Wegen Geflügelpest landesweite Stallpflicht im Norden

Kiel - Hühner, Puten, Enten und Gänse aus Nutztierhaltungen dürfen in Schleswig-Holstein wegen der Geflügelpest bis auf weiteres nicht mehr ins Freie. Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) verkündete am Dienstag eine landesweite Stallpflicht, die erste in einem Bundesland in diesem Herbst. Dies sei angesichts der Dynamik des Geschehens erforderlich. Es gehe darum, ein Übergreifen auf Geflügelbetriebe so weit wie möglich zu verhindern. Spätestens zum Ende der Woche solle die Stallpflicht landesweit umgesetzt werden, sagte Albrecht.
Der Norden ist bislang die am stärksten betroffene Region in Deutschland. Das hängt mit dem Vogelzug zusammen. Die Geflügelpest erfasste mittlerweile die Kreise Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg, Rendsburg-Eckernförde, Segeberg, Schleswig-Flensburg und Plön sowie die Stadt Neumünster. Dabei sind außer Gänse und Enten, darunter erstmals eine Stockente, auch Möwen und Greifvögel wie ein Mäusebussard und Wanderfalke betroffen. Der Landesbetrieb für Küstenschutz zählte seit Beginn des Geschehens bereits mehr als 3000 verendete Wildvögel.
Im Kreis Segeberg war die Tierseuche am Wochenende in einer kleinen Geflügelhaltung in Heidmühlen ausgebrochen. Es war der erste Fall in einer Haltung auf dem schleswig-holsteinischen Festland. Zuvor war eine Wildente in dem Gehege gelandet und gestorben. Mit diesem Fall hatte das Friedrich-Loeffler-Institut, das nationale Referenzlabor, landesweit bislang 76 Geflügelpest-Fälle bestätigt, die allermeisten bei Wildvögel-Kadavern. Mittlerweile sei die Zahl auf 115 gestiegen, sagte Albrecht.
„Wir haben bei der Geflügelpest eine sehr dynamische Lage im Land.” Das Virus breite sich zügig aus. „Der Schwerpunkt befindet sich zwar weiterhin an der Nordseeküste, aktuelle Befunde zeigen jedoch, dass mittlerweile auch die Ostseeküste und das Binnenland betroffen sind”, sagte der Minister. In den Kreisen Nordfriesland, Dithmarschen und Segeberg ist die kreisweite Aufstallung bereits verfügt worden.
Besonders für kleine Betriebe, Hobbyhalter und Ökobetriebe sei es eine Herausforderung, die Tiere aus der Freilandhaltung herauszunehmen, sagte Albrecht. Dem Ministerium zufolge dürfen zum Beispiel Eier noch 16 Wochen lang als Freilandeier verkauft werden. Dem Ministerium zufolge gibt es im Land rund 16 000 Geflügelhalter, darunter sehr viele Kleinbetriebe und Hobbyhalter. Alle gemeldeten Haltungen seien vom Seuchenfonds abgedeckt.
Flächendeckende Aufstallungen könnten das Risiko einer Übertragung auf Haus- und Nutztierbestände deutlich einschränken, sagte Albrecht. Im Falle eines Ausbruchs in einem Bestand müsste diese komplett gekeult werden.
Ende Oktober hatte es im Norden den ersten Nachweis der Geflügelpest in diesem Herbst gegeben. Am 5. November war die erste Nutztierhaltung betroffen - ein Hühnerhof auf der Hallig Oland.
Das Landwirtschaftsministerium rief die Halter auf, ihr Geflügel bestmöglich zu schützen. So dürften die Tiere nur an für Wildvögel unzugänglichen Stellen gefüttert werden. Zudem dürfe kein Oberflächenwasser für das Tränken genutzt werden, zu dem Wildvögel Zugang haben. An die Bürger appellierte das Ministerium, tote Vögel dem Veterinäramt zu melden und sie keinesfalls zu berühren oder wegzubringen. (dpa/lno)