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Streik bei Lufthansa trifft Passagiere

29.07.2008, 11:27

Frankfurt/Main/dpa. - Der unbefristete Streik bei der Lufthansa hat am zweiten Tag erstmals auch Passagiere direkt getroffen. 70 Flüge in Europa mussten am Dienstag gestrichen werden, wie das Unternehmen mitteilte.

Zuvor hatten Techniker neun Maschinen nicht gewartet, die dann stillgelegt werden mussten. Von den Ausfällen seien aber nur etwa drei Prozent aller Flüge betroffen, erklärte das Unternehmen. Lufthansa verfügt insgesamt über mehr als 500 Flugzeuge.

Die Gewerkschaft ver.di weitete zugleich ihren Arbeitskampf aus und bezog neben den Schwerpunkten in Frankfurt und Hamburg erstmals auch Berlin in die Arbeitskämpfe mit ein. Am Abend sollte Stuttgart folgen. Damit wären dann alle Standorte der Lufthansa in Deutschland von dem Arbeitskampf betroffen. Bereits am Vortag hatten mehrere tausend Lufthansa-Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, dies führte zunächst aber zu keinen Flugausfällen. Die genaue Zahl der Streikenden nannte ver.di nicht.

Nach Einschätzung des Tarifexperten Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kann der Streik angesichts konkurrierender Gewerkschaften bei Lufthansa verheerende Folgen haben. «Da geht es dann um das Aufschaukeln von Lohnforderungen», sagte Lesch. «ver.di will ihren Mitgliedern zeigen, dass sie alles tut, um das Maximale herauszuholen.» Dadurch könne die Gewerkschaft auch neue Mitglieder gewinnen.

Die Arbeitsniederlegungen betreffen vor allem die Wartung und das Catering. In diesen Bereichen hat ver.di relativ viele Mitglieder. Das Kabinenpersonal, dass meist bei der konkurrierenden Gewerkschaft UFO organisiert ist, beteiligte sich nicht. Auch die Piloten der Konzernmutter, die von der Vereinigung Cockpit vertreten werden, befinden sich nicht im Streik. Hier drohen aber Arbeitskämpfe bei zwei Töchtern.

Die Lufthansa versucht mit einem Bündel an Maßnahmen, die Folgen für die Passagiere abzufedern. Bei den gestrichenen Flüge handelte es sich jeweils um Strecken, die mehrfach täglich bedient werden. Daher konnten Flüge zusammengelegt werden, sagte ein Sprecher. Die Folgen für die Fluggäste seien gering gehalten worden.

Nach Angaben von ver.di setzt das Unternehmen bei der Verpflegung auf Drittfirmen. Bei der Wartung würden ausländische Fluggesellschaften, die ihre Maschinen in Deutschland normalerweise von Lufthansa warten lassen, inzwischen mit eigenen Technikern arbeiten. «Das kostet richtig Geld», sagte ver.di-Sprecher Helmut Reutter, der den Streik als Erfolg wertete.

Die Gewerkschaft werde den Arbeitskampf fortsetzen, bis Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot signalisiere. «Die Einladungen zu Kaffeekränzchen reichen nicht», sagte Reutter zu der Aufforderung von Lufthansa, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Es sei bereits in vier Runden erfolglos verhandelt worden, nun müsse das Unternehmen sich bewegen. «Wir sind notfalls in der Lage, die Streiks lange aufrecht zu halten», sagte der Sprecher.

Lufthansa-Sprecher Klaus Walther forderte die Gewerkschaft ver.di auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. «Das Angebot liegt auf dem Tisch und Verhandlungen sind aus unserer Sicht jederzeit und sofort möglich. Unsere Türen sind offen. Wir sind dialogbereit», sagte Walther am Dienstag im Nachrichtensender n-tv.

Die Gewerkschaft fordert für rund 50 000 Lufthansa-Beschäftigen am Boden und in der Kabine 9,8 Prozent mehr Geld. Lufthansa hatte zuletzt gestaffelt 6,7 Prozent mehr Geld bei 21 Monaten Laufzeit und eine Einmalzahlung angeboten.

Nach Einschätzung von Experten kann ein längerer Streik für Lufthansa vor allem Einbußen bei den Geschäftsreisenden nach sich ziehen. «Mit Vollzahlern der Business- und First-Class verdient das Unternehmen Geld», sagte der Hamburger Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg. Je länger der Ausstand dauere, desto eher könnten spontan buchende Geschäftsreisende zu anderen Fluggesellschaften abwandern. Touristen seien dagegen nicht das Problem: «Urlauber buchen jetzt nicht um, sie nehmen verspätete Abflüge und Ankünfte in Kauf, Hauptsache sie erreichen ihr Ziel.»