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Vom Osten abgekupfert Vom Osten abgekupfert: Diese DDR-Songs haben "Wessis" nachgesungen

Von Janine Gürtler 19.03.2015, 11:41

Halle (Saale) - "Über sieben Brücken musst du gehen". Mit dieser berühmten Liedzeile bringen die jüngeren Generationen unweigerlich Sänger Peter Maffay in Verbindung. Erst im zweiten Atemzug fällt so manchen noch ein: Hinter dem Welthit steckt eigentlich ein ganz anderer. Herbert Dreilich - Sänger der ostdeutschen Rockgruppe Karat - nahm den Song innerhalb von nur zwei Stunden in einem mickrigen Übertragungswagen auf. Dass er später zum Welthit werden sollte, hatte damals noch keiner geahnt. Als das Lied am 30. April 1978 mit dem Abspann des gleichnamigen Fernsehfilms verklang, klingelten im Fernsehstudio aber schon die Telefone Sturm. Ob Ost- oder West-Bürger, jeder wollte wissen, wo man den Titel kaufen könne.

Kein Auftritt im Westfernsehen

"Über sieben Brücken musst du gehn" wurde zur Erfolgsnummer von Karat schlechthin und gehört noch heute zu den populärsten deutschsprachigen Liedern überhaupt. Über hundert Interpreten - darunter auch Chris de Burgh und Helene Fischer - haben das Lied mittlerweile gecovert, in über 30 Sprachen ist der Song übersetzt worden. 1980 sang auch Peter Maffay über "Sieben Brücken" - auf der anderen Seite der Mauer. In seiner Version wurde das Lied noch bekannter, wodurch viele Hörer auch heute noch zuerst Peter Maffay mit dem Hit in Verbindung bringen.

Das ist alles nur geklaut

Und nicht nur Karat erging es so, auch bei anderen ostdeutschen Bands und Solo-Künstlern bedienten sich ihre westdeutschen Kollegen nur zu gerne. Beispiele gefällig?

Komiker Hugo Egon Balder schmetterte sich 1985 mit Wolfgang Lipperts "Erna kommt" in die Hitparaden.

Drafi Deutscher besang 1982 die "Blumen aus Eis" von Karat. Und Matthias Reim bediente sich 2013 bei Karussell ("Als ich fortging"). Nicht alle waren dabei jedoch so erfolgreich wie das Original. Karussell zum Beispiel feierte mit dem Original größere Erfolge als Matthias Reim - was die Karussell-Sänger Dirk Michaelis und Reim jedoch nicht davon abhielt, auch gemeinsam auf der Bühne zu performen.

Auch heute noch covern die Stars DDR-Songs

Nach dem Mauerfall ging es mit den Karrieren vieler ostdeutscher Musiker langsam aber stetig bergab. Selbst etablierte DDR-Bands wie Karat oder die Puhdys konnten sich gegen die Konkurrenz westdeutscher Größen wie Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer kaum durchsetzen. Das Album "Balance" von Karat verkaufte sich zehn Jahre nach der Wende keine 8.000 Mal. Eine Ausnahme: Die Prinzen aus Leipzig, die nach der Wiedervereinigung einen kometenhaften Aufstieg feierten.

Aber auch heute sind DDR-Songs noch so manchem Künstler ein Cover wert: Scooter hat Citys Kulthit "Am Fenster", mit der die Band 1978 Musikgeschichte schrieb, mit hartem Technosound neu interpretiert. Heino hat 2013 den Hit "Kling Klang" der Band Keimzeit aus dem Jahr 1993 in seinem Album noch einmal für sich entdeckt.

Nicht immer treffen die Coverversionen den Geschmack der breiten Masse, viele Fans der DDR-Bands sind sich einig: Das Original ist besser! Die wiederum fühlen sich aber manchmal auch geschmeichelt. Die Jungs von Keimzeit machten auf ihrem Facebook-Profil sogar Werbung für die neue Platte der Schlagerlegende.

Mittlerweile spielt das Etikett "Ost" und "West" aber auch im Musikbusiness längst keine Rolle mehr. Ob Rammstein oder Silbermond, Tokio Hotel oder In Extremo - sie alle sind gesamtdeutsche Stars und auch im Ausland sehr erfolgreich. (mz)