Franckesche Stiftungen Halle Franckesche Stiftungen Halle: Ein tierisches Vergnügen
Halle/MZ. - Und "Der americanische Faule", den wir heute als Faultier kennen, zeigt ein so entwaffnendes Lächeln, dass man sich fragt, warum eigentlich den Menschen und nicht den Faultieren das Schicksal der Welt in die Hände - oder besser: die Klauen - gelegt worden ist.
Selten und fremd
Das Staunen beginnt also, noch bevor man dieses Buchkunstwerk so richtig zur Kenntnis genommen hat, das die Franckeschen Stiftungen als Bildband unter dem Titel "Vorstellung mancherley fremder und seltener Thiere" dieser Tage vorgelegt haben. Begleitet von einer bis 17. April dauernden Kabinettausstellung in der historischen Bibliothek des Waisenhauses.
Dabei darf man das Titelwort "Vorstellung" in seiner Doppeldeutigkeit begreifen: als Vorführung nämlich und als Imagination. Nicht alle Tiere, die der Nürnberger Miniaturmaler Johann Daniel Meyer (1713-1757) um 1750 für das Volk zu Papier brachte, kannte er aus eigener Anschauung. Für den "Elephanten" oder das "Crocodil" griff der Künstler auf Bildvorlagen zurück. Oder auf fragwürdige Objekte wie im Fall der "Zwey gehörnte Hasen": Fabeltiere, die bis heute als "Rasselböcke" durch die menschlichen Wahnwelten springen. Meyer beruft sich im Fall dieser Tiere auf einen "ausgestopften Balg", den ein "Herr Klein" als Zeichnung überliefert hatte. Solcherart Monstren sind aber die Ausnahme bei Meyer, der sich als "Naturforschender Künstler" begriff, wie Brigitte Klosterberg, Leiterin des Studienzentrums August Hermann Francke und Herausgeberin dieses rundum schönen Buches, in ihrem Vorwort schreibt. Drei kommentierte Tierbilderbücher waren es, die Meyer von 1748 bis 1756 in Nürnberg auf den Markt trug. Bestseller mit dem Fadenwurmtitel "Angenehmer und nützlicher Zeit=Vertreib mit Betrachtung curioser Vorstellungen allerhand kriechender, fliegender und schwimmender, auf dem Land und im Wasser sich befindender und nährender Thiere ...".
Der "Zeit=Vertreib" war, neben aller aufklärerischen Ambition, wörtlich zu nehmen. Und gute Unterhaltung bieten die neu aufgelegten 32 Tier-Tafeln von "Papagey" bis "Zibet Kaze" allemal. Geboten werden jeweils: eine physische Ansicht, das Skelett des Tieres und ein Kommentar, in dem Kulturhistorisches, Mythologisches und Lebensweltliches stets ineinandergreifen.
Fabelhaft zum Beispiel: "daß der Igel auf die Bäume klettere, und die Früchte abschüttele, in denen er sich hernach wälze". Oder: "daß der Igel die Oeffnungen seiner Wohnung, nachdem ein Wind wehet, öffne oder schließe". Wohl wahr hingegen, dass "ein gebratener Hase" manchem Bürger "melancholisches Geblüt" machen kann. So ist sogar guter Rat in Meyers buntem Tierhäuschen abzuholen: Und das nicht nur zur Weihnachtszeit.