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Bundesbank-Vorstand Bundesbank-Vorstand: Sarrazin provoziert Parteifreunde

Von Burkhard Fraune 23.08.2010, 15:44

Berlin/dpa. - Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) hat mitThesen zur Integration erneut Parteifreunde in Berlin provoziert.Nach Vorabdrucken aus seinem am Montag nächster Woche erscheinendenBuch teilte die Partei-Arbeitsgemeinschaft Migration mit: «Nun habenwir es schwarz auf weiß: Sarrazins Positionen sind diffamierend undgefährlich populistisch.» Kritik kam auch aus der Linksfraktion imBerliner Abgeordnetenhaus und vom Sachverständigenrat deutscherStiftungen für Integration und Migration.

In im «Spiegel» und in der «Bild»-Zeitung veröffentlichtenAuszügen aus seinem Buch «Deutschland schafft sich ab» warnt der 65-Jährige vor einer Überfremdung Deutschlands. Der Ökonom kritisiert,muslimische Einwandererfamilien profitierten überproportional vonSozialleistungen und leisteten keinen Beitrag zum Wohlstand. Sarrazinfordert hohe Hürden für die Zuwanderung und strenge Anforderungen anhier lebende Menschen mit ausländischen Wurzeln.

Die Migrationspolitiker der Berliner SPD warfen dem früherenBerliner Finanzsenator vor, Menschen allein nach ihrerwirtschaftlichen Verwertbarkeit zu beurteilen. Sein Weltbild sei vonAngst geprägt. «Für uns ist Sarrazin schon lange kein Sozialdemokratmehr», heißt es in einer Mitteilung vom Montag.

Linksfraktionschef Udo Wolf nannte Sarrazins Äußerungenunerträglich, rechtspopulistisch und an Volksverhetzung grenzend.«Der Ex-Senator beurteilt Menschen lediglich nach der Verwertbarkeitfür sein persönliches Wohlbefinden. Hätte er im Amt unter Rot-Rotderartige Positionen vertreten, wäre er die längste Zeit Senatorgewesen.»

Der Sachverständigenrat acht großer deutscher Stiftungen, der sichmit Fragen der Integration und Zuwanderung beschäftigt, kritisierte:«Der Artikel von Thilo Sarrazin bringt dort, wo er Recht hat, nichtsNeues und dort, wo er neu ist, meist eine groteske Mischung vonstatistisch verbrämten Halbwahrheiten, Vorurteilen, Unterstellungenund bösartigen Verallgemeinerungen.» Das Gremium nennt Sarrazin einen«mediensüchtigen Besserwisser» und fragte, warum er als Senator inBerlin nichts gegen die von ihm beklagten Entwicklungen unternommenhabe.

Sarrazin war im März beinahe aus der SPD geflogen. Er hatte ineinem Interview Arabern und Türken unterstellt, leistungs- undintegrationsunwillig zu sein. Eine Landesschiedskommission urteilte,Sarrazin habe sich zwar «radikal und bis zum Tabubruch» geäußert,allerdings nicht rassistisch, weil er auch Deutsche kritisiert habe.«Die SPD muss solche provokanten Äußerungen aushalten», hieß esdamals. Die Kommission stellte aber auch klar: Sarrazin müsse sichbewusst sein, «dass er durch diese Entscheidung keinenFreifahrtschein für alle künftigen Provokationen» erhalte.