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Zu Besuch in einem verschwundenen Dorf

Von Alexander Boos 26.05.2006, 15:58

Jeber-Bergfrieden/MZ. - Die Naturpark-Mitarbeiterinnen Karin Rettig und Marina Olleck übernahmen die Führung.

"In Deutschland gibt es mittlerweile 25 Naturparke, wobei sechs davon in Sachsen-Anhalt anzutreffen sind", erklärte Karin Rettig. Dann setzte sich die Kolonne in Trab. Jeber, der ältere der beiden Ortsteile, wurde durchquert und man nahm Kurs Richtung Golmenglin bei Grimme.

Während der Wanderung sollten die Teilnehmer auch erfahren, dass der Name "Fläming" aus der Zeit des brandenburgischen Markgrafen Albrecht der Bär stammt, der im 11. Jahrhundert regierte. Jener wollte das hiesige Gebiet besiedeln und ließ viele Flamen und Niederländer in sein Territorium einwandern. Insbesondere deren Fähigkeiten im Deichbau half den Leuten, die Flüsse in den Griff zu bekommen.

Stolze Eichen und Hügel von Waldameisen mit ihrem emsigen Treiben säumten den Weg. Schließlich kam der Tross in Golmenglin an. Am Ortseingang der nur zwölf Einwohner zählenden Ortschaft weist ein aus Holz geschnitzter Bär auf die einstige Herrschaft des Markgrafen hin. Vom Wohnflecken Golmenglin, der mitten im Wald liegt und etwa 1 000 Jahre alt ist, sind viele historische Begebenheiten überliefert. Auf dem alten Friedhof im Dorf wurde 1961 zum letzten Mal jemand bestattet. Zu DDR-Zeiten gehörte die Ortschaft zum Sperrgebiet, wenn der ehemalige Staats- und Parteichef Erich Honecker hier in der Gegend zur Staatsjagd blies.

"Golmenglin galt früher als geheimnisvoller Ort. Er wurde von den Kurfürsten als Waldarbeitersiedlung genutzt und befand sich bis 1990 stets in herzoglichem bzw. in staatlichem Besitz", erläuterte Marina Olleck.

Bei Golmenglin befindet sich die Kalibrierstrecke Sachsen-Anhalts. Diese Strecke hat das Landesamt für Vermessung und Geoinformation eingerichtet, um die Geräte der Staatlichen Landvermesser zu überprüfen und einzustellen. Aus dem Ort heraus führt ein Märchenweg, den zauberhafte Holzfiguren zieren.

Nachdem die Wanderer das winzige Fleckchen verlassen hatten, ging es weiter Richtung Schleesen. Das wüste Dorf befindet sich kurz vor der Grenze zum Land Brandenburg, ein gutes Stück von Golmenglin entfernt. "Wir sind darin geübt, denn wir wandern gern. Zwar mehr im Hochgebirge, aber man soll ja auch das Flachland kennen lernen", meinte ein Dessauer Ehepaar zu der hügeligen Strecke, die noch vor der Gruppe lag.

Endlich war man am Ziel. Die Wanderer erblickten zwischen den Bäumen die Relikte des Dorfes Schleesen: einen restaurierten alten Brunnen sowie Mauerreste der Dorfkirche. 1307 wurde die Ortschaft urkundlich erstmals erwähnt, während die letztmalige Dokumentation vom Jahre 1382 datiert. "Somit bestand der Ort nicht sehr lange. Über die Gründe seines Niedergangs gibt es viele Theorien. Wahrscheinlich ist Schleesen den Raubritterzügen zum Opfer gefallen", verriet Karin Rettig über die Geschichte, bevor die Wandergruppe zum Rückmarsch aufbrach.