"Anne Will" "Anne Will": AfD-Chefin bei Frauke Petry outet sich als DDR-Nostalgikerin

Berlin - Offiziell hat Anne Will hat eingeladen, um über das Integrationsgesetz der Bundesregierung zu diskutieren. Aber weil dabei auch die AfD-Vorsitzende Frauke Petry zu Wort kommt, funktioniert die Gastgeberin ihre eigene Sendung um: zu einem kurzen Tribunal über deren Partei. Dabei gibt es eine kleine Überraschung.
Der Anlass der Debatte ist konkret: In zwei Wochen will die Bundesregierung ihr Integrationsgesetz verabschieden. Anne Will hat das Thema ihrer jüngsten Sendung am Sonntag Abend etwas weiter gefasst: „Integration per Gesetz – Wer soll zu Deutschland gehören?“
Die Fronten sind klar. Mit dem Grundsatz „Fordern und Fördern“, der nicht zufällig an die Leitlinie der Hartz-Reformen für die Arbeitsmarktpolitik erinnert, können im Grund alle Teilnehmer etwas anfangen: an der Spitze selbstverständlich Innenminister Thomas de Maizière, der das Projekzt zu verantworten hat. Aber auch Lamya Kaddor, die frühere Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes. Der Migrationsforscher Ruud Koopmans, der Angela Merkels Flüchtlingspolitik als Desaster kritisiert hat, sieht darin immerhin einen Schritt in die richtige Richtung. Er hätte gern noch mehr und schärfere Sanktionen.
Bartsch sieht Misstrauensbekundung gegen Flüchtlinge
Selbst Dietmar Bartsch von der Linkspartei könnte sich dafür erwärmen, wenn die Regierung genügend für das „Fördern“ unternähme. Das tut sie aus seiner Sicht aber nicht. Über die vielen Sanktionen hinaus, die das Gesetz für Menschen bereit hält, die Integrationsangebote nicht annehmen, sieht er darin aber vor allem eine große, grundsätzliche Misstrauensbekundung gegenüber Flüchtlingen, die vor Not und vor allem Krieg in die Bundesrepublik kommen.
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry will dagegen kein Integrationsgesetz, sondern ein Aufenthaltsrecht, das möglichst viele Flüchtlinge von Deutschland fernhält. De Maizière hält ihr entgegen, dass es ein solches Recht hierzulande bereits gebe.
Schnell kommt die Diskussion auf jenen Punkt, auf den derlei Debatten meistens kommen: den Islam. De Maizière findet, das arabische Muslims schwerer zu integrieren seien als etwa türkische, Koopmanns und Petry meinen, der Islam, insbesondere der konservativ geprägte sei grundsätzlich ein Integrationshindernis. Die liberale Muslima Kaddor bestreitet Probleme mit der Integrationsfähigkeit von Angehörigen ihrer Religionsgemeinschaft nicht grundsätzlich, macht aber nicht die Religion selbst dafür verantwortlich, sondern mangelnde Bildung und soziale Fragen.
Anne Will will Petry vorführen
So plätschert die Diskussion routiniert dahin, wie viele Diskussionen dieser Art. An zwei Punkten aber wird es interessant. Der eine betrifft den Innenminister, der andere die AfD-Vorsitzende. Beide versucht Anne Will auf unterschiedliche Weise vorzuführen.
Von Thomas de Maizière will sie wissen, ob es bei dem Gesetz darum gehen, „dass möglichst viel zu uns gehören“ dürften, so wie das die Kanzlerin ja einmal nahegelegt habe. Der CDU-Politiker wittert darin nicht zu Unrecht die Falle der Frage nach einer in der Union höchst umstrittenen Höchstgrenze für die Integrationsfähigkeit. Ihr weicht er aus und sagt, er wolle, dass „die bleiben, die eine Bleibeperspektive haben“. So viel ist damit immerhin klar: De Maizière drückt sich. Ein Punkt für Will.
Mit Petry hat die Moderatorin mehr vor. Sie will zeigen, dass die AfD-Politikerin nicht nur islamfeindlich ist, sondern auch, dass sie über etwas rede, von dem sie keine Ahnung hat. „Sie haben sich doch mit dem Islam beschäftigt“, leitet sie eine Frage ein, um Petry dann zu examinieren, ob sie bestimmte Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung über gemäßigte Sunniten kenne. Die Textkenntnis der AfD-Politikerin ist – wie erhofft – mäßig.
Petry ist zwar nicht souverän genug, sich dieser Fragestellung zu entwinden, wie es de Maizière geschafft hat. Aber es wird doch deutlich, dass die Moderatorin sie anders behandelt als den CDU-Politiker. Nach diesem Auftakt lässt Anne Will das angekündigte Thema ihrer Sendung am Ende ganz hinter sich: Es geht nur noch um die AfD, ihr Programm und ihr Verhältnis zu den Muslimen.
Petry schätzt DDR-Bildungssystem
Dass die Partei diese nicht besonders schätzt, war auch vorher bekannt. Interessant ist aber, dass nach Meinung der AfD-Vorsitzenden in der DDR eben doch nicht alles schlecht gewesen sei. Dort habe es in der Schule einen allgemeinen „religionswissenschaftlichen Unterricht“ gegeben, die religiöse Unterweisung der Kirche sei aber außerhalb in der „Christenlehre“ erfolgt. Ein Modell für heute, ob Christentum oder Islam - findet Petry, die allerdings betont, dass dies nicht die Meinung ihrer Partei sei.
Bleibt die Frage, ob dies Bekenntnis die Moderatorin überrascht hat, oder ob Anne Will die AfD-Vorsitzende gar nicht als Feindin des Islam bloßstellen wollte – sondern als Nostalgikerin der generell religionsfeindlichen DDR.