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Energie Energie: Turbinen sorgen für Strom für eine halbe Million Waschmaschinen

Von Katlen Trautmann 25.07.2006, 08:29
Das künstlich errichtete Oberbecken des Pumpspeicherwerkes Goldisthal (Kreis Sonneberg), aufgenommen von einem Hubschrauber aus, hat ein Fassungsvermögen von 12 Millionen Kubikmeter Wasser. (Foto: dpa)
Das künstlich errichtete Oberbecken des Pumpspeicherwerkes Goldisthal (Kreis Sonneberg), aufgenommen von einem Hubschrauber aus, hat ein Fassungsvermögen von 12 Millionen Kubikmeter Wasser. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Dresden/Goldisthal/dpa. - Neben den bestehenden Anlagen hättenin Deutschland weitere Betriebe mit einer Gesamtleistung von bis zu20 Millionen Megawattstunden Platz, schätzt der BundesverbandDeutscher Wasserkraftwerke (BDW). Das entspricht dem Potenzial vondrei mittleren Atomkraftwerken. «Jede vierte neue Anlage könnte inden neuen Ländern stehen», sagt BDW-Vorstandsmitglied Manfred Lüttke.Bundesweit liefern laut Verband rund 1500 große und etwa 8000 kleineAnlagen rund 29 Milliarden Megawattstunden Strom.

Der Energiekonzern Vattenfall betreibt in Ostdeutschland achtPumpspeicherwerke und sechs kleine Anlagen mit einer Gesamtleistungvon 2800 Megawatt. «Pumpspeicherwerke bieten eine wirtschaftlicheErgänzung zur Grundversorgung und können Schwankungen bei derVersorgung durch Windenergie ausgleichen», sagt UnternehmenssprecherMarko Bayer. Bei Windstille ließen sie sich binnen Sekunden anfahren.

Deutschlands größtes Pumpspeicherwerk, bei dem mit billigeremNachtstrom Wasser auf einen Berg gepumpt und bei hohem Bedarfabgelassen wird, um Turbinen anzutreiben, hat der Energiekonzern imthüringischen Goldisthal errichtet. Das Kraftwerk mit Baukosten von620 Millionen Euro gehört zu den größten Energieinvestitionen in denneuen Ländern. Die von vier Turbinen erzeugten 1060 Megawatt Stromgenügen laut Vattenfall, um eine halbe Million Waschmaschinen achtStunden lang laufen zu lassen. Schätzungen vergleichen die Leistungmit der eines mittleren Kohlekraftwerkes.

Wegen der geographischer Gegebenheiten spielt Wasserkraft vorallem in den Ländern Sachsen und Thüringen eine Rolle. ZweiPumpspeicherwerke und 165 Kleinanlagen speisen nach Angaben derArbeitsgemeinschaft Thüringer Wasserkraftwerke Strom ein. Im LandSachsen arbeiten 301 kleinere Anlagen. In Sachsen-Anhalt spieltWasserkraft mit 37 Anlagen eine untergeordnete Rolle.

Verbände werfen der Politik vor, die Ausweitung dieserEnergieform zu behindern. In den neuen Bundesländern gestalte sichdie rechtliche Lage besonders schwierig, sagt BDW-GeschäftsführerVeit Welsch. Hier fehlten oft Unterlagen über so genannte Altrechtefür traditionelle Standorte. Eine «wasserkraftfeindlicheBürokratie», kritisiert Lüttke bundesweit. «In Sachsen könnte es weitmehr Anlagen geben», beklagt der Ehrenvorsitzende des Landesverbandesder Wasserkraftwerksbetreiber Sachsen und Sachsen-Anhalt, Hans Rolle.Er spricht von überzogenem Umweltschutz. 1952 gab es in Sachsen mit3512 Wasserkraftanlagen zehn Mal so viele wie heute.

«Von allen Formen erneuerbarer Energien hat es die Wasserkraft beider Durchsetzung am schwersten», sagt auch der Präsident desBundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE), Joachim Lackmann. Zehnbis fünfzehn Jahre würden im Schnitt bis zur Genehmigung einer neuenAnlage verstreichen. Während des Betriebs kämen weitere Auflagendazu. Lackmann hält eine Ausweitung der Energiegewinnung anWasserläufen von bis zu 50 Prozent für realistisch. Rund 45 Prozentder potenziell möglichen Wasserkraftwerke könnten als große, dieanderen als kleine Anlagen gebaut werden.

Kleine Anlagen dienen neben dem Eigenverbrauch mitunter derAltersvorsorge ihrer Besitzer. Pro eingespeiste Kilowattstundeerhalten Betreiber bis zu 9,6 Cent. Der 1960 gegründete BDW vertritt4800 private Einzelmitglieder. 4530 von ihnen zählen zum Mittelstand,rund 200 zur Industrie. Als Kleinanlagen zählen solche mit einerLeistung bis zu 500 Kilowatt.

Im Freistaat Sachsen deckt Wasserkraft mit eingespeisten 280 000Megawattstunden rund 1,4 Prozent des Stromverbrauches und liegt nachWindenergie und Biomasse auf Platz drei. In Thüringen liegt derAnteil von Wasserkraft am Stromverbrauch sogar bei etwa vier Prozent.Mit 34 Prozent an der Stromerzeugung durch erneuerbare Energienbelegt Wasserkraft laut Bundesumweltamt nach Windenergie Platz zweiin Deutschland. Rund 3,5 Prozent des bundesweit verbrauchten Stromeslieferten im Jahr 2005 Wasserkraftanlagen.

Blick in die riesige unterirdische Maschinen-Kaverne des Pumpspeicher-Kraftwerks im thüringischen Goldisthal. (Foto: dpa)
Blick in die riesige unterirdische Maschinen-Kaverne des Pumpspeicher-Kraftwerks im thüringischen Goldisthal. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild