Gedenkstätte Roter Ochse in Halle Gedenkstätte Roter Ochse in Halle: Schau zu Zwangsarbeit von DDR-Häftlingen in Sachsen-Anhalt

Magdeburg - Sie wurden zu schweren und gefährlichen Arbeiten gezwungen und konnten sich nicht dagegen wehren: Eine Ausstellung soll die Zwangsarbeit von DDR-Häftlingen auf dem heutigen Gebiet von Sachsen-Anhalt näher beleuchten. Voraussichtlich im November werde die Schau in der Gedenkstätte Roter Ochse in Halle öffnen, sagte die Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, Birgit Neumann-Becker, in Magdeburg. 2016 solle die Schau in verschiedenen Städten gezeigt werden. Das Projekt werde gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung gestemmt.
Die Ausstellung soll etwa die Rolle von Zwangsarbeitern im Chemiedreieck darstellen. Häftlinge hätten beispielsweise in der Chlorfabrik in Bitterfeld tief im puren Quecksilber stehend arbeiten müssen, sagte Neumann-Becker. Die regulären Arbeiter hätten sich geweigert, die Tätigkeiten auszuführen, zu denen die Häftlinge gezwungen wurden. Das Thema Arbeitssicherheit habe keine Rolle gespielt. Die Ausstellung greift Zeitzeugenberichte auf. Viele Zwangsarbeiter hätten starke gesundheitliche Schäden erlitten, andere seien schon gestorben.
Bis zu 30.000 Häftlinge mit Zwangsarbeit ausgebeutet
Andere Häftlinge seien in der Metallverarbeitung in Magdeburg eingesetzt worden, Insassen des Haftarbeitslagers Volkstedt im Kupferbergbau unter Tage, Raßnitzer Häftlinge hätten im Braunkohleabbau arbeiten müssen. Bei Quedlinburg habe es ein Frauenlager gegeben. Dazu, wie viele Häftlinge auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt von Zwangsarbeit betroffen waren, gibt es laut Neumann-Becker noch keine Zahlen.
Eine im Juni in Berlin vorgestellte Studie hatte ergeben, dass in der DDR jedes Jahr zwischen 15.000 und 30.000 Häftlinge mit Zwangsarbeit ausgebeutet wurden. Die Arbeit der Häftlinge habe eine wichtige wirtschaftliche Rolle gespielt, weil sie in Bereichen eingesetzt wurden, für die kaum zivile Arbeiter gefunden wurden.
Die Aufarbeitung der Zwangsarbeit politischer Häftlinge war erst Ende 2012 in Gang gekommen. Damals hatte der schwedische Möbelkonzern Ikea eingeräumt, seit den 80er Jahren vom Einsatz politischer Häftlinge für seine Möbelproduktion gewusst zu haben. Nach Schätzungen der Stasi-Unterlagen-Behörde wurden in den 80er Jahren mindestens 200 Millionen D-Mark (gut 102 Millionen Euro) jährlich mit Waren umgesetzt, die allein auf der Arbeit von Häftlingen beruhten. (dpa)