Spruch revidiert Spruch revidiert: Gabriele Jank muss nicht hinter Gitter
Dessau/MZ. - Der Geschäftsführerin Gabriele Jank wurde vorgeworfen, zum Schluss nur noch das Geld hin- und hergeschoben zu haben, um Löcher zu stopfen. Was aber nicht mehr möglich war. 1998 kam es zum ersten Prozess vor dem Wittenberger Amtsgericht. Am Dienstag war die Berufungsverhandlung in Dessau.
"Was lachen sie? Wir machen hier keine Komödie", warnte Richter Stroot gestern in Richtung des vierköpfigen Publikums im Saal 28 des Landgerichtes. Die vier Beobachter des Verfahrens aus Morxdorf und Mark Zwuschen grinsten genau in dem Augenblick, als der Richter sich geneigt zeigte, die Höhe des mit der Berufung angegriffenen Amtsgerichtsurteils tatsächlich als unangemessen zu befinden. Und dass im Fall einer Abänderung, aus zu diesem Zeitpunkt vorläufiger Sicht, nur eine Bewährungsstrafe herauskommen würde.
Die Beobachter im Publikum hatten es nicht anders erwartet. Und so kam es letztlich auch: Die frühere Chefin des Integrationsdorfvereines und Geschäfsführerin der Integra-GmbH muss nicht für drei Jahre und drei Monate hinter Gitter ziehen, wie der damalige Wittenberger Amtsrichter Thomas Tilch im März 1998 urteilte. Die 3. Strafkammer des Landgerichtes änderte dieses Urteil ab. Ein Jahr und zehn Monate, so lautet nun die Gesamtstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit ist auf zwei Jahre festgelegt worden. Und da mit diesem Spruch das Ziel der Berufung erreicht wurde, nämlich Änderung der vorigen Urteils, sind der Angeklagten zwei Drittel der Verfahrenskosten zu Lasten der Staatskasse abgenommen. Das Urtei ist sowohl von der Angeklagten als auch der Staatsanwältin anerkannt. Auf rund 77 000 Mark rechnete Richter Stroot den Schaden zusammen, für den Gabriele Jank in dem Verfahren geradezustehen hatte. Außer Konkursverschleppung war dies Betrug in zwei und Subventionsbetrug in fünf weiteren Vorwürfen, teils im besonders schweren Fall.
Eine Grundsatzentscheidung hatten die Prozessvertreter dann zu treffen: Entweder ausschließlich über den "Rechtsfolgenausspruch", also das Urteil aus der ersten Instanz, zu verhandeln oder das gesamte Verfahren vorn vorn aufzurollen. Dann müsse die Angeklagte jedoch damit rechnen, dass die in der Urteilsbegründung des Amtsrichters ausgeführten Schlussfolgerungen bestätigt würden, so der Richter. Der Wittenberger Amtsrichter hatte 1998 in seiner Begründung ausführlich die Verstrickungen von Integrationsdorfverein und Integra-GmbH beschrieben. Einschließlich der in der Verhandlung zur Sprache gekommenen Selbstherrlichkeit der Geschäftsführerin, die darin gipfelte, dass Kritik der Mitarbeiter an ihrem Leitungs- und Lebensstil mit Folgen bedroht wurden.
Die andere Seite des gestern erwogenen Kompromisses: Wird nur über das Urteil gesprochen, muss die Angeklagte den Wortlaut der ersten Urteilsbegründung voll akzeptieren. Beide Prozessparteien, sowohl Gabriele Jank mit ihrem Rechtsbeistand Stefan Heinemann aus Dresden wie auch Staatsanwältin Heidrun Voß, einigten sich auf die zweite Variante. Damit behielten sämtliche Vorwürfe ihre strafrechtliche Relevanz, nur die Bewertung stand in Frage. Bei der Urteilsfindung stellte die Strafkammer in Rechnung, dass die Taten sehr lange zurückliegen und auch seit der ersten Urteilsverkündung bereits drei Jahre vergangen sind. Außerdem seien sie in "engem räumlichen, zeitlichen und situativen Zusammenhang begangen worden", wie Richter Stroot begründete.
Im Verfahren vom Dienstag hatte Gabriele Jank über ihren Anwalt erklären lassen, dass sie die Reisen für die sie sich hohe Vorschüsse auszahlen ließ, oft im Auftrage der Landesregierungen Sachsen-Anhalts und Brandenburgs unternommen habe. Und auch den Jaguar-Pkw hätte sie nicht gewollt und nicht gebraucht, sondern der sei ihr vom Händler ihrer damaligen anderen Betriebsfahrzeuge quasi untergeschoben worden.