Jubilar Jubilar: Der tschechische Autor Ivan Klima wird 75

Prag/dpa. - Die Biografie des tschechischen Autors, deran diesem Donnerstag 75 Jahre alt wird, spiegelt die politischenZeitläufe Mitteleuropas wider. «Wer als Kind im KZ war, gehtvermutlich ein bisschen anders durch das Leben», sagt Klima. «Wieeine Schnur lässt sich das Leben durchtrennen - so lautete für michals Kind die tägliche Lektion.»
In den vergangenen Jahrzehnten erwarb sich der Prager eher in denUSA und in Deutschland als in Tschechien einen bedeutenden Ruf alsErzähler, was vor allem am kommunistischen Regime an der Moldau lag.Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Klima durchaus Sympathie für dieGenossen der kommunistischen Partei. Hier wurde er wegen seinesStücks «Ein Schloss» schon als «Erneuerer des tschechischen Dramas»gefeiert. Doch 1967 warf er dem Regime in einer mutigen öffentlichenRede Machtmissbrauch vor, worauf er aus der Partei ausgeschlossenwurde und nach der Niederschlagung der Reformbewegung «PragerFrühling» in die USA ging.
Für viele überraschend, kehrte Klima drei Jahre später nach Pragzurück, um als Schriftsteller zu arbeiten. Dennoch musste er imAusland veröffentlichen, da er bis 1989 in der damaligenTschechoslowakei Publikationsverbot hatte. Seinen Lebensunterhaltverdiente Klima sich vor der politischen Wende unter anderem alsAutor von Trickfilmen und als Vermesser. An diese Tätigkeit erinnertein Bild in seiner Wohnung, das den von ihm geschätzten ErzählerFranz Kafka (1883-1924) als Landvermesser zeigt.
Die Ära des politischen Systemwechsels hat der Schriftsteller 1993in dem Buch «Warten auf Dunkelheit, warten auf Licht» zu beschreibenversucht. Die Reaktion auf den Roman könnte als Spiegel seinerKarriere dienen. Während in Deutschland Klimas «modefestesErzählhandwerk» gelobt wurde, bemerkten tschechische Blätterschlicht, das Buch sei offenbar «eher für den Export geschrieben».
Das Leben des Autors wurde entscheidend geprägt von seiner Zeit imböhmischen Getto Theresienstadt (Terezin), wo Klima drei Jahre seinerKindheit interniert war. Sein Verhältnis zu Deutschland nennt ertrotzdem «unverkrampft». Deutlich wurde dies bei der Diskussion überdie Mitgliedschaft von Günter Grass in der Waffen-SS. Als sich imtschechischen PEN-Club Stimmen regten, Grass eine Prager Auszeichnungabzuerkennen, riet Klima seinen Autorenkollegen nur: «Geht daraufnicht ein, das ist eine Dummheit.»
Wohl vor allem wegen der Qual im KZ beschäftige Klima sich immerwieder «leidenschaftlich mit dem Thema Gerechtigkeit». «Die darauserwachsenden Themen haben dank des Schicksals meines Landes nichts anAktualität eingebüßt», betont er. Entgegen des oft von Prager Medienverbreiteten Klischees, er habe resigniert, sehe er sich selbst alsOptimist. «Wer wiederholt zum Tode verurteilt wurde und überlebte,leidet entweder sein Leben lang an Paranoia oder an der durch dieVernunft keineswegs bestätigten Gewissheit, dass man alles überlebenkann und sich letzten Endes alles zum Guten wendet.»