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Antonin Scalia Antonin Scalia: Tod von US-Verfassungsrichter entfacht Machtkampf

Von Damir Fras 14.02.2016, 17:54

Washington - Aus Donald Trump brach es heraus. „Verzögern, verzögern, verzögern“, schrie der aussichtsreiche Präsidentschaftsbewerber während einer TV-Debatte der US-Republikaner in den Saal hinein. Und seine Konkurrenten stimmten dem Populisten ausnahmsweise voll zu. Nach dem überraschenden Tod des US-Verfassungsrichters Antonin Scalia werden die Konservativen voraussichtlich alles versuchen, um US-Präsident Barack Obama auszubremsen. Der Oberste Gerichtshof in Washington, so ihr Plan, darf nicht in die Hände der Liberalen fallen. Es droht nun ein monatelanger Machtkampf um die Nachfolge des stramm konservativen Richters Scalia, der am Samstag im Alter von 79 Jahren während eines Jagdaufenthaltes in Texas tot aufgefunden wurde.

Es geht in Washington um die Frage, ob die Nachfolge Scalias noch vom amtierenden Präsidenten oder erst im kommenden Jahr von einem möglichen republikanischen Präsidenten bestimmt wird. Obama kündigte bereits an, er werde „in einem angemessenen Zeitraum“ einen Nachfolger für Scalia benennen. Dagegen forderten die Republikaner, dass die Nominierung erst nach der Präsidentschaftswahl im November erfolgen solle.

Der Tod Scalias ist brisant, weil er die Balance im Obersten Gerichtshof in Washington verändert. Bislang standen sich dort vier konservative und vier liberale Richter gegenüber - dazwischen ein als moderat geltender Verfassungsjurist, der mal mit der einen, mal mit der anderen Seite stimmte.

Liberale können das Gleichgewicht im US-Gericht kippen

Obama will nun versuchen, die Zusammensetzung des Gerichts durch Ernennung eines eher liberalen Richters zu seinen Gunsten zu verändern. Gelingt ihm das, könnte Obama das Kräfteverhältnis im höchsten US-Gericht und die Rechtsprechung möglicherweise auf Jahrzehnte hin nachhaltig verändern. Urteile des Obersten Gerichtshofs haben in den USA die Gesellschaft oft stärker verändert als die Politik einzelner Präsidenten. Beispiele dafür sind die Aufhebung der Rassentrennung oder die Legalisierung der Abtreibung. Auch kurzfristig wäre eine zusätzliche liberale Stimme von Vorteil für Obama. Das Oberste Gericht muss noch über die ehrgeizigen Pläne des Präsidenten für eine Reform des Einwanderungsrechts und für den Klimaschutz entscheiden.

Der Streit ist auch deswegen so brisant, weil Verfassungsrichter in den USA auf Lebenszeit ernannt werden und damit in der Regel auch noch Recht sprechen, wenn der Präsident, der sie vorgeschlagen hat, längst aus dem Amt geschieden ist. Der jetzt verstorbene Antonin Scalia wurde bereits im Jahr 1986 von dem damaligen republikanischen Präsidenten Ronald Reagan bestellt. Er war Anhänger einer strikten Auslegung der US-Verfassung. Scalia galt als ein energischer Befürworter des Rechts auf Waffenbesitz und als ein erbitterter Gegner liberaler Ideen wie der Homo-Ehe und der Krankenversicherung Obamacare. Das machte ihn über die Jahre hinweg zu einer Idolfigur im konservativen Spektrum.

Der US-Senat kann blockieren

Geht es nach den US-Republikanern, dann muss ein mindestens ebenso konservativer Richter wie Scalia die Nachfolge antreten. Darüber gäbe es in jedem anderen Jahr  auch Streit, weil in diesem Jahr aber Präsidentschaftswahlen sind, wird der Konflikt aller Voraussicht nach heftiger als gewöhnlich ausfallen.

Republikanische Präsidentschaftsbewerber wie Donald Trump und der texanische Senator Ted Cruz forderten bereits den US-Senat auf, Obama zu stoppen und seinen Kandidaten für den Gerichtsposten abzulehnen. Es müsse verhindert werden, dass ein mehrheitlich liberaler Supreme Court die Rechte der US-Bürger beschneide, sagte etwa Cruz.

Die Chancen stehen gut, dass der Wunsch der Republikaner in Erfüllung geht. Zwar hat der Präsident das Vorschlagsrecht, doch der Senat muss nach dem Gesetz einer Nominierung für den Obersten Gerichtshof zustimmen, und die Republikaner haben eine deutliche Mehrheit in der Parlamentskammer. Dass sie diese Mehrheit nutzen werden, um Obamas Wunschkandidaten zu verhindern, daran besteht angesichts der tiefen Spaltung in der US-Politik kaum Zweifel.