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Der Island-Krimi

26.10.2016, 22:01
Solveig Karlsdóttir (Franka Potente) trifft ihre Jugendliebe Binni (Felix Klare) wieder. Foto: ARD Degeto/NDF/
Solveig Karlsdóttir (Franka Potente) trifft ihre Jugendliebe Binni (Felix Klare) wieder. Foto: ARD Degeto/NDF/ epa PA

Berlin - Die Krimi-Flut im deutschen Fernsehen wird immer größer, und mittlerweile spielen sie nicht nur in Istanbul oder Venedig, sondern auch in Kroatien, Bozen, Athen, Tel Aviv, Zürich und demnächst auch in Lissabon. Jetzt kommt ein weiteres Format hinzu, das den Zuschauer nach Island verschlägt, und so heißt die neue Reihe im Ersten denn auch „Der Island-Krimi”.

Die erste Folge mit dem Titel „Der Tote im Westfjord” ist an diesem Donnerstag (20.15 Uhr) zu sehen, die zweite Folge („Tod der Elfenfrau”) eine Woche später, am 3. November.

Hauptfigur beider Filme ist Solveig Karlsdóttir (Franka Potente), eine erfolgreiche Krimiautorin in der isländischen Hauptstadt Reykjavik - was eher an ihrer blühenden Fantasie liegen mag als an der Realität, denn auf Island gibt es lediglich zwei Morde pro Jahr. Als Solveig zu Besuch zu ihrer Mutter (Hildegard Schmahl) an die Westfjorde fährt, entdeckt sie nach einer Liebesnacht mit einem Studenten die Leiche eines Jugendfreundes im Hafenbecken des kleinen Fischerorts.

Polizeichef Villi (Helgi Björnsson) - der zwar verheiratet ist, aber Solveig zu gerne privat treffen würde - glaubt an einen tragischen Unfall. Doch die misstrauische Krimiautorin stellt alsbald eigene Nachforschungen an, bis eine weitere Leiche auftaucht und ihre Jugendliebe Binni (Felix Klare) unter Tatverdacht gerät.

Neben der Krimihandlung gibt es noch einen privaten Strang in den Filmen: Solveig sieht in ihrer Fantasie regelmäßig ihre Zwillingsschwester, die vor vielen Jahren ums Leben gekommen ist. Diese mystischen Szenen werden gut integriert, und die Musik der isländischen Independent-Musikerin Sóley passt vortrefflich dazu.

Kameramann Lars R. Liebold findet düstere, traumhafte und atmosphärische Bilder - von Gletschern, Wasserfällen und vom Himmel. Zu sehen sind viele ruhige Momente. Da kann man dann auch getrost darüber hinwegsehen, dass eine Krimiautorin natürlich nicht einfach so ermitteln darf, noch nicht einmal im nahezu mordfreien Island. Franka Potente (42, „Lola rennt”, „Der Krieger und die Kaiserin”) spielt die Isländerin glaubhaft, mit einem feinen Gespür für Dinge, die einfach anders sind, als sie scheinen, und die von anderen womöglich gar nicht wahrgenommen werden.

Ihr Ehemann Derek Richardson - mit ihm und ihren beiden kleinen Töchtern lebt sie in Los Angeles - spielt Solveigs Bruder Árni. „Solveig hat keine Familie und keine Kinder. Sie doziert an der Uni und schreibt Kriminalromane. Sie ist jemand, der in seiner eigenen Welt lebt”, sagte Potente der Deutschen Presse-Agentur. „Die Morde, die geschehen, reißen sie aus dieser Welt heraus, und sie wird vollkommen unerwartet zu einer eher untypischen Ermittlerin.”

Sie ist auch äußerlich unkonventionell mit ihrer bunten Kleidung und farbigen Strähnchen - kurzum: unperfekt, liebenswert, schnoddrig. Ihr natürliches Gesicht passt gut zur kargen Landschaft im Film. Franka Potente antwortet auf die Frage, ob Solveig als eigenwillige, spröde aber auch mutige Frau rüberkommt oder ob das nur Fassade ist: „Ich glaube tatsächlich, dass das eher eine Fassade ist. Es gibt durchaus Momente, in denen sie einbricht, unsicher ist und noch offene Fragen hat. In solchen Momenten wirkt sie fast kindlich.”

Regisseur Till Endemann („Das Programm”) hat die beiden Krimis in einem Mix aus Deutsch, Englisch und Isländisch gedreht, und er hat wohl gut recherchiert: Zur Begrüßung sagt man stets „Hej”, die Menschen duzen sich beim Vornamen, man kennt sich, gibt sich geradeheraus, aber wortkarg, furchtlos und vor allem dickköpfig. Die Besetzung ist stimmig, vor allem Hildegard Schmahl liefert eine charismatische Glanzleistung ab. „Ich bin eine schreckliche Tochter, nicht?” fragt Solveig einmal ihre Mutter, doch die lächelt nur milde - im Grunde ist sie stolz auf sie. Eigentlich hätte sie auch den Spruch eines Fischers sagen können: „Das Leben bleibt nirgendwo dasselbe, und wir wohl auch nicht”. (dpa)