1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Strajk - Die Heldin von Danzig

Strajk - Die Heldin von Danzig

25.09.2008, 22:15

Hamburg/dpa. - Anna Walentynowicz gehörte 1980 zu den vielen Streikenden auf der Lenin-Werft in Danzig. Die zierliche Kranführerin wurde zur Symbolfigur der polnischen Arbeiterbewegung.

Sie wagte es, sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen und wurde deswegen fünf Monate vor ihrer Pensionierung entlassen. In Folge der Proteste entstand die unabhängige Gewerkschaft «Solidarität», die zehn Jahre später die Demokratisierung Polens und damit das Ende des Kommunismus einleitete.

Der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff, der 1979 sein Oscar-prämiertes Drama «Die Blechtrommel» auch schon in Danzig drehte, hat das Schicksal von Anna Walentynowicz verfilmt. «Strajk - Die Heldin von Danzig» heißt der Streifen, der 2007 in die Kinos kam und von Arte an diesem Freitag um 21 Uhr ausgestrahlt wird. Anschließend um 22.45 Uhr zeigt der deutsch-französische Kultursender die Dokumentation «Wer ist Anna Walentynowicz?» von der Autorin Sylke René Meyer.

In Schlöndorffs «Strajk - Die Heldin von Danzig» ist Katharina Thalbach als Stahlarbeiterin Agnieszka jene Anna Walentynowicz aus der Lenin-Werft. Dass ausgerechnet ein Deutscher sich dieses Schlüssel-Kapitels der jüngsten polnischen Geschichte annimmt, erregte Widerspruch in Polen. «Ich wollte das Leben dieser mutigen Frau nacherzählen», sagt Schlöndorff. Doch Walentynowicz distanzierte sich von Schlöndorffs Projekt und verbot, ihren Namen und ihre Biografie zu verwenden.

Auf der anderen Seite bekam Schlöndorff auch Unterstützung aus Polen. Der Film über die Kranführerin Anna Walentynowicz sei in einer Zeit in Polen angelaufen, in der der Mythos der Gewerkschaft Solidarnosc tiefe Risse bekommen habe, sagte der Publizist Adam Krzeminski. So wie «Das Leben der Anderen» und weitere Filme über die jüngere Geschichte müsse auch Schlöndorffs Werk mit Angriffen kämpfen, die Realität sei nicht richtig dargestellt.

In Schlöndorffs Film plagt sich die allein erziehende Agnieszka mit ihrem Sohn Krystian durch den Alltag im real existierenden Sozialismus, legt sich mit Partei- und Gewerkschaftsbonzen an und findet im grauen Einerlei noch Zeit für die Liebe zum Trompeter Kazimierz (Dominique Horwitz), der allerdings bald stirbt. Trotz ihrer Aufsässigkeit gilt Agnieszka bei der Spitze von Partei und Gewerkschaft als Vorbild. Sie legt sich für den Betrieb krumm, schiebt Überstunden und prangert den Schlendrian an. Als ein Brand viele Todesopfer auf der Werft fordert, kippt die Stimmung. Es kommt zum Aufstand.

Das Drama von Danzig - es ist ein attraktiver Kinostoff. Bereits Polens Regiealtmeister Andrej Wajda hatte dem «Solidarnosc»- Mitbegründer Lech Walesa ein filmisches Monument gesetzt. Mit dem «Mann aus Eisen» von 1981 drehte Wajda nur ein Jahr nach den Danziger Protesten einen hochexplosiven Film und ein historisches Dokument zugleich. Wajdas Chronik der laufenden Ereignisse schöpft seine Kraft aus dem unmittelbaren Erlebnis der Rebellion. Schlöndorffs Film blickt auf den Aufstand der Arbeiter dagegen wie durch ein zeithistorisches Fernglas.

Der Streit zwischen der prinzipientreuen Agnieszka und dem Taktiker Walesa, der die spätere Spaltung der polnischen Opposition vorwegnimmt, bleibt dagegen Nebensache: «Du bist eine Träumerin und ich mache Politik», sagt im Film der Elektriker Lech (Andrzej Chyra) - Lech Walesa geht als Streikführer, Solidarnosc-Gründer und späterer Staatspräsident in die Geschichtsbücher ein - Anna Walentynowicz ist im Ausland dagegen fast unbekannt.