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Benzin und Diesel Benzin und Diesel: Tanktourismus in Grenzgebieten nimmt immer mehr zu

Von Anna Spiegel 04.10.2004, 13:52
Viele PKW aus Deutschland stehen am Freitag (01.10.2004) vor der Aral-Tankstelle im polnischen Slubice. (Foto: dpa)
Viele PKW aus Deutschland stehen am Freitag (01.10.2004) vor der Aral-Tankstelle im polnischen Slubice. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Oder/dpa. - Dort ist der Kraftstoff 30 bis40 Cent pro Liter billiger. Ähnlich ist es in Tschechien.

«Umsatzrückgänge gab es schon immer», erklärt Martin Bias, Pächtereiner Esso-Tankstelle in Frankfurt (Oder). Doch seit Mai verkaufe errund 10 000 Liter Benzin im Monat weniger - ein Umsatzeinbruch von 30Prozent. Ein Teil seiner Kundschaft tanke nur für fünf bis zehn Euro,um damit gerade noch über die Grenze nach Polen zu kommen.

Einen Grund für die jähe Verschlechterung der Situation siehtReinke Aukamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandesmittelständischer Mineralölunternehmen, in der seit Mai weggefallenenBegrenzung der Spriteinfuhr für Lastwagen. «Vorher durften lediglich200 Liter Kraftstoff über die EU-Außengrenze nach Deutschlandeingeführt werden. Diese Beschränkung gibt es nun nicht mehr.»

In der Folge fahren laut Aukamp jetzt Laster teilweise mit bis zu1500 Litern im Tank nach Deutschland. Einige Speditionen hätten sogarihre Routen geändert und einen Abstecher zum Auftanken im Nachbarlandeingeplant. Die Kostenersparnis rechtfertige für vieleFuhrunternehmen einen solchen Umweg.

Diese Entwicklung bestätigt Pawel Kochinke, Pächter einer Shell-Tankstelle in Slubice, Frankfurts polnischer Nachbarstadt: «Lasteraus Deutschland kommen extra hierher, um voll zu tanken, und fahrendanach zurück in den Westen.» Das komme seit dem EU-Beitritt häufigvor. Aber auch Pkw-Fahrer scheuten den Umweg nicht. «Seit Mai habenwir spürbar mehr Kunden aus Deutschland, auch aus entfernterenRegionen». Die Fahrer füllten auch Kanister, damit sich der weiteAnfahrtsweg lohne. Das Bild gleicht sich an den zahlreichenTankstellen in Slubice: An den Zapfsäulen bilden deutsche Autos anWochenenden Warteschlangen.

Marco Föhr, Berliner Landesvorsitzender des Zentralverbands desTankstellen- und Garagengewerbes (ZTG), klagt: «Alle Stationen inGrenznähe haben Umsatzrückgänge zu beklagen, in Einzelfällen bis 60Prozent.» Auch in den Shops gingen weniger Waren über die Theke. DerVerkauf von Zigaretten sei teilweise um die Hälfte gesunken. Föhrgeht davon aus, dass in Brandenburg 500 Arbeitsplätze durch denTanktourismus akut gefährdet sind. Auch Ausbildungsplätze seienbetroffen.

Als Lösung für das Problem in Deutschlands Grenzregionen fordernMineralöl- und Tankstellenverbände ein Modell, wie es schon inItalien an der Grenze zu Österreich angewandt wird: Bewohner dergrenznahen Regionen bekommen eine Chipkarte, mit der sie aneinheimischen Tankstellen den Sprit verbilligt bekommen. So würdennicht nur die Tankstellenpächter und deren Angestellte davonprofitieren, sondern auch der deutsche Fiskus, dem nicht die gesamtenSteuereinnahmen entgingen.