Opel Opel: In Eisenach stottert der Motor
EISENACH/HALLE/MZ. - Der Export kurbelt die Geschäfte der meisten deutschen Autobauer kräftig an. Daimler, BMW & Co vermelden sprunghaft gestiegene Absätze. Viele Werke sind bereits wieder gut ausgelastet. Kurzarbeit war gestern. Nicht so im Opel-Werk in Eisenach. Den Beschäftigten droht in den Monaten nach den Werksferien Kurzarbeit.
Der in Eisenach gebaute dreitürige Corsa sei weniger gefragt als der im spanischen Saragossa produzierte Fünftürer, sagte Betriebsratschef Harald Lieske. In dem Thüringer Opel-Werk stehen seit Wochenbeginn für insgesamt drei Wochen die Bänder still. Die Werksferien für die knapp 1 700 Beschäftigten gehen bis zum 6. August. "Danach könnte es zu Kurzarbeit kommen", sagte Lieske. Die Kurzarbeit - nach bisherigen Prognosen der Geschäftsführung könnten es in diesem Jahr insgesamt 47 Tage werden - soll helfen, die Beschäftigtenzahl zu halten. Der Opel-Konzern bestätigte der MZ bisher drei Tage Kurzarbeit nach den Werksferien in Eisenach.
Das Eisenacher Werk verfügt über eine Kapazität von 180 000 Fahrzeugen pro Jahr. Im vergangenen Jahr wurden jedoch nur 133 000 Fahrzeuge gebaut. In diesem Jahr sollen es zwischen 140 000 und 150 000 werden. "Das Werk leidet darunter, dass es nur ein Modell fertigt", sagt Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Der Corsa sei nicht mehr das neueste Modell. Nach den bisherigen Planungen soll ein neuer Corsa jedoch erst 2013 auf den Marktkommen. Dudenhöffer belegt dies mit Zahlen. Im vergangenen Monat seien 43 Prozent aller in Deutschland vertriebenen Corsa auf Händler und Hersteller zugelassen worden. "Dies ist ein hoher Wert und deutet auf hohe Rabatte hin", so Dudenhöffer. Zudem habe Opel generell das Problem, dass der Konzern vor allem auf das Geschäft in Westeuropa fokussiert sei und vom Boom in Asien kaum profitiere.
Um die Abhängigkeit vom Corsa zu verringern, kämpft das Eisenacher Werk um ein neues Modell. Opel will einen neuen Kleinstwagen herstellen. "Eisenach ist ein starker Wettbewerber um das Modell", sagte Opel-Chef Nick Reilly Anfang Juli. Soll heißen: Es sieht ganz gut aus, dass sich Eisenach gegen den spanischen Standort Saragossa durchsetzt. Die Entscheidung soll noch im August fallen. Das Land Thüringen hat bereits Investitionshilfen angekündigt.
Nach Ansicht von Dudenhöffer ist ein zweites Modell für Eisenach überlebenswichtig. "Nur mit einem Modell kann kein Autowerk langfristig schwarze Zahlen schreiben." Die Thüringer Fabrik habe das Problem, dass sie über kein eigenes Presswerk für Karosserien verfüge. Andererseits sei Eisenach als neuer Produktionsbetrieb hoch effizient, und die Lohnkosten in Thüringen lägen unter den westdeutschen Standorten. "Kommt ein zweites Modell, dann ist der Stadtort sicher", sagt Dudenhöffer. Denn mit dem geplanten Kleinstwagen "Opel Junior" würde das Fertigungsvolumen deutlich steigen.
Eine positive Entwicklung in Eisenach ist für die Wirtschaftsregion Mitteldeutschland enorm wichtig. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle hat durchgerechnet, dass 2 500 Arbeitsplätze im direkten Umfeld des Werks von Opel abhängen. Darüber hinaus seien 2 700 Jobs in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt etwa bei Zulieferern und Logistikpartnern mit Opel verknüpft.