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Alleinerziehende Alleinerziehende: Mehr Fantasie gefordert

29.07.2010, 21:43

HALLE/MZ. - Alleinerziehende stehen mit ihren vielen Problemen nicht ganz alleine da. Es gibt Hilfsangebote im Land, aber sie reichen nicht aus, meint Jutta Franz (Foto), Vorstandsmitglied vom Pro Familia-Landesverband Sachsen-Anhalt. Mit ihr sprach Hajo Krämer.

Welche Anlaufstellen gibt es für Alleinerziehende im Land, wenn sie Hilfe brauchen?

Franz: Es gibt speziell den Landesverband alleinerziehender Mütter und Väter. Es gibt von verschiedenen Trägern Beratungsstellen für Schwangere und die Familien- und Erziehungsberatungstellen und natürlich die Jugendämter als Anlaufstelle. Es gibt örtlich auch Selbsthilfegruppen und mitunter bieten Kindergärten spezielle Elterngruppen an.

Wer kommt denn mit dem Problem des Alleinerziehens vor allem in ihre Beratungsstelle?

Franz: Es sind Schwangere, die bereits wissen, dass sie mit dem Kind allein sein werden, weil keine Partnerschaft besteht oder der Partner zwischenzeitlich die Flucht ergriffen hat. Und es sind alleinerziehende Frauen mit kleinen Kindern, die nach Trennung oder Scheidung zu uns kommen. Es geht um das ganze Sorgenpaket: Wie verkraften sie die Situation finanziell, organisatorisch und seelisch? Was wird langfristig mit Ausbildung oder Beruf? Wie regelt man den Umgang des Vaters mit dem Kind, das Sorgerecht und Unterhaltsfragen? Viele der jüngeren Schwangeren haben noch keine Berufsausbildung und viele Frauen mit kleinen Kindern müssen ihren Job aufgeben oder Teilzeit arbeiten und landen häufig schnell bei Hartz IV.

Welche Chancen haben sie denn, wieder in einen ordentlichen Beruf zu kommen?

Franz: In vielen Berufen von der Pflege, über Gastronomie bis hin zu Fabriken wird in Schichten oder zu Zeiten gearbeitet, in denen keine Kita offen hat. Solche Arbeitsstellen kommen für Alleinerziehende nicht in Frage, deshalb müssen sie sich häufig mit Niedriglohnjobs, Teilzeitarbeit oder als Aushilfen mit befristeten Arbeitsverträgen durchs Leben schlagen. Sie sind dann für viele Jahre von sozialen Hilfen abhängig.

Welche Folgen hat das?

Franz: Dramatische. Die Frauen fühlen sich gedemütigt, viele resignieren. Schlecht bezahlte Jobs, Stress mit der Kinderbetreuung, ein kräftezehrender Alltag aber trotzdem nicht mehr Geld in der Tasche als mit Hartz IV. Da sagen sich viele: Da kann ich ja gleich zu Hause bleiben. Das setzt eine schlimme Abwärtsspirale in Gang.

Was kann man gegen diese Abwärtsspirale tun?

Franz: Es gibt gute Förderprogramme vom Land und den Arbeitsagenturen, etwa zur Verknüpfung von Mutterschaft und Ausbildung. Aber das reicht alles noch nicht aus. Wir brauchen etwa mehr Familienhelferinnen bei den Jugendämtern, die Alleinerziehende bei der Bewältigung ihres Alltags unterstützen könnten. Wir brauchen betreute Wohnformen und zeitlich flexiblere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder - auch nachts - und mehr betriebliche Kinderbetreuung. Für individuelle Hilfsangebote wären mehr Flexibilität und Fantasie nötig. FOTO: ARCHIV