Traditionelles Handwerk Traditionelles Handwerk: Widmung auf Fleischeraxt
Silberhöhe/MZ. - Unscheinbar gibt sich das kleine Geschäft in der Ladenstraße Gustav-Staude-Straße auf der Silberhöhe. Einige Schmuckstücke und Uhren liegen in der Auslage. Doch ein Schild im Schaufenster verweist darauf, dass sich hinter der Fassade des Plattenbaus eine Werkstatt alter Handwerkstradition befindet. An der Werkbank am Fenster sitzt Johann Körner. Auf eine runde Unterlage aus Leder hat er einen Pokal gelegt, in den er eine Inschrift graviert.
"Gute Augen und eine geschickte und gefühlvolle Hand, das ist das Wichtigste für die Tätigkeit eines Graveurs", erläutert der 69-Jährige. Er ist der Seniorchef der Werkstatt. Ab 1945 erlernte Johann Körner den Beruf des Flachstich-Graveurs, eine von sieben verschiedenen Spezialisierungen, der sich ein Graveur zuwenden kann.
"Mein Meister hatte damals acht Lehrlinge. Ich war von denen der einzige, der dann auch in den Beruf gegangen ist", meint Körner. Mit einer unglaublich ruhigen Hand sticht er seitdem mit seinen spitzen Werkzeugen. Muster, Motive und Schrift in Trau- und Siegelringe, in Zinn und Besteck. Als es zu DDR-Zeiten schlecht Trauringe gab, schon ganz und gar keine mit Mustern, hatte er sich eine ganze Palette von verschiedenen Motiven zur Verzierung solcher Ringe ausgedacht, von einfachen Linien und einem Rautenmuster bis hin zu Blumenmotiven.
"Solange Kopf, Hand und Augen mitmachen, werde ich nicht aufhören", sagt Körner. Vor einigen Jahren jedoch hat seine Schwester, die heute 53-jährige Maria Kammler, die Werkstatt übernommen. Die ausgebildete technische Zeichnerin, die 30 Jahre lang technische Zeichner ausgebildet hat, wurde nach der Wende arbeitslos. Sie arbeitete in der Werkstatt ihres Bruders mit und widmete sich einer anderen Spezialisierung der Berufsgruppe der Graveure - der Maschinengravur.
1997 hat sie nach einer zweijährigen Ausbildung in Thüringen die Meisterprüfung gemacht. Mit dem Beruf eines Graveurs war sie von Kindheit an vertraut. "Ich habe von klein auf meinem Bruder oft über die Schulter geschaut", erinnert sich Maria Kammler. In der Werkstatt steht eine alte Maschine, die schon etliche Jahre auf dem Buckel hat. Dort graviert sie Inschriften auf alle möglichen Gegenstände und Materialien, je nachdem, was die Kunden wünschen. Dazu gehören auch Computer-Tastaturen für Sehbehinderte.
Von einer Firma bekommt sie Blanko-Tastaturen zugeschickt, auf die sie die Buchstaben und Zeichen dann eingraviert, damit die sehgeschädigten Benutzer die Tasten erfühlen können. Das Berufsbild des Graveurs habe sich völlig geändert, so Maria Kammler. Meist ist der Computer für den Graveur ein unerlässliches Werkzeug. Doch für ihre kleine Werkstatt rentiere sich die neue Technik nicht. So bliebe alles bei den Arbeitsabläufen in alter Handwerksmanier. Manchmal habe sie auch außergewöhnliche Aufträge.
So erinnert sich Maria Kammler an eine Fleischeraxt, die mit einer Widmung für einen angehenden Fleischergesellen versehen werden sollte. "Das war ein sehr schweres Stück Arbeit, weil es fast unmöglich ist, in gehärteten Stahl etwas zu gravieren", erinnert sie sich. Ein anderes Mal hatte sie einen Spazierstock zu verzieren, der mit einem Kompass versehen war. "Damit du immer weißt, wo dein Zuhause ist", sollte die Inschrift lauten.