Messe Messe: Weltneuheiten und Kopien auf der «Auto China»

Peking/dpa. - Der Messezirkus der internationalenAutomobilindustrie hat eine neue Station: Weil sich nach den Wortenvon VW-Chef Wolfgang Bernhard die «Räder derzeit nirgends schnellerdrehen als in China» gewinnt der fernöstliche Branchengipfel «AutoChina» (18. bis 26. November) in Peking zunehmend an Bedeutung. «Vonhier aus schauen die westlichen Marken nach Osten und die Chinesennach Westen», sagt Nick Margetts, Geschäftsführer desMarktbeobachters Jato Dynamics in Limburg.
«Insbesondere die deutschen Hersteller orientieren sich dabeiimmer stärker an den Bedürfnissen der chinesischen Kunden», sagt derMarktforscher und verweist vor allem auf den VW-Konzern, derStatistiken aus China zufolge den Markt mit seinen lokalenKooperationspartnern dominiert. VW feiert auf der Messe gleich einedoppelte Premiere: Zum ersten Mal zeigt die Marke eine Studie alsWeltneuheit, die komplett von den VW-Kollegen in Schanghai entworfenwurde. Der ebenfalls als Neuheit gefeierte Magotan dagegen ist nichtsanderes als der in Europa bekannte Passat.
Die neue Studie trägt den Namen Neeza und ist eine Kombination ausCoupé, Sport- und Geländewagen: Deutlich kleiner als etwa der Auto Q7aber höher als der Passat Variant bietet das Konzeptfahrzeug entgegender Fahrtrichtung angeschlagene Hecktüren und einen hellen Innenraum,in dem die vorderen Sitze bei einer Pause gedreht werden können.
Auch BMW hat eine Neuheit im Programm, die nach Angaben desHerstellers allein für den chinesischen Markt gedacht ist. Mit einemim Radstand um 14 Zentimeter verlängerten 5er kommen die Bayern demerhöhten Raumbedarf der Chinesen entgegen, die Limousinen diesesFormats häufig als regierungs- oder Chauffeursfahrzeug einsetzen. Neuist die Idee der Stretch-Version allerdings nicht, denn Audi verkauftnach Angaben von Sprecher Joachim Cordshagen bereits die zweiteGeneration des ausschließlich in China erhältlichen A6L, bei demebenfalls der Radstand verlängert wurde.
Die dritte deutsche Messepremiere in Peking ist der Maybach 62S,bei dem die Leistung des Zwölfzylinders laut Sprecher Stefan Diehl umgut zehn Prozent auf 450 kW/612 PS angehoben wurde. Auch dieseNeuheit wird nicht ohne Grund in China präsentiert: Denn in denMillionenstädten des Milliardenreiches gibt es laut MarktforscherMargetts eine wachsende Zahl reicher Menschen.
Neben diesen Autos aus Deutschland sieht man beim Rundgang durchdie Messehallen auch eine Reihe unbekannter Modelle europäischerMarken. So präsentiert etwa Fiat in Peking ein winziges Stufenhecknamens Perla, und bei Citroën gibt es einen C2, den man in Europa nurals Peugeot 206 kennt. Außerdem verkaufen die Franzosen im fernenOsten die Limousine C-Triomphe, die an einen verlängerten C4 mitStufenheck erinnert. Ebenfalls für westliche Augen ein neues Bildbietet der Nissan Geniss, für den die Japaner den Note verlängert undum eine dritte Sitzreihe ergänzt haben.
Die Messe in der chinesischen Hauptstadt ist aber kein reines Gipfeltreffen der Importeure: Weil das Land nach Angaben desinternationalen Automobilherstellerverbandes mit einer Produktion von3,6 Millionen Fahrzeugen allein im ersten Halbjahr 2005 vorDeutschland auf Platz drei in der Weltrangliste vorgerückt ist,bestimmen längst die heimischen Hersteller das Bild. Auch wenn vielevon ihnen bereits den Export in die USA oder nach Europa angekündigthaben, zeigen sie daheim für westliche Augen zum Teilgewöhnungsbedürftige Fahrzeuge vom Kleinwagen bis zur Luxuslimousine.
Dabei werden die Chinesen häufig dem Klischee vom hemmungslosenIdeenklau gerecht. So trägt etwa das BYD-Cabriocoupé F8 die nahezuunveränderte Frontpartie der Mercedes C-Klasse. Der von Great WallMotors präsentierte Peri geht als Kopie des Fiat Panda durch, und denFlorid des gleichen Unternehmens kann man leicht mit dem Toyota Yarisverwechseln. Ebenfalls inspirieren lassen haben sich die Designeroffensichtlich vom Hummer und von europäischen Oberklasse-Limousinen:Denn im neuen Flaggschiff der Edelmarke «Rote Fahne» finden sichsicherlich nicht umsonst viele Zitate von BMW und Bentley, währendder Ssangyong Chairman den Spuren der alten S- und E-Klasse folgt.
«Allerdings dürfen diese Imitate nicht darüber hinwegtäuschen,dass die Chinesen von Jahr zu Jahr besser werden», sagtBranchenexperte Margetts und verweist auf geringere Spaltmaße, diesteigende Qualität im Innenraum und die immer bessere Ausstattung.«Was die Koreaner oder die Japaner in fünf bis zehn Jahren geschaffthaben, machen die Chinesen mit einem Generationswechsel.»