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13,8 Mio Rückrufe 13,8 Mio Rückrufe: Experte erklärt das Desaster von General Motors

23.05.2014, 14:22

GM leidet seit Jahresbeginn unter millionenfachen Rückrufen wegen diverser Mängel. Das geht auch ins Geld. Der Konzern veranschlagt für alle in diesem Jahr verkündeten Reparaturen 1,7 Milliarden Dollar (1,2 Mrd Euro), wovon 400 Millionen Dollar auf die Rückrufe des zweiten Quartals entfallen.

Zusätzlich hat die US-Verkehrssicherheitsbehörde GM nach einer Reihe tödlicher Unfälle wegen mangelhafter Zündschlösser eine Strafe von 35 Millionen Dollar aufgebrummt. GM habe die Mängel zu spät gemeldet, hieß es zur Begründung. Weil ein Schalter zu schwach ausgelegt ist, kann der Zündschlüssel zurückspringen. Das schaltet neben dem Motor auch Bremskraftverstärker, Airbags und Servolenkung aus.

Lange Zeit untätig geblieben

Hinweise auf das Zündschloss-Problem existieren schon seit einem Jahrzehnt, wie aus zwischenzeitlich veröffentlichten Unterlagen hervorgeht. Die lange Untätigkeit hat dem Konzern heftige Kritik eingebracht. General Motors selbst bringt 13 Unfalltote mit dem Defekt in Verbindung.

Die GM-Firmenveteranin Mary Barra wird Chefin. Sie ist die erste Frau, die einen Autokonzern führt.

GM ruft in Nordamerika die ersten 778.000 Wagen wegen Problemen mit den Zündschlössern zurück. Der Schlüssel kann bei voller Fahrt in die „Aus“-Position zurückspringen. GM berichtet von sechs Toten bei Unfällen.

GM weitet den Rückruf auf weltweit 1,6 Millionen ältere Wagen aus. In Europa sind einige Tausend Roadster Opel GT betroffen. Das Unternehmen räumt erste Versäumnisse ein. Nun ist die Rede von 13 Unfalltoten. Verbraucherschützer kommen auf weit höhere Zahlen.

Aus internen Vermerken geht hervor, dass GM-Ingenieure schon 2001 während der Fahrzeugentwicklung über Probleme mit den Zündschlössern berichteten.

GM ruft weitere Autos wegen anderer Defekte zurück, etwa wegen Airbag-Ausfällen. Auch aktuelle Modelle sind nun betroffen. Wegen der Zündschlösser gehen die ersten Klagen von Unfallopfern und Autobesitzern ein, die den Wert ihrer Wagen geschmälert sehen.

GM ruft nun auch 1 Million Fahrzeuge neuerer Baujahre wegen der defekten Zündschlösser zurück. Damit steigt die Gesamtzahl für diesen Defekt auf 2,6 Millionen.

Bei zwei Anhörungen im US-Kongress wird Barra scharf angegangen. Antworten auf die Kernfrage, warum GM so lange mit dem Rückruf der Zündschlösser zögerte, hat sie jedoch nicht.

GM beurlaubt zwei Ingenieure wegen der Zündschlösser. Zwei Wochen später wird die Entwicklungsabteilung umgebaut und deren Chef scheidet aus. Zwischenzeitlich gehen auch die Personalchefin und der Kommunikationschef.

GM erleidet einen Gewinneinbruch, nachdem sich die veranschlagten Kosten für die Reparaturen im ersten Quartal auf 1,3 Milliarden Dollar summiert hatten.

General Motors muss 35 Millionen Dollar an Strafe zahlen. Die Verkehrssicherheitsbehörde sieht es als erwiesen an, dass der Autobauer sie zu spät über die Zündschloss-Probleme informiert hat.

General Motors startet die Rückrufe Nummer 28 und 29 in diesem Jahr. Die Kosten klettern auf insgesamt 1,7 Milliarden Dollar.

Bei den neusten Rückrufen - Nummer 28 und 29 - geht es um den Chevrolet Aveo und Optra der Modelljahre 2004 bis 2008. Hier kann es zu einer Überhitzung des Steuermoduls für das Tagfahrlicht kommen und dadurch schlimmstenfalls zu einem Brand. Ob auch Fahrzeuge im Ausland dieses Problem haben, war zunächst unklar. Damit hat GM allein in den USA bereits 13,8 Millionen Fahrzeuge zurückgerufen. Und auch viele andere Hersteller mussten Modelle zurückrufen.

Handelt es sich um ein Branchenproblem?

Ferdinand Dudenhöffer: Dieses Jahr hatte General Motors fast 30 Rückrufe mit knapp 14 Millionen Fahrzeugen in vier Monaten angekündigt. So viele Rückrufe in so kurzer Zeit deuten auf ein GM-spezifisches Problem hin. Man hat es sträflich vernachlässigt, Dinge zu überprüfen und Fehlern nachzugehen, von denen man vermutlich wusste, sonst wäre man nicht vor den Kongress zitiert worden, sonst hätte man auch nicht die Millionen-Strafe akzeptiert. Das frühere GM-Management scheint hier sehr fahrlässig gearbeitet zu haben.

Auf der nächsten Seite lesen Sie, warum noch mehr Rückrufe auf uns zukommen.

Wieso hat GM so lange gezögert?

Ferdinand Dudenhöffer: Es scheint, als hätte GM die Strategie gefahren, 'die Zeit wird es heilen'. In der Zeit nach der Insolvenz wurden möglicherweise zu viele Augen zugedrückt – und das obwohl man gesehen hat, welche Probleme Toyota durch die Verzögerung seiner großen Rückrufaktionen in den USA bekommen hat.

Kommen noch mehr Rückrufe?

Ferdinand Dudenhöffer: Ich vermute, dass wir hier noch mehr „Aufarbeitung“ von Altlasten in den nächsten Monaten sehen werden. Wenn man in vier Monaten fast 30 Rückrufe hat, dann wird man sich jetzt alles angucken.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie, ob auch Deutsche Autofahrer betroffen sind.

Besteht eine Gefahr für Deutsche Autofahrer?

Ferdinand Dudenhöffer: Die Fahrzeuge die es hier gibt, sind andere Fahrzeuge. Es sind unterschiedliche Modelle, Prozesse, Produktionsteile und Zulieferer. Da besteht keine Gefahr.

Was muss sich ändern?

Ferdinand Dudenhöffer: Die Strategie von Mary Barra ist richtig. Sie packt jetzt alles auf den Tisch. Die Autobauer haben erkannt, dass die Strategie 'Augen zu und durch' mit extremem Risiko verbunden ist. Bisher galt die Devise, wenn wir das Auto verkauft haben, haben wir damit nichts mehr zu tun. Das hat sich jetzt total geändert.

Die Komplexität des Automobils ist groß, Rückrufe werden sich nie ausschließen lassen. Das Problem ist, dass viel Zeit vergeht, bis Konstruktions-Fehler wirklich beim Autobauer ankommen. Da muss sich etwas ändern. Die Modul-Strategie (Mit dieser lassen sich verschiedene Autos aus demselben Komponentensatz fertigen) hat viele Ersparnisse aber auch viele Fehler und Risiko mit sich gebracht. (mit Material der dpa)

GM ist nicht alleine, auch andere Hersteller hatten Probleme. Sehen Sie hier die Rückrufe der Autobauer.

GM bekam von der Öffentlichkeit und der Politik viel Gegenwind. Der Konzern muss 35 Millionen Dollar Strafe zahlen.
GM bekam von der Öffentlichkeit und der Politik viel Gegenwind. Der Konzern muss 35 Millionen Dollar Strafe zahlen.
dpa Lizenz