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Energie Energie: Russland und Ukraine einigen sich im Streit um Erdgas

03.01.2006, 06:59

Moskau/Brüssel/dpa. - Die Ukraine erhalte russisches sowie zentralasiatisches Gas zu einemGesamtpreis von 95 Dollar (80 Euro) je 1000 Kubikmeter, teilte derstaatliche Energieversorger Naftogas Ukrainy nach Abschluss derVerhandlungen in Moskau mit. Die Bundesregierung und die EU-Kommission begrüßten die Einigung. Minderheitsaktionäre des vom Kremlkontrollierten Gasförderers Gasprom sprachen von einerundurchsichtigen Preisgestaltung.

Der Vorstandsvorsitzende von Gasprom, Alexej Miller, betonte, mitdem Abkommen sei auch die Versorgungssicherheit für die Kunden inWest- und Mitteleuropa wieder hergestellt. Sein Unternehmen erhaltefür das eingespeiste Gas die seit Wochen von Kiew geforderte Summevon 230 Dollar pro 1000 Kubikmeter. «Gasprom ist mit den erzieltenErgebnissen völlig zufrieden», sagte Miller.

In Kiew lobte Präsident Viktor Juschtschenko den ausgehandeltenKompromiss. «Die ukrainische Wirtschaft ist vollständig auf die neuenBedingungen des Marktes vorbereitet», betonte Juschtschenko. Bislanghatte Russland der Ukraine einen Preis von 50 Dollar je 1000Kubikmeter in Rechnung gestellt. Die Opposition ermahnte dieRegierung in Kiew, die Gaspreise im Land nicht zu erhöhen.Regierungschef Juri Jechanurow rief die Bevölkerung auf, massivEnergie zu sparen.

Der Gasstreit der vergangenen Wochen war zu Neujahr eskaliert, alsGasprom die Lieferungen für die Ukraine einstellte. Als daraufhinauch bei zahlreichen Abnehmerländern in Mittel- und Westeuropa dieLiefermengen sanken, beschuldigte Moskau die Ukraine, Gas aus denTransitleitungen zu stehlen. Die Ukraine bestritt dies. Die russischeRegierung forderte die EU auf, Kiew wegen der angeblichen Diebstählezur Rede zu stellen. Auf Drängen der EU-Länder hatten beide Seiten amDienstagabend in Moskau die Verhandlungen wieder aufgenommen.

Das neue, auf fünf Jahre gültige Abkommen sieht vor, dass dieUkraine künftig über einen Zwischenhändler nach widersprüchlichenAngaben zwischen 51 und 62 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland undvor allem aus Turkmenien zur Eigenversorgung erhält. Die Kalkulationvon 95 Dollar über den Zwischenhändler Rosukrenergo, der zum TeilGasprom gehört, sorgte in Moskau angesichts des russischen Preisesvon 230 Dollar für Unverständnis. «Es ist unklar, aus welcher Quelleder Preisunterschied beglichen wird», betonte die Führung desGasprom-Minderheitsaktionärs Wostok Nafta.

Der stellvertretende russische Parlamentsvorsitzende undUltranationalist Wladimir Schirinowski sagte: «Die Übereinkunft istnichts anderes als ein schlauer Trick mit dem Ziel, das Gesicht zuwahren.» Die Ukraine habe Russland zum wiederholten Male betrogen.

Die Ukraine und Russland einigten sich ferner darauf, dass Kiew 60Prozent mehr an Gebühren für die Durchleitung des russischen Gases inRichtung Westen erhält. In Zukunft sollen alle Rechnungen in denEnergiegeschäften beider Länder mit Geld bezahlt werden. Bisher warenWarentauschgeschäfte üblich. Es blieb letztlich unklar, ob dieUkraine auch in Zukunft die alleinige Kontrolle über die Pipelinesbehält. Energieexperten vermuten, dass das Vorgehen von Gasprom gegenKiew auch das Ziel hatte, sich die strategisch wichtigenTransitleitungen zu sichern.

Deutschlands Erdgas-Versorgung (Grafik: dpa)
Deutschlands Erdgas-Versorgung (Grafik: dpa)
dpa
Anteile der verschiedenen Energieträger am Primärenergieverbrauch in Deutschland (Foto: dpa)
Anteile der verschiedenen Energieträger am Primärenergieverbrauch in Deutschland (Foto: dpa)
dpa
Nordeuropäisches Erdgasleitungssystem (Grafik: dpa)
Nordeuropäisches Erdgasleitungssystem (Grafik: dpa)
dpa