Kompromiss im Asylstreit Kompromiss im Asylstreit der Union: Wie sollen Trasitzentren funktionieren?

Berlin - Nach ihrem quälenden Streit haben sich CDU und CSU nun doch auf einen Kompromiss in der Asylpolitik geeinigt, der vorsieht, an der deutsch-österreichischen Grenze sogenannte Transitzentren einzurichten. Die schriftliche Vereinbarung zwischen den beiden Unionsparteien ist allerdings sehr kurz und lässt viele Fragen offen. Was ist damit gemeint und wie unterscheiden sich solche Transitzentren von Aufnahmezentren für Flüchtlinge, die auch die EU schon seit Jahren diskutiert? Ein Überblick.
Was steht in der Einigung der Union?
„Wir vereinbaren an der deutsch-österreichischen Grenze ein neues Grenzregime, das sicherstellt, dass wir Asylbewerber, für deren Asylverfahren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise hindern“, heißt es dort. Dafür sollen Transitzentren eingerichtet werden, aus denen Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden sollen. Wörtlich ist von der „Fiktion einer Nichteinreise“ die Rede. Mit diesen Ländern sollen Verwaltungsabkommen geschlossen werden oder „das Benehmen“ hergestellt werden. In Fällen, in denen diese sich weigern, Flüchtlinge zurückzunehmen, sollen die Zurückweisungen an der Grenze aufgrund einer Vereinbarung mit Österreich stattfinden, heißt es weiter.
Wo liegen die Probleme?
Der Text lässt vieles offen, so auch die wichtige Frage, ob es sich um Asylbewerber handelt, die in anderen Ländern registriert wurden oder aber um solche, die bereits in einem anderen EU-Staat ein Asylverfahren laufen haben. Kanzlerin Angela Merkel hat darauf bestanden, dass es eine abgestimmte europäische Lösung gibt - auf Grundlage des Dublin-Abkommens. Tatsächlich ist aber kaum etwas abgestimmt. Zu erwarten ist, dass es zu einer Kettenreaktion kommt, sollte Deutschland Menschen an der Grenze zurückschicken. Österreich zeigte sich bereits verwundert über den Unionskompromiss, mit Italien ist wohl keinerlei Einigung möglich.
Sind die Transitzentren eine neue Idee?
Nein, schon 2015 hat CSU-Chef Seehofer solche Zentren gefordert, die SPD war aber strikt dagegen. Auch im jetzigen Koalitionsvertrag stehen sie nicht. Der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von „Haftzonen“, die weder organisatorisch durchführbar noch rechtlich darstellbar seien.
Um wie viele Fälle geht es überhaupt?
In diesem Jahr wurden bislang etwas mehr als 18.000 Asylsuchende in Deutschland aufgenommen, obwohl sie bereits in einem anderen Land in der europäischen Fingerabdruckdatei Eurodac registriert sind. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass sie dort bereits einen formalen Antrag gestellt haben.
Um welche Grenzübergänge handelt es sich?
Deutschland ist Teil des Schengen-Raums, eigentlich finden im Inneren keine Kontrollen mehr statt. Seit Ende 2015, als Hunderttausende von Menschen über die Balkanroute kamen, werden an der bayerischen Grenze aber wieder Kontrollen durchgeführt. Feste Kontrollpunkte gibt es jedoch nur bei Salzburg, im Inntal und bei Passau. Insgesamt gibt es 90 Grenzübergänge zwischen Österreich und Bayern.
Gibt es in Deutschland bereits Transitzentren?
Ja, an einigen Flughäfen, zum Beispiel in München und Düsseldorf. Dort können Menschen aufgehalten werden, die etwa aus sicheren Drittstaaten kommen oder keine gültigen Papier haben. Juristisch gelten diese Zonen als so etwas wie exterritoriales Gebiet, erst wenn ein Ausländer sie verlässt, ist er offiziell nach Deutschland eingereist. Zu einer solchen Konstruktion müsste wohl auch an den Grenzen gegriffen werden. Um die Verwirrung komplett zu machen, tragen allerdings auch einige Aufnahmelager Bayern den Namen Transitzentrum, so etwa das in Manching bei Ingolstadt.
Wie unterscheiden sich die Transitzentren von den sogenannten Ankerzentren, die Innenminister Seehofer einrichten lassen will?
In den Ankerzentren sollen alle Asylbewerber vom Tag ihrer Ankunft bis zu ihrem Asylbescheid untergebracht werden, alle beteiligten Behörden sollen dort vor Ort sein. Geplant sind Masseneinrichtungen für bis zu 1.500 Menschen, die dort bis zu 18 Monate festgehalten werden sollen. Die neuen Transitzentren sollen im Gegensatz dazu verhindern, dass jemand überhaupt einen Asylantrag stellen kann. Wie lange jemand dort festgehalten werden kann, ist offen.
Auch die EU will Aufnahmezentren für Flüchtlinge einrichten. Was ist der Unterschied?
Die Idee für Aufnahmelager, die außerhalb Europas liegen, geistert schon lange durch die europäische Politik. Der frühere deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) hat bereits 2004 gefordert, solche Lager in nordafrikanischen Staaten einzurichten und Asylanträge dort zu prüfen. Auch Thomas de Maiziere, der Vorgänger von Seehofer, hatte sich für solche Lager in Transitländern ausgesprochen. Diese Vorschläge sind aber völkerrechtlich und ethisch hoch umstritten, würde es sich doch oft um Länder handeln, die selbst die Menschenrechte missachten und es sich zudem teuer abkaufen lassen würden, Flüchtlinge aufzuhalten.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben aber in der vergangenen Woche beschlossen, „kontrollierte“ Aufnahmezentren innerhalb der EU zu prüfen. Außerdem haben sie sich auch für die Einrichtung von regionalen „Ausschiffungsplattformen“ in Drittstaaten ausgesprochen. Beides ist aber sehr vage formuliert und äußerst problematisch. In der EU gibt es bereits seit 2015 sogenannte Hot Spots in Griechenland und Italien, wo Flüchtlinge solange ausharren müssen, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde.