1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Tennis: Tennis: Rainer Schüttler hat für 2004 große Pläne

Tennis Tennis: Rainer Schüttler hat für 2004 große Pläne

Von Andreas Bellinger 19.12.2003, 16:04

St. Anton/Arlberg/dpa. - Aber das ist nicht wirklich wichtig an diesem gemütlichen Abend im «Pfefferkuchenhaus», das einst der Ruhesitz eines reichen deutschen Kaufmanns war und jetzt das Ski- Museum der Gemeinde St. Anton am Arlberg beherbergt.

   Gipfelstürmer Schüttler ist zum Tennis spielen in die Tiroler Berge gekommen. Aber am Ende einer ebenso aufregenden wie «sensationell erfolgreichen» Saison erlaubt sich der Musterprofi mit dem roten Dress auch Ausflüge auf die Piste. «Ich bin kein besonders guter Skifahrer», erzählt der beste deutsche Tennisspieler. «Aber wenn ich mal aufhöre mit meinem Sport, dann würde ich gerne Heli- Skiing machen.» Träumen wird man ja noch dürfen.

   Wie schnell Träume wahr werden können, hat der 27-Jährige in diesem Jahr mehr als einmal erfahren. Zwei Turniersiege, sein erstes Grand-Slam-Finale und gleich beim Debüt das WM-Halbfinale erreicht. Doch «Stillstand ist Rückschritt», wie sein Trainer/Manager und Freund Dirk Hordorff einwirft, und deshalb hat Schüttler längst neue Ziele. «Ich kann noch mehr schaffen. Vor allem auch bei den deutschen Turnieren. Und im Daviscup wollen wir den Abstieg korrigieren.» Im Finale zu stehen, ist ihm nicht genug: Er will alles gewinnen und bedeutende Titel holen - am liebsten den in Wimbledon.

   «Das wäre ein Traum», den er schon lange träumt. «Und eine Medaille bei Olympia gewinnen», auch davon träumt Rainer Schüttler. In Athen will er im Einzel wie damals in Sydney 2000 antreten - und im Doppel. Sein Freund Thomas Haas wäre erster Kandidat für einen gemeinsamen Auftritt. Aber ob der nach Monate langer Verletzung wieder fit wird? «Ich wünsche es ihm von ganzem Herzen», sagt sein Nachfolger als deutsche Tennis Nummer eins.

   Als Weltranglisten-Sechster ist der Korbacher im Tennis-Zirkus ein gefragter Mann geworden. «Ich will mich da oben fest beißen», sagt der Aufsteiger des Jahres, der diesem Ziel alles unterordnet. «Privatleben», fragt er, «was ist das?» Eine Frau an seiner Seite gibt es seit gut zwei Jahren nicht mehr. «Tennis ist mein Leben. Das macht mich glücklich.»

   Im positiven Sinne ist er sogar süchtig danach. «Es gibt nichts Schöneres, als vor vielen Leuten zu spielen - ein sensationelles Gefühl.» Aber auch das bisweilen knüppelharte Training hat seinen Reiz. «Wenn ich ein paar Tage nicht geschwitzt habe, werde ich nervös und hektisch.» Trotzdem hat er seinen Schläger nach dem Masters Cup zehn Tage nicht angeguckt. «Das hatte ich vorher noch nie geschafft.» Stattdessen hat er sich mit seinen Freunden am Strand von Florida «totgelacht, über all das, was schief gegangen ist in diesem Jahr».

   Der aus der Hand gerutschte Schläger im WM-Halbfinale gegen Andre Agassi zum Beispiel. Schwamm drüber. «Die Vorbereitung auf die neue Saison hat schon begonnen.» Sie startet in Doha am 5. Januar und hat nach dem Turnier in Sydney den ersten Höhepunkt bei den Australian Open (19. Januar bis 01. Februar). «Dann bin ich der Gejagte.» Es ist vieles anders geworden im Leben des Sportstars Rainer Schüttler.

   Er selbst aber glücklicherweise nicht. «Ich will mich nicht in den Mittelpunkt drängen, will freundlich und zurückhaltend sein und in meinem Sport zielstrebig und diszipliniert», sagt er. Auch wenn diese auf den Wahl-Schweizer zutreffenden Charakteristika heutzutage nicht zu großer Populartität führen mögen, beteuert Schüttler: «Ich werde mich nicht verbiegen und immer sagen, was mir nicht passt.»

   Zu Weihnachten zieht es ihn wie Millionen seiner Altersgenossen heim zu den Eltern. Dort läuft das normale Programm mit Festschmaus und Mitternachtsmette in Korbach, wo er einst als Ministrant diente. «Wenn ich es rechtzeitig schaffe, werde ich mit meiner Schwester wieder den Baum schmücken und mich richtig wohl fühlen», erzählt Schüttler und nimmt am Ende des gemütlichen Abends am Kamin einen letzten Schluck vom roten Wein.