1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Nachfolger von Cem Özdemir: Grünen: Rufe nach Robert Habeck als Grünen-Parteichef und Nachfolger von Cem Özedmir werden lauter

Nachfolger von Cem Özdemir Grünen: Rufe nach Robert Habeck als Grünen-Parteichef und Nachfolger von Cem Özedmir werden lauter

Von Markus Decker 20.09.2017, 11:38
Der schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck (mitte).
Der schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck (mitte). dpa

Berlin - Kurz vor der Bundestagswahl werden bei den Grünen die Rufe nach Robert Habeck als künftigem Parteivorsitzenden lauter. Sie sind verbunden mit Anträgen für eine Änderung der Satzung. Bislang ist es Mitgliedern von Landesregierungen nicht möglich, auch im Bundesvorstand der Partei zu sein. Der Kreisverband Landau hat nun beantragt, das zu korrigieren. Damit könnte Habeck Umweltminister in Schleswig-Holstein bleiben und gleichzeitig Parteichef werden. Ein zweiter Antrag des Kreisverbandes Vorpommern-Rügen sieht eine Übergangsfrist von einem halben Jahr vor. Das heißt, Habeck könnte nach seiner möglichen Wahl zum Parteichef noch sechs Monate Landesminister sein und daheim für einen geordneten Übergang sorgen.

Die grüne Bundestagsabgeordnete und einstige Fraktionschefin Renate Künast empfiehlt den Delegierten, den Antrag aus Landau anzunehmen. „Es wäre doch verrückt, sich die Auswahl unnötig zu beschneiden“, sagte sie im Spiegel. Schließlich gebe es „breite Erfahrung, authentisches Auftreten, Beharrlichkeit, Zuverlässigkeit nun nicht wie Sand am Meer“. Habeck selbst hält sich bedeckt und sagt, er sei „nicht auf der Suche“.

Özdemir will nicht mehr

Der grüne Basisrebell Karl-Wilhelm Koch aus der Vulkaneifel, der bei Parteitagen immer wieder durch Anträge von sich reden macht, erklärte dieser Zeitung: „Robert Habeck ist mit Sicherheit einer der geeigneten Kandidaten. Er wäre nicht die schlechteste Wahl.“ Der amtierende Parteivorsitzende und Spitzenkandidat Cem Özdemir hatte bereits vor Monaten und unabhängig vom Wahlausgang betont, dass er nicht ein weiteres Mal kandidieren werde, und Habeck selbst ins Gespräch gebracht.

Für den Fall, dass für die Grünen nach der Wahl eine Regierungsbeteiligung rechnerisch möglich wäre, würde ein Parteitag Mitte Oktober nach mutmaßlichen Sondierungsgesprächen – vermutlich mit CDU, CSU und FDP – über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Der Parteivorstand würde dann voraussichtlich auf einem weiteren Parteitag im Januar gewählt.

Gehen die Grünen unter?

Landen die Grünen mit einem schlechten Ergebnis gleich in der Opposition oder schlagen Sondierungsgespräche fehl, entfiele der Januar-Parteitag voraussichtlich und der Parteivorstand würde schon im Oktober bestimmt. In den Umfragen der vergangenen Wochen lagen die Grünen meist auf dem letzten Platz, könnten sich aber vermutlich in eine Jamaika-Koalition retten. Nur gibt es große Befürchtungen, dass die Ökopartei als schwächstes Glied in einem Vier-Parteien-Bündnis mit CDU, CSU und FDP unterginge.

In grünen Führungskreisen wird damit gerechnet, dass der 48-jährige Habeck im Fall einer Regierungsbeteiligung nicht für den Parteivorsitz kandidieren würde, weil er dann gegenüber den grünen Kabinettsmitgliedern und Fraktionsvorsitzenden zu sehr ins Hintertreffen geriete. Habeck hätte überdies kein Bundestagsmandat.

Doppel-Amt könnte schwierig werden

Sollten die Grünen all ihre Wahlziele verfehlen und erneut Opposition werden, dürfte er mehr denn je als Retter in der Not gerufen werden und sich „dann auch locken lassen“, wie es parteiintern heißt. Freilich halten es Insider für ausgeschlossen, dass Habeck auf Dauer Landesminister und Grünen-Vorsitzender gleichzeitig sein könnte. Bei der SPD habe sich in Person von Matthias Platzeck oder Kurt Beck gezeigt, dass man Bundes- und Landespolitik zugleich auf Dauer nicht stemmen könne.

Habeck, der als rhetorisches Ausnahmetalent gilt, hatte bei der Urwahl der Spitzenkandidaten lediglich 75 Stimmen weniger als Özdemir erzielt und bald darauf mit den schleswig-holsteinischen Grünen 12,9 Prozent der Stimmen geholt. Mittlerweile agiert in Kiel eine Jamaika-Koalition – und zwar weithin geräuschlos.