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Hartz IV Hartz IV: Mit Untervermietung den Zwangsumzug verhindern

23.03.2006, 16:19

Berlin/Leipzig/dpa. - Sie gilt im Amtsdeutsch als «nichtangemessen». Daher übernehmen die Kommunen für Alg II-Bezieher nicht mehr die vollen Kosten für die Unterkunft.

«Nach den Hartz IV-Gesetzen darf nur angemessener Wohnraum bezahltwerden», erläutert Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB) inBerlin. Nach dessen Prognosen werden 2006 eine halbe MillionHaushalte aufgefordert, ihre Wohnkosten zu senken. Verlässliche Datenfehlen, weil nicht alle Kommunen Zahlen erhoben haben. Stichprobendes DMB zufolge wohnen in Leipzig rund 3120 Haushalte zu teuer, inBochum 2400, in Görlitz 1000.

Die Kommunen und die für Hartz IV-Empfänger zuständigenArbeitsgemeinschaften entscheiden, welche Miete und Wohnungsgrößeangemessen ist. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat ineiner Broschüre Richtwerte vorgegeben. Demnach stehen einem Singlezwischen 45 und 50 Quadratmeter Wohnfläche zu. Zwei Personen 60Quadratmeter oder zwei Zimmer, drei Personen 75 Quadratmeter oderdrei Zimmer. Diese Größen würden «gemeinhin als üblich angesehen»,ergänzt Ropertz.

Die Berechnung der Miete orientiert sich in der Regel am örtlichenMietspiegel. So soll der unterschiedlichen Situation auf demWohnungsmarkt Rechnung getragen werden. «In Stuttgart sieht deranders aus als in Berlin», sagt Bernhard Theobald vom DeutschenVerein für öffentliche und private Fürsorge in Berlin. DenMietspiegel handeln Vermieter, Mietervereine und Kommunen aus. DemDMB zufolge gibt es daneben Modelle, die auf Pauschalen, den imWohngeldgesetz festgelegten Sätzen oder auf Mieten fürSozialwohnungen beruhen.

Nach Angaben des Eigentümervereins Haus & Grund Leipzig bekommenAlg II-Empfänger in Leipzig maximal 6,17 Euro Warmmiete proQuadratmeter bezahlt. Die Stadt toleriere jedoch gewisse Abweichungennoch oben. In Offenbach werden nach Auskunft der Stadt Baujahr undZustand der Wohnung mitberücksichtigt. Auskünfte zu den örtlichengeltenden Regeln geben Kommunen und Arbeitsgemeinschaften. Außerdeminformieren sie über Sonderregelungen für Schwangere oder Behinderte.

Der Erhalt des Wohnkosten-Bescheids hat nicht den sofortigenAuszug aus der Wohnung zur Folge. «Jeder hat in der Regel sechsMonate Zeit, etwas zu ändern. In dieser Frist wird eine zu hohe Mieteweiterbezahlt», beruhigt Bernd Bleines, Leiter der auf HartzIV-Empfänger spezialisierten Caritas-Wohnraumberatung in Offenbach.Der Auszug sei der letzte Schritt. Wer nichts unternimmt, läuftGefahr, die Differenz zwischen Miete und dem vom Staat übernommenenAnteil aus eigener Tasche zahlen zu müssen. «Am Ende droht wegenMietschulden die Zwangsräumung», warnt Theobald.

Als ersten Schritt empfehlen Experten, mit dem Vermieter über eineniedrigere Miete zu sprechen. «Wir raten unseren Mitgliedern meistdazu, die Miete auf das zulässige Limit zu senken», sagt Henning Mauvon Haus & Grund in Leipzig. Ein Trend, den Wolf-Bodo Friers von Haus& Grund Deutschland, bestätigt: «Bei der derzeitigen Marktsituation -regional mit teilweise erheblichen Leerständen - werden VermieterVerhandlungen überwiegend aufgeschlossen gegenüberstehen.» Denkbarist auch eine Mietsenkung für die Dauer des Bezugs vonArbeitslosengeld. Sobald der Mieter wieder arbeitet, zahlt er mehr.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Wohnung unterzuvermieten. DieserWeg erfordere üblicherweise das Einverständnis des Vermieters, sagtBleines. Bei ausreichender Größe der Wohnung habe ein Mieter jedochein Anrecht auf Untervermietung. Die Bewohner könnten auch ohne dieHilfe Dritter Ausgaben reduzieren, indem sie Wasser, Strom undHeizenergie möglichst sparsam verbrauchen.

Bei einem Umzug gibt es für Alg II-Empfänger finanzielleUnterstützung. Auf Antrag geben Arbeitsgemeinschaften oder Kommuneneine «Kostenübernahme-Erklärung» ab. Unter Umständen kommen sie sogarfür einen Makler auf. «Der Alg II-Träger muss vorher über die neueWohnung und den Umzug informiert werden», sagt Mieterbund-SprecherRopertz. Außerdem sollte vor der Unterschrift unter den Mietvertragdie Zustimmung der Behörde eingeholt werden. «Nur so istsichergestellt, dass die künftige Miete bei der Berechnung anerkanntwird», heißt es in einem Ratgeber der Main-Arbeit Offenbach, eineArbeitsgemeinschaft von Stadt und Arbeitsagentur, die für dieLangzeitarbeitslosen zuständig ist.

Gegen den Bescheid können Mieter Widerspruch einlegen. Darüberentscheidet das Amt. Der letzte Weg, einen Auszug zu vermeiden, istder Gang zum Sozialgericht. Nach Auskunft des Bundessozialgerichts inKassel ist die erste Instanz kostenlos.