Film-Produktion Film-Produktion: Egoli Tossell wagt Neustart
BERLIN/DPA. - Von Hollywood in die Pleite und wieder zurück: Wenige Tage, nachdem sie für "Carlos - Der Schakal" in Los Angeles einen Golden Globe bekamen, standen die Filmproduzenten Judy Tossell und Jens Meurer vor dem Insolvenzrichter. Das war im Januar. Zwar hat der Insolvenzverwalter auch jetzt noch einige Wochen im Büro in Berlin das letzte Wort - die Produktionsfirma Egoli Tossell aber wagt schon jetzt den Neuanfang. In dieser Woche ist Drehbeginn für die britisch-deutsche Koproduktion "Song for Marion" mit Vanessa Redgrave, im Winter soll die erste Klappe für die Familien-Komödie "Lexi" mit Heike Makatsch fallen.
In 20 Jahren haben Tossell und Meurer rund 70 Filme gedreht, etwa "Der russische Sommer" über den Schriftsteller Leo Tolstoi mit Helen Mirren und Christopher Plummer, den Knef-Film "Hilde" mit Heike Makatsch und den Spielfilm "Russian Ark".
Obwohl von der Kritik hochgelobt, brachte der auch in Sachsen-Anhalt gedrehte "Carlos" über den Terroristen Ilich Ramírez Sánchez den Produzenten kein Geld. Zum Verhängnis wurde Jens Meurer (48) und Judy Tossell (45) der Ausstieg eines ausländischen Produktionspartners sowie die teure Finanzierung anderer Filme. "2010 war ein Horror-Jahr", sagt Jens Meurer. Dem Paar fehlte die Basis, um in der Krise zu bestehen. Dass das Politdrama jetzt auch noch für zwei Emmy-Preise nominiert wurde, nämlich für Regisseur Olivier Assayas und Hauptdarsteller Edgar Ramírez, bestärkt Meurer und Tossell darin, weiterzumachen.
Meurer, der in Südafrika aufgewachsen ist und dort zunächst Zeitungsreporter war, wollte immer nur Filme drehen. Die in England geborene Tossell kam 1989 nach Berlin, um Deutsch zu lernen. Sie gründete ihre Firma Tossell Pictures 1996, die dann 2001 mit Meurers Firma Egoli Film fusionierte.
Bei der deutschen Filmfinanzierung mit Dutzenden Fördertöpfen, teilweise überzogenen Kreditzinsen und hohen Vertriebskosten "waren wir am Ende der Nahrungskette", sagt Tossell. Wie andere leidet Egoli Tossell zudem unter dem rückläufigen Engagement der öffentlich-rechtlichen Anstalten.
Mit ihrem offenen Umgang mit der Pleite brechen die Produzenten ein Tabu in der Branche. Doch damit wurde erst die Rettung für die Firma möglich, die derzeit 13 Mitarbeiter beschäftigt. Mit Film House Germany soll nun eine Frankfurter Investmentgruppe als Mehrheitsgesellschafter einsteigen.