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Semperoper Semperoper: Eine rauschende Ballnacht in Dresden

Dresden/dpa. - Schaulustige beobachteten das Defilee der in edle Roben gehüllten Damen und in Frack oder Smoking gekleideten Herren. Die Kosten von rund 1,1 Millionen Euro sind über Einnahmen refinanziert. Die Ticketpreise lagen bei 120 bis 1200 ...

13.01.2006, 21:31
Zum ersten Semperopernball nach 67 Jahren treffen sich am Freitag in Dresden 2.300 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Der Ball kostet 1,1 Millionen Euro. (Foto: dpa)
Zum ersten Semperopernball nach 67 Jahren treffen sich am Freitag in Dresden 2.300 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Der Ball kostet 1,1 Millionen Euro. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Schaulustige beobachteten das Defilee der in edle Roben gehüllten Damen und in Frack oder Smoking gekleideten Herren. Die Kosten von rund 1,1 Millionen Euro sind über Einnahmen refinanziert. Die Ticketpreise lagen bei 120 bis 1200 Euro.

Die Küche bleibt übrigens trotz deftiger Preise kalt. «Wir raten den Gästen, schon vorher zu Abend zu essen», sagt der Vorsitzende des Semper Opernball Vereins, Roland in't Veld.«Wir können nur kalte Speisen anbieten, nicht für 2000 Leute warmes Essen machen», bedauert der Direktor des Kempinski HotelTaschenbergpalais. An den VIP-Tischen im Saal und in den Logen sollen «umfangreiche Teller mit herzhaften Dingen» sowie mit Süßem kredenzt werden.

Im Kellerrestaurant gibt es ein Schlemmerbuffet, macht BallchefHans-Joachim Frey Appetit. Dort soll es nur kleine warme Speisengegen Bezahlung geben. «Dafür sind wir in besonderem Maße großzügig bei Getränkepreisen», sagt in't Veld. Wasser gebe es in Dresden kostenlos. Schließlich soll auf einem Ball vorwiegend getanzt werden. Hoch kocht indes die Gerüchteküche, wer hat Tische gekauft und wen eingeladen. Frey spricht von «Spitzen der deutschen Industrie und Prominenten».

Nur wenige Namen sind zu hören, Porsche-Chef Wendelin Wiedekinggehört dazu, ebenso Albert Darboven aus der Kaffeedynastie, Verleger-Gattin Liz Mohn, Tschechiens Außenminister Cyril Svoboda, Kanzleramtsminister Thomas de Maizière oder die Schauspieler Horst Janson und Suzanne von Borsody. Auch Schlagerstar Roberto Blanco darf nicht fehlen. Bis Freitag 12.00 Uhr müssen alle Gäste an den komplett verkauften Tischen namentlich benannt sein. Dann ist klar, wen Rolex und Juwelier Leicht eingeladen haben. «Sie haben den kompletten dritten Rang als eine Art Lounge», sagt Frey. Der Preis für die 70 Plätze: 60 000 Euro.

Insgesamt wurden knapp 2000 Sitzplätze im Saal, Rundfoyer sowieKellerrestaurant für je 200 bis 1200 Euro sowie 300 Flanierkarten (120 Euro) verkauft. «Wir sind finanziert», freut sich Frey. Eine Art Sponsoren seien jene Unternehmen, die Tische gekauft hätten. Die Oper, die jüngst mit Millionenschulden bundesweit Schlagzeilen machte, kostet der rund 1,1 Millionen Euro teure Spaß keinen Cent, sagt der Operndirektor. «Der Verein hat Bürgschaften aufgenommen.» Im Budget seien auch die Kosten für den Umbau des Saals, Technik und vier Schliesstage enthalten.

«Sonntag muss alles wieder an seinem Platz sein, dann ist 11 Uhr Konzert.» Die Vorbereitungen für den ersten Opernball seit 1939 dauerten zwei Jahre. Wer ohne Karten am historischen Ereignisteilhaben will, darf zum Volksfest auf den Theaterplatz. «Alle sind eingeladen, ab 18 Uhr vor der Oper zu feiern», sagt Frey. «Sie können den Eröffnungswalzer zum 800. Stadtjubiläum tanzen, Arien singen und das Defilee über den roten Teppich beobachten.» Dank Leinwandübertragung sind sie auch Open-Air-Zuschauer des Balls.

Für die Organisatoren ist er das gesellschaftliche Ereignis desJahres. Selbst vom Wiener Opernball kamen bereits Glückwünsche, sagt Frey. In den Jubel mischen sich auch kritische Stimmen. Anstoß erregt vor allem das Konzept. Hinter vorgehaltener Hand wird vom Zwei-Klassen-Ball gesprochen: Drinnen die Oberen Zehntausend und draußen die, die sich keine Karte leisten können. Die Vorwürfe kennt Frey nur zu gut. «Es ist wie bei der Frauenkirche: es können nicht alle rein.»

Eine Alternative zur rauschenden Ballnacht in schönen Robenliefert an diesem Abend das Staatsschauspiel nur wenige hundert Meter entfernt. Dort wird ein «Hartz IV-Musical» uraufgeführt. Darin wirkt der inzwischen überregional bekannte Dresdner «Chor der Arbeitslosen» aus der verbotenen «Weber»-Inszenierung mit. Frack und Smoking sind hier fehl am Platze - in der Oper dagegen Bedingung.

Den ersten Semperopernball nach 67 Jahren moderiert am Freitag (13.01.2006) in Dresden die Schauspielerin Senta Berger. (Foto: dpa)
Den ersten Semperopernball nach 67 Jahren moderiert am Freitag (13.01.2006) in Dresden die Schauspielerin Senta Berger. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild