1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Österreich: Österreich: Nach Erfolg dringt die Rechte auf Regierungsbeteiligung

Österreich Österreich: Nach Erfolg dringt die Rechte auf Regierungsbeteiligung

Von Christian Fürst 29.09.2008, 14:36

Wien/dpa. - Zwarwill SPÖ-Chef Werner Faymann als Chef der stärksten Einzelpartei inden nächsten fünf Jahren erneut mit einer großen Koalition mit derkonservativen Volkspartei ÖVP regieren, doch die eigentlichenGewinner der Wahl drängen jetzt an die Macht. Und beim WahlverliererÖVP mehren sich die Stimmen gegen ein erneutes Bündnis mit denSozialdemokraten. Eine Koalition rechts von der Mitte erscheint aufeinmal wieder denkbar. Bereits am Sonntagabend, so berichtete dieNachrichtenagentur APA, habe es erste Kontakte zwischen den Rechtenund der Volkspartei gegeben.

Nach seinem unerwartet großen Wahlerfolg gab sich der KärntnerLandeshauptmann Jörg Haider (58) am Sonntagabend staatsmännisch.Natürlich sei er für eine Regierungsverantwortung seiner Partei,sagte der Alt-Rechte aus Kärnten am Sonntagabend im ORF-Fernsehen.Doch «die große Koalition ist tot», resümierte der Rechtspopulist. Ersehe jetzt eine «breite Mitte-Rechts-Konstellation» in Österreichähnlich wie in Italien. Auch der Chef der Freiheitlichen Partei(FPÖ), Haiders politischer Ziehsohn Heinz-Christian Strache (39),strotzte nur so von Selbstbewusstsein. Da ÖVP und SPÖ ihr «historischschlechtestes Ergebnis» erzielt hätten, stelle er nun alsdrittstärkste Kraft im Parlament den Kanzleranspruch. Angesichts dergewonnenen 18 Prozent akzeptiere er nur eine Regierungsbeteiligungfür die FPÖ. «Eine Minderheitsregierung (der SPÖ) werden wir nichtunterstützen.» SPÖ-Chef Faymann hat eine kleine Koalition mit derRechten bereits grundsätzlich abgelehnt.

Rechnerisch ist eine Neuauflage der von Ex-Kanzler WolfgangSchüssel im Jahr 2000 unter lautstarkem Protest und Sanktionen der EUgegründeten schwarz-blauen Koalition (blau ist die Farbe der FPÖ)auch jetzt wieder möglich. Zusammen mit der ÖVP (25,6 Prozent) kämenFPÖ (18 Prozent) und das Bündnis Zukunft ÖsterreichBZÖ (11 Prozent) auf eine sichere absolute Mandatsmehrheit imNationalrat. Die Ausgangslage für den (noch) amtierenden ÖVP-Vorsitzenden Wilhelm Molterer wäre ähnlich: Auch Schüssel hatte beider Wahl 1999 ein denkbar schlechtes Ergebnis eingefahren und laghinter der damals noch von Haider gesteuerten FPÖ nur auf dem drittenPlatz. Mit viel Geschick und durch baldige Neuwahlen gelang es demcleveren Taktiker, die «Blauen» bis zur Wahl im Oktober 2006 imKabinett zu halten. Die schwarz-blaue Koalition überstand sogar dieSpaltung der FPÖ durch Haider 2005.

Für den ausgewiesenen Wahlverlierer hätte eine kleine Rechts-Koalition also durchaus ihren Reiz. Doch politische Beobachter inWien erwarten für ein solches Dreier-Bündnis massive Probleme. Zwarsind die politischen Programme der drei Parteien vor allem bei Themenwie Ausländer oder Kriminalität fast deckungsgleich. Während desWahlkampfes versuchte die ÖVP vergeblich, Stimmen von der Rechtendurch radikale Forderungen nach Recht und Ordnung abzuwerben. Dochschon beim Thema EU sind die Positionen unvereinbar.

Seit der Abspaltung des BZÖ durch Haider 2005 sind sich außerdemdie beiden Rechtsparteien spinnefeind. Zwar machte Haider Strache inden vergangenen Wochen immer wieder Kooperationsangebote, doch derinzwischen erfolgsverwöhnte Zahntechniker wies eine neue Verbindungschroff zurück. «Vor der Bildung einer Mitte-Rechts-Koalition müsstees also erst einmal eine Sub-Koalition zwischen FPÖ und BZÖ geben»,meinte der Politologe Peter Filzmaier am Sonntag.

Dennoch macht die von den Wählern herbeigeführte Ausgangslage dieKoalitionsverhandlungen für den «siegreichen» SPÖ-Chef Faymann nichtleichter. Zwar bekräftigte er am Sonntagabend tapfer sein Bekenntnis:«Nein zu einer Regierung mit den Rechten.» Doch damit setzt erpolitisch alles auf eine Karte. Sollte sich ihm nämlich dieVolkspartei verweigern, bliebe ihm nur eine Minderheitsregierung, dieangesichts der Stimmenverhältnisse vermutlich bald zum Scheiternverurteilt wäre.