreise sinken, vermuteten manche Experten, weil in Folge des geänderten Mineralölsteuergesetzes künftig alle Biokraftstoffe von der Steuer befreit sind. Bislang galt das nur für Pflanzenöle. Daher soll nicht nur normaler Diesel mit Bio-Teilen ergänzt, sondern auch Benzin mit reinem Alkohol - Ethanol - angereichert werden. Laut Hemschik kursierten zunächst Gerüchte um einen bis zu 16 Cent günstigeren Literpreis. Doch der Experte winkt ab: «Es wird für den Autofahrer im Endeffekt nicht billiger werden.»
«Es ist ja nicht nur der Kraftstoff der Geld kostet, sondern auch die Logistik», sagt Rainer Winzenried von Shell in Hamburg. «Gegenwärtig ist noch nicht klar, ob die Mehrkosten durch die steuerliche Förderung ausgeglichen werden.» Nach Angaben der Unternehmen müssen die neuen Kraftstoffe zum einen extra gelagert werden, zum anderen muss es eine Anlage für das Mischen geben.
Hinzu kommt, dass die biologischen Stoffe eine unangenehme Eigenschaft haben. Laut Gerd Lottsiepen vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Berlin kann Rapsöl Wasser ziehen. Bei der Lagerung muss also darauf geachtet werden, dass dieses eben nicht passiert - Wasser tut Motoren und Tank schließlich nicht gut.
Daneben geht es noch um die Verfügbarkeit der biologischen Kraftstoffe. «Der Kraftstoffabsatz in Deutschland liegt bei etwa 53 Millionen Tonnen», sagt Shell-Mitarbeiter Rainer Winzenried. Sollten fünf Prozent davon vom Feld kommen, wären das also 2,65 Millionen Tonnen. «Bei Rapsöl für die Zumischung im Diesel gibt es schon bestimmte Mengen», sagt Detlef Brandenburg von Aral in Bochum. Schwieriger sieht es demnach beim Ethanol für Benzin aus.
Hier stehen in Deutschland keine ausreichenden Mengen zur Verfügung. Und der Import des notwendigen reinen Alkohols ist nach Aussage der Unternehmen mit hohen Zöllen belegt. Ohnehin wird davon ausgegangen, dass der künftige Kraftstoffpreis eben auch davon abhängt, wie viel der biologischen Zusätze verfügbar ist - und zu welchem Preis.
Insgesamt dürften Dieselfahrer schneller den Bio-Misch-Kraftstoff im Tank haben, als Lenker eines Wagens mit Benzin-Motor. «Wir werden die Beimischungen beim Diesel machen, weil es da relativ unproblematisch ist», sagt Burkhard Reuss von Total in Berlin. «Bei Benzin haben wir noch keine konkreten Pläne. Wir haben da auch auf der Qualitätsseite gewisse Bedenken.»
Und so sehr der Begriff Bio auf Umweltfreundlichkeit hinweist, gilt das nicht ohne Einschränkungen. «Es gibt bei den Kraftstoffen einerseits Vorteile bei den meisten Schadstoffemissionen», sagt Peter Hemschik vom ADAC. «Allerdings sind die Stickstoffemissionen etwas höher.» Außerdem müssten Rapsfelder regelmäßig gedüngt werden.
«Grundsätzlich ist es richtig, dass man auf Beimischungen von nachwachsenden Rohstoffen setzt», sagt Gerd Lottsiepen. Er weist aber darauf hin, dass die Landwirte nicht aus Freude über die neue Einnahmequelle im Übermaß Pflanzen wie Raps für die Kraftstoffproduktion anbauen sollten. «Es muss darauf geachtet werden, dass nicht die ganze Republik gelb wird.»
Und dann plagt die Benzin- und Diesel-Mischer noch ein ganz anderes Problem: «Es ist noch nicht geklärt, wie die Anteile der Bio-Beimischungen gemessen werden können», sagt Barbara Meyer-Bukow vom MWV. Demnach lässt sich zwar beim Mischvorgang messen, wie viel von beiden Teilen zusammen kommt. «Wenn beide sich vermengt haben, kann man es nicht mehr so einfach nachweisen.»
Doch auch wenn die Probleme derzeit noch groß erscheinen - der Misch-Kraftstoff wird kommen. Zwar halten sich die Produzenten in Hinblick auf Termine noch bedeckt. Doch wahrscheinlich sprudeln die Mischungen noch in der ersten Jahreshälfte aus den Tanksäulen.