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Bundestagsabgeordnete Bundestagsabgeordnete: Diese Sachsen-Anhalter haben von sich reden gemacht

Von Markus Decker 22.09.2017, 10:00
631 Abgeordnete sitzen aktuell im Deutschen Bundestag - 19 von ihnen entsannte Sachsen-Anhalt.
631 Abgeordnete sitzen aktuell im Deutschen Bundestag - 19 von ihnen entsannte Sachsen-Anhalt. dpa

Halle (Saale) - 19 Bundestagsabgeordnete entsandte das Land Sachsen-Anhalt 2013 in den Bundestag – 19 von insgesamt 631.

Neun Parlamentarier wurden direkt gewählt, zehn weitere zogen über die Landeslisten ihrer Parteien ins Hohe Haus ein.

Nicht alle haben von sich reden gemacht. Aber doch eine ganze Menge von ihnen. Letzgenannte stellen wir Ihnen hier vor:

Jan Korte, Die Linke

Den letzten großen Auftritt eines Politikers aus Sachsen-Anhalt unter der Reichstagskuppel hatte am 5. September der linke Abgeordnete Jan Korte aus Bitterfeld.

In der letzten Sitzung des alten Bundestages trat der Vize-Fraktionsvorsitzende ans Rednerpult, um den anderen Parteien zweierlei abzuverlangen: ein Nein zur Aufrüstung der Nato in Zeiten des US-Präsidenten Donald Trump sowie ein Ja zum Abzug US-amerikanischer Atomwaffen aus Deutschland.

„Wir haben die Chance, diesen Aufrüstungs-Wahnsinn heute hier zu stoppen und das Geld in die Zukunft unseres Landes zu stecken“, rief er in den vollbesetzten Saal. „Sollten Sie es allerdings heute ablehnen, über diesen Antrag kontrovers zu diskutieren ..., dann haben Sie natürlich ein Problem mit Ihrer Glaubwürdigkeit, und zwar nicht nur Sie. Vielmehr glaube ich, dass Sie damit die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt beschädigen würden.“

Gemeint waren: alle anderen außer der Linken. Abgesehen davon, dass es sich um eine Aktion auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes handelte: Die Chance, vor einem voll besetzten Plenum und in Anwesenheit fast des gesamten Kabinetts zu sprechen, hat nicht jeder Abgeordnete. Die Chance wurde Korte unter anderem deshalb zuteil, weil in der anschließenden Generaldebatte beide linke Spitzenkandidaten noch das Wort ergreifen wollten.

Karamba Diaby, SPD

Aus Halle kam Karamba Diaby, im Senegal geboren und aufgewachsen. Er wurde, wie es auf seiner Homepage heißt, „als erster in Afrika geborener Schwarzer Mensch in den Bundestag gewählt“.

Dort wurde der 55-jährige Sozialdemokrat stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Zwar begründet Diaby seine erneute Kandidatur für den kommenden Bundestag auch mit dem notwendigen Kampf gegen den Rechtspopulismus. Er möchte sich aber nicht auf Themen reduzieren lassen, die in einer besonderen Beziehung zu seiner Herkunft stehen.

Dennoch beklagt Diaby in diesem Wahlkampf wegen eben dieser Herkunft so zahlreiche und hasserfüllte Anfeindungen wie noch nie in den über 30 Jahren, in denen er in Deutschland lebt – freut sich indes auch über viel Solidarität. „Wir brauchen keine Spaltung in der Gesellschaft, sondern mehr Zusammenhalt“, sagte Diaby der MZ. „Deshalb habe ich mich dafür stark gemacht, dass das Bundesprogramm ,Demokratie leben!„ stärker finanziert wird, um jede Art von Extremismus zu verhindern.“

Burkhard Lischka, SPD

Weitaus mehr im Fokus als Diaby stand dessen Parteifreund Burkhard Lischka aus Magdeburg. Nicht nur war er als innenpolitischer Sprecher und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums medial stark präsent – etwa in den Debatten über den islamistischen Terrorismus.

Der 52-Jährige stieg nach der Landtagswahl überdies zum Vorsitzenden des krisengeschüttelten SPD-Landesverbandes von Sachsen-Anhalt auf und pendelt seitdem noch öfter als ohnehin schon zwischen der Landes- und der Bundeshauptstadt.

Ulrich Petzold, CDU

Umstritten war zuletzt der CDU-Abgeordnete Ulrich Petzold. Er schrieb in einer Protokollerklärung zur Debatte über die „Ehe für alle“, „die Regelung, die jetzt von den Grünen, Linken und der SPD vorgelegt wurde“, definiere Ehe „als reine Beistandsgemeinschaft“. Eine Beistandsgemeinschaft bestehe aber auch, „wenn eine Mutter ihr behindertes Kind bis zum Lebensende pflegt“, „zwischen einem Blindenhund und dem Hilfsbedürftigen“ oder „zwischen einem nach Deutschland eingereisten Muslim mit einer Hauptfrau und mehreren Nebenfrauen“. Zu fragen sei: „Wo ist hier die Grenze?“

Der SPD-Bundestagskandidat in der Lutherstadt Wittenberg, Stefan Maria Stader, kritisierte Petzolds Bemerkungen bei Twitter mit den Worten: „Die Äußerungen von Herrn Petzold sind unglaublich und entsprechen nicht meinem christlichen Menschenbild.“ Stader war nicht der einzige Kritiker. Viele empfanden Petzolds Äußerungen als diskriminierend. Dieser ging auf Tauchstation, bis sich der Sturm gelegt hatte. Am letzten Sitzungstag wurde Petzold dann ein letztes Mal in der Lobby des Bundestages gesichtet. Er kandidiert nicht mehr. Der Christdemokrat hat in seinen 23 Parlamentsjahren nie so viel Aufsehen ausgelöst wie mit dieser Protokollnotiz.

Christoph Bergner, CDU

Auf andere Weise für Aufsehen sorgte Christoph Bergner. Er war Ende September 2014 während einer Bundestagssitzung mit seinem Smartphone auf der Internet-Seite des Playboys gelandet, einer der zahlreichen Fotografen auf der Bundestags-Tribüne ertappte ihn dabei. Hinterher erklärte Bergner, das sei „ein dummer Zufall“ gewesen. Doch da war das Kind längst in den Brunnen gefallen. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz kommentierte wohl näher an der Wahrheit: „Im Bundestag sind eben auch nur Menschen.“

Tatsächlich ist die Schmonzette nur ein Ereignis am Rande, das das Wesentliche verdeckt. Denn der bescheidene Bergner hat nach seiner Karriere in der Landespolitik eine zweite Karriere in der Bundespolitik folgen lassen. Er wurde Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, zuständig für Aussiedler und nationale Minderheiten, und aufgrund einer Verkettung glücklicher Umstände sogar Ostbeauftragter der Bundesregierung. Diese Laufbahn kann sich allemal sehen lassen. Und manches davon wäre wohl in der Rückschau intensiver haften geblieben, wenn Bergner neben viel Fleiß auch das Klappern zu seinem Handwerk zählen würde.

So oder so geht Sachsen-Anhalts CDU mit Petzold und Bergner im Bundestag eine Menge Erfahrung verloren. Bis sich Neue in die Gepflogenheiten eingefuchst haben, vergehen oft Jahre.

Petra Sitte, Die Linke

Die Parlamentarische Geschäftsfüherin der Linken erscheint zu den turnusmäßigen Pressegesprächen mit stets sorgfältig vorbereiteten Papierenuf denen mit mehrfarbigem Textmarker das Wichtige vom Unwichtigen getrennt ist.

Sie stand im Streit um die Flüchtlingspolitik ebenso wie Korte gegen Wagenknecht, hielt sich mit öffentlichen Meinungsäußerungen aber zurück.

Roland Claus schließlich bestritt für die Linke die Ost-Themen, tritt aber wie Petzold und Bergner nicht mehr zur Wahl an.

Steffi Lemke, Bündnis 90 Die Grünen

Zu guter Letzt ist da die einstige Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke. Seitdem der Brandenburger Michael Kellner ihre Nachfolge angetreten hat, ist es um die Dessauerin etwas ruhiger geworden.

Sie hatte dadurch allerdings mehr Zeit für ihre Themen. „Meine Schwerpunkte waren der Kampf gegen das Artensterben und die Klimakrise“, sagt Lemke. „Das sind zwei existenzielle Bedrohungen für die Menschheit, vor allem für unsere Kinder und Enkel.“

Die Bundesregierung habe gegen beide Bedrohungen nichts unternommen. Die Entscheidung über die nächsten vier Jahre liege nun in der Hand der Wähler.

Bisherige Parlamentarier aus Sachsen-Anhalt 

Durch Direktmandate in den Bundestag kamen:

Manfred Behrens, CDU, Wahlkreis 67, Börde-Jerichower Land
geboren am 28. Oktober 1956 in Magdeburg, verheiratet, zwei Töchter, Verwaltungsvollzugsbeamter, Ortsbürgermeister

Dr. Christoph Bergner, CDU, Wahlkreis 72, Halle, geboren am 24. November 1948 in Zwickau, evangelisch, verheiratet, drei Kinder

Heike Brehmer, CDU, Wahlkreis 68, Harz, geboren am 5. November 1962 in Staßfurt, Wohnort Tarthun, zwei Kinder

Uda Heller, CDU, Wahlkreis 74, Mansfeld, geboren am 15. Juni 1951 in Großengottern, evangelisch-lutherisch, verheiratet, zwei Kinder

Jörg Hellmuth, CDU Wahlkreis 66, Altmark, geboren am 20. September 1957 in Hettstedt

Ulrich Petzold, CDU, Wahlkreis 70, Dessau-Wittenb.
geboren am 23. September 1951 in Wittenberg, evangelisch, verheiratet, zwei Kinder

Tino Sorge, CDU, Wahlkreis 69, Magdeburg, geboren am 4. März 1975
in Ilmenau, verheiratet

Dieter Stier, CDU, Wahlkreis 73, Burgenl.-Saalekr., geboren am 29. Juni 1964
in Weißenfels, ledig

Kees de Vries, CDU,  Wahlkreis 71, Anhalt, geboren am 30. August 1955
in Holland, verheiratet, sechs Kinder, landwirtschaftliche Ausbildung.

Über die Landesliste kamen in den Bundestag: 
Roland Claus, Linke, geboren am 18. Dezember 1954 in Hettstedt, konfessionslos, getrennt lebend, zwei Kinder

Dr. Karamba Diaby, SPD, geboren am 27. November 1961 in Marsassoum/Senegal, verheiratet, zwei Kinder

Dr. Rosemarie Hein, Linke, geboren am 17. Januar 1953
in Leipzig

Marina Kermer, SPD, geboren am 22. März 1960 in Aken an der Elbe, zwei Kinder

Jan Korte, Linke, geboren am 5. April 1977 in Osnabrück, verheiratet, zwei Kinder

Katrin Kunert, Linke, geboren am 6. April 1964 in Wolmirstedt, konfessionslos, ein Sohn

Steffi Lemke, Grüne, geboren am 19. Januar 1968 in Dessau, ein Kind

Burkhard Lischka, SPD, geboren am 1. Februar 1965 in Marsberg, evangelisch-lutherisch, verheiratet, zwei Kinder

Dr. Petra Sitte, Linke, geboren am 1. Dezember 1960 in Dresden, ledig

Waltraud Wolff, SPD, geboren am 15. März 1956, evangelisch-lutherisch,
vier Kinder