Nach Gewaltausbruch in Chemnitz Nach Gewaltausbruch in Chemnitz : AfD-Abgeordneter schockt mit Tweet zu Ausschreitungen

Chemnitz - In Chemnitz sind nach einem tödlichen Streit am Sonntag spontan Hunderte Menschen durch die Innenstadt gezogen. Wie die „Bild“ berichtete, sind unter den Demonstranten „gewaltbereite Rechte“ gewesen, die gegen Ausländerkriminalität protestierten und Sprüche wie „Wir sind das Volk“ skandierten. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete von Rangeleien. Videos in sozialen Medien zeigten Übergriffe auf Migranten. Die Stadt beendete aus Sicherheitsbedenken vorzeitig ihr Stadtfest.
Hintergrund ist der Tod eines 35-jährigen Deutschen nach einem verhängnisvollen Streit zwischen Menschen mehrerer Nationalitäten in der Nacht zum Sonntag nach dem Chemnitzer Stadtfest.
AfD-Abgeordnete warnen nach Gewalt in Chemnitz vor Selbstjustiz
Sächsische Abgeordnete der AfD-Bundestagsfraktion haben die „Gewaltexzesse“ in Chemnitz verurteilt und die Bürger der Stadt zur Besonnenheit aufgerufen. Zugleich äußerten sie aber am Montag in Berlin Verständnis für die Wut der Demonstranten vom Vortag.
Sachsens AfD-Vize Siegbert Droese sagte: „Wie das unter Umständen zustande gekommen sein soll, der Tathergang, also mit allen Spekulationen, dass es vielleicht den einen oder anderen zur Unvorsichtigkeit verleitet hat, das kann ich durchaus nachvollziehen.“ Er erklärte, die sächsische AfD habe eine eigene Kundgebung in Chemnitz am Sonntag frühzeitig beendet, um nicht in die andere Demonstration hineinzugeraten.
AfD-Mann Markus Frohnmaier schockt mit Tweet
Die sächsischen Abgeordneten distanzierten sich von einem Kommentar ihres Fraktionskollegen Markus Frohnmaier, der auf Twitter geschrieben hatte: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach!“
Der Abgeordnete Jens Maier, vormals Richter in Dresden, sagte: „Wir sind da nicht besonders glücklich drüber.“ Die AfD sei eine „Rechtsstaatspartei“, die das Gewaltmonopol des Staates nicht infrage stelle.
„Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt“, sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem MDR. „Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen - das ist schlimm.“ Zunächst hatten die Veranstalter Pietätsgründe für den Abbruch des Fests angegeben.
Laut der Polizei hatte es am Sonntag mehrere Aufrufe im Internet gegeben, sich in der Innenstadt einzufinden. Den Angaben nach hatten sich daraufhin zunächst gegen 15.00 Uhr rund 100 Menschen versammelt. Dies sei störungsfrei verlaufen. Diese Versammlung ging auf einen Aufruf der Alternative für Deutschland (AfD) zurück. Dem folgte eine weitere Versammlung um 16.30 Uhr. Zu dieser Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Bei der zweiten Versammlung nahmen laut Polizei rund 800 Personen teil.
„Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft“, teilten die Beamten mit. Die Gruppierung habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt. Die Polizei sei zunächst nur mit geringen Kräften vor Ort gewesen, hieß es weiter. Weitere Einsatzkräfte kamen zu diesem Zeitpunkt aus Dresden und Leipzig. Die Ansammlungen hatten sich am Abend nach und nach aufgelöst. Es werden laut Polizei vier Anzeigen bearbeitet, darunter zwei wegen Körperverletzung, eine wegen Bedrohung sowie eine wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Hintergrund ist ein verhängnisvoller Streit in der Nacht zum Sonntag in Chemnitz mit einem Toten. Zwei weitere Männer im Alter von 33 und 38 Jahren wurden verletzt, zum Teil schwer, wie die Polizei Chemnitz mitteilte. Alle drei sind laut den Ermittlern Deutsche. Bei dem Streit sollen Messer zum Einsatz gekommen sein.
Die Polizei hat zwei 22 und 23 Jahre alte Männer vorläufig festgenommen, die sich vom Tatort entfernt hätten. Zu deren Nationalität wollten die Beamten zunächst keine Aussage machen, da noch geprüft werde, ob und wie diese in die Auseinandersetzung involviert gewesen seien. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen Totschlags. An dem Streit mit nach ersten Ermittlungen maximal zehn Personen sind laut Polizei Männer mehrerer Nationalitäten beteiligt gewesen.
Der Grund für die Auseinandersetzung ist nach ersten Informationen unklar. Ihr soll ein verbaler Streit vorausgegangen sein. Mehrere Personen waren danach vom Tatort geflohen.
Informationen, die kursierten, nach denen dem Streit eine Belästigung von Frauen vorausgegangen sein soll, bestätigten sich nach ersten Ermittlungen der Polizei nicht. Die Polizei rief auf Twitter dazu auf, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen.
Das 35-jährige Opfer starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Die beiden anderen verletzten Männer wurden ebenfalls ins Krankenhaus gebracht. Am Sonntag wurden Zeugen vernommen, wie eine Sprecherin weiter sagte. Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte die Polizei zunächst keine weiteren Angaben machen.
Stadtverwaltung Chemnitz zeigt sich „erschrocken“ über Demos
„Wir sind erschrocken, über die Menschenansammlungen, die passiert sind“, sagte der Stadtsprecher Robert Gruner am Abend. Man habe friedlich miteinander das Jubiläum der Stadt feiern wollen. Nun habe sich jedoch gezeigt, dass es richtig war, dass Stadtfest vorzeitig abzubrechen. Statt um 20 Uhr endete das Fest bereits um 16 Uhr. Grund waren laut seinen Angaben Sicherheitsbedenken. Zunächst hatte man Pietätsgründe angegeben. (mz/dpa)