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Mitteldeutsche Fahrradwerke (Mifa Mitteldeutsche Fahrradwerke (Mifa): Maschmeyer aus dem Sattel gehoben

Von Steffen Höhne 08.10.2014, 20:12
Seit 2011 ist Carsten Maschmeyer Mifa-Großaktionär. Zwölf Millionen Euro soll er investiert haben.
Seit 2011 ist Carsten Maschmeyer Mifa-Großaktionär. Zwölf Millionen Euro soll er investiert haben. dpa Lizenz

Sangerhausen - Auch in der Insolvenz überschlagen sich beim Fahrradhersteller Mifa die Ereignisse: Anfang letzter Woche meldeten die Mitteldeutschen Fahrradwerke (Mifa) Insolvenz in Eigenverwaltung an. Das heißt, das Management wollte die bereits laufende Sanierung aus eigener Kraft gestalten. Das Amtsgericht Halle stellte der Mifa-Führung den halleschen Rechtsanwalt Lucas Flöther als Sachverwalter zur Seite, der die Arbeit kontrollieren sollte.

Den Gläubigern von Mifa reichte dies allerdings nicht. Mit einem einstimmigen Votum sprach sich der vorläufige Gläubigerausschuss für den Wechsel zu einer vorläufigen Insolvenzverwaltung aus, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Die Gründe dafür wurden nicht genannt. Damit ist zunächst der Vorstand teilweise entmachtet.

Misstrauensvotum

Nach MZ-Informationen ist der Schritt jedoch vor allem ein Misstrauensvotum gegenüber Großaktionär Carsten Maschmeyer und Mifa-Aufsichtsrat Utz Claassen. Der Multimillionär und AWD-Gründer Maschmeyer war in den vergangenen Monaten der starke Mann im Hintergrund, der die Sanierung vorantreiben wollte. Dazu vermittelte er unter anderem Kontakte zu dem indischen Investor Hero Cycles, dem weltgrößten Fahrradproduzenten. Maschmeyer soll auch im Juni 2014 den Manager Claassen in den Aufsichtsrat geholt haben. Hero Cycles erklärte sich im August bereit, Mifa zu übernehmen und frisches Kapital zu investieren. Doch der Deal platzte. Die Umstände sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Aus Eigentümerkreisen heißt es, Hero habe eine vereinbarte Zahlung nicht geleistet. Zudem wird den Indern Industriespionage vorgeworfen. Branchenkenner bezweifeln dies. Hero ist ein Milliardenkonzern, der auch als Autozulieferer und Motorrad-Produzent tätig ist. Auf Technologie aus Sangerhausen ist das Unternehmen kaum angewiesen. Hero bestreitet die Spionagevorwürfe.

Machtposition eingeschränkt

Nach dem Absprung der Inder musste Mifa Insolvenz anmelden. Der Aufsichtsrat wollte aber weiter die Zügel in der Hand behalten. Der Vorstand sollte wichtige Entscheidungen nur mit dessen Genehmigung treffen dürfen. Dazu gab es nach MZ-Informationen einen sogenannten Zustimmungsvorbehalt. Zudem wurde am 1. Oktober Thomas Mayer als neuer Vorstandschef ernannt, der unter Claassen Finanzchef bei der inzwischen insolventen Solar Millennium war.

Von Zahlungsunfähigkeit bedrohte Unternehmen, die aber gute Aussichten auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebes haben, können bei Gericht ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragen. Die Geschäftsleitung des Unternehmens bleibt dann im Amt, ihr wird allerdings ein sogenannter Sachwalter von außen zur Seite gestellt.

Die alte Geschäftsführung behält damit große Teile der Verfügungsgewalt über das Unternehmen. Zugleich ist die Firma aber vor Vollstreckungen und Zwangsmaßnahmen von Gläubigern geschützt. Ziel ist dabei in der Regel eine Sanierung, nicht die Abwicklung. (dpa)

Die Machtposition von Maschmeyer, Claassen und Mayer ging den Gläubigern - das sind unter anderem Anleihebesitzer, Banken und die Agentur für Arbeit - offenbar zu weit. Sie wollen, dass der eingeleitete Verkaufsprozess frei von jeder Außeneinwirkung fortgesetzt wird. Es soll bereits mehrere Interessenten geben. Mifa-Vorstand Stefan Weniger ließ am Mittwoch mitteilen: „Die vorläufige Insolvenzverwaltung ist ein geeignetes Instrument, um auch im Sinne unserer Kunden und Lieferanten Kontinuität und Stabilität zu gewährleisten.“ Viele wichtige Kunden halten Mifa die Stange. Nachdem der Discounter Aldi zuletzt einen Großauftrag abschloss, ordert nun auch Metro 75 000 Fahrräder.

Insolventverwalter Flöther erklärte: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, Mifa mithilfe eines neuen Partners zu erhalten.“ Er bat Vorstand Weniger, im „Unternehmen zu bleiben und ihn beim Investorenprozess und der Betriebsführung zu unterstützen.“ Vorstandschef Mayer wurde in seiner Mitteilung nicht erwähnt. (mz)