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Krimi über die Sexualstraftäter von Insel Krimi über die Sexualstraftäter von Insel: Ein Thriller aus dem wahren Leben

Von Steffen Könau 20.08.2013, 06:42
Inspiration aus Insel
Inspiration aus Insel DPA Lizenz

Halle/MZ - An den Details hat er gefeilt, die grobe Story aber ist unverkennbar wahr. Marc-Oliver Bischoff, in Lemgo geboren und in einem kleinen Dorf am Stadtrand von München aufgewachsen, begibt sich im Nachfolger seines ersten Kriminalromans „Tödliche Fortsetzung“, für den er mit dem Glauser-Krimipreis ausgezeichnet wurde, ins nördliche Sachsen-Anhalt. Dort hatte ein engagierter Bürger zwei wegen Sexualstraftaten zu Sicherungsverwahrung verurteilten Männern nach deren Freilassung Asyl angeboten. Dort war daraufhin die Bevölkerung auf die Barrikaden gegangen, hatte demonstriert, protestiert und für eine Vertreibung der Männer Mahnwachen gehalten. Eine Szene, die Bischoff als Vorlage dient: Bei ihm sind es drei Sicherungsverwahrte, die freigelassen werden müssen, weil ihre weitere Inhaftierung als menschenrechtswidrig gilt. Und auch bei ihm ist es ein kleines Dörfchen, in das die überall ungewollten „Gefährder“ geraten, ohne selbst eine Alternative zu haben.

Die Polizeipsychologin Nora Winter, eigentlich nur beauftragt, den politisch Verantwortlichen ein handzahmes Gutachten über die drei Problemfälle zu liefern, gerät wider besseren Wissens in die akute Problemlage. Plötzlich kämpft sie nicht nur gegen ihre Vorgesetzten und gegen deren politische Vorgesetzte, sondern auch noch gegen ein ganzes Dorf. Und als Verbündeten hat sie nur einen zwielichtigen Tierarzt, dessen wahre Motivation der Leser früh erahnen kann.

Bischoff, Vater zweier Kinder und im Hauptberuf Technologieberater, hat sich für „Die Voliere“ etwas zu viel vorgenommen. Nora Winter spielt die Rolle der einsamen Kämpferin für Gerechtigkeit, während nebenher die Frage erörtert wird, was hier eigentlich für wen wie gerecht sein kann. Dazu werden die drei negativen Helden in deftigen Szenen vorgestellt. Im Örtchen wabern dunkle Geschäfte, der Ortsvorsteher kocht sein eigenes Süppchen und irgendwo ist auch noch ein Minister, der gern hätte, dass ihm ein möglichst schlimmer Vorfall rund um das gefährliche Trio in die Karten spielt.

Zu viel ist zu viel, und das hier ist mehr als nur ein wenig zu viel. Zwar schafft es Marc-Oliver Bischoff, das Tempo seiner Geschichte hoch zu halten und immer wieder überraschende Wendungen einzubauen. Auch sind die Teile des Buches, in denen er das bizarre Binnenverhältnis der drei lebenden Bomben und deren Sicht auf das sie umgebende Empörungsgebrüll samt Medienspektakel schildert, herausragend realistisch.

Doch irgendwo in der Mitte löst sich die Fiktion allzusehr von der realen Vorlage und was ein packender Thriller nach fast wahren Begebenheiten hätte werden können, gerät zu einem Buch, das zu viel auf einmal will.

Marc-Oliver Bischoff am 21.8. live: www.youtube.com/GrafitDo

Marc-Oliver Bischoff: Die Voliere, Grafit Verlag, 352 Seiten, 11,99 Euro
Marc-Oliver Bischoff: Die Voliere, Grafit Verlag, 352 Seiten, 11,99 Euro
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